Freie Ärzteschaft behauptet in „Offenem Brief“: Krankenkassen schikanieren Versicherte wegen elektronischer Gesundheitskarte ohne Foto
Kassenpatienten brauchen neue elektronische Versichertenkarte mit Foto, diese Meldung stand spätestens am 1. Januar 2015 in allen deutschen Medien, so auch in der Epoch Times:
Mit dem Jahreswechsel wird in Deutschland die neue elektronische Gesundheitskarte für Kassenpatienten Pflicht. Die alte Versichertenkarte hat zum 1. Januar ausgedient.
Wer die neue elektronische Karte (eGk) noch nicht hat, wird aber trotzdem vom Arzt behandelt. Allerdings muss der Versicherte binnen zehn Tagen einen gültigen Versicherungsnachweis nachreichen. Sonst kann der Arzt die Leistung privat in Rechnung stellen. Spätestens Ende September wird die Abrechnung über die alte Versichertenkarte nicht mehr möglich sein. (dpa)
Die neue Regelung blieb nicht unbestritten und unangefochten, der jahrelange Streit um die Datensicherheit hält an. Was sich in manchen Praxen deshalb abspielt, schildert die "Freie Ärzteschaft" in einem "Offenen Brief". Wir konnten die behaupteten Fakten nicht überprüfen, die Verantwortung für den Inhalt des offenen Briefes bleibt bei den Unterzeichnern.
Offener Brief der "Freien Ärzteschaft"
Sehr geehrter Herr Minister Gröhe,
seit dem 1. Januar 2015 soll nur noch die elektronische Gesundheitskarte mit Foto als Versicherungsnachweis gelten, so wird es jedenfalls vielfach propagiert.
Was gesetzlich Versicherte seit Anfang des Jahres in Arztpraxen und besonders bei ihren Krankenkassen erleben müssen, kann einen schon ziemlich betroffen, ja sogar traurig machen. Versicherte, die ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung durchsetzen wollen und sich gegen die Speicherung ihrer sensiblen Gesundheitsdaten wehren möchten, indem sie die neue „Elektronische Gesundheitskarte“ (eGK) ablehnen und kein Foto dafür einsenden, werden jetzt von ihren Krankenkassen massiv unter Druck gesetzt, ja zum Teil würdelos und menschenverachtend behandelt.
Hier einige Beispiele, was sich zuträgt:
Schriftliche Anforderungen nach einer Ersatzbescheinigung wegen eines bevorstehenden Arzttermins wurden mehrfach von mehreren Kassen gar nicht erst beantwortet. Auf telefonische Nachfrage hin, wurde mitgeteilt, dass solche Briefe grundsätzlich nicht mehr beantwortet werden. Das sei eine Anordnung „von ganz oben“. Außerdem wird der Druck auf gesetzlich Versicherte durch Aussagen wie: „In Kürze wird es gar keine Ersatzbescheinigungen mehr geben, dann müssen Versicherte ohne eGK Arztrechnungen generell privat bezahlen“, massiv erhöht.
Wird man bei der Kasse persönlich vorstellig, wird häufig als Erstes gefragt, ob man ein Foto dabei hat, weil man sonst keine Ersatzbescheinigung ausstellen könne. Allenfalls wenn man den Namen des Arztes angibt, wären sie bereit, dort eine Bescheinigung hinzufaxen. Für mich stellt sich die Frage, ob dies rechtens ist. In den meisten Fällen, obwohl es noch sehr rühmliche Ausnahmen gibt, wo Kassen eine Bescheinigung für ein ganzes Quartal ausstellen, erhalten Versicherte jeweils nur eine sogenannte Einzelfallbestätigung, die für einen einzigen Tag gültig ist. Das ist meiner Meinung nach reine Schikane und dient der Disziplinierung von Versicherten, um sie mit diesen Mitteln dazu zu bringen, ihren Widerstand aufzugeben.
Dabei gibt es schon seit Jahren dieses Ersatzverfahren, das auch problemlos durch eine Arztpraxis selbst in Gang gesetzt werden kann, indem bei der jeweiligen Kasse angerufen wird und diese per Fax eine Versicherungsbestätigung erhält. Dieses Ersatzverfahren wird auch künftig zum Einsatz kommen, wenn z. B. jemand seine Karte verloren hat oder diese defekt ist und nicht eingelesen werden kann.
Eine Frau, die mit einer Einzelfallbestätigung zu ihrem Arzt ging und von ihm in ein Krankenhaus eingewiesen wurde, teilte dies ihrer Kasse mit. Als Antwort erhielt sie, dass sie für jeden Tag, in dem sie im Krankenhaus liege, bei der Kasse anrufen solle und die Kasse würde dann jeweils für den betreffenden Tag eine Versicherungsbestätigung an das Krankenhaus schicken. Die Kasse hatte dann wohl doch noch ein Einsehen und löste das Problem zu Gunsten der Betroffenen. Welch eine furchtbare Art und Weise ist dies, Menschen, besonders noch akut Kranke, die regelmäßig ihre Beiträge für ihre Krankenversicherung bezahlen (müssen), so zu behandeln.
Mir wurde von meiner Kasse eine Ersatzbescheinigung vehement verweigert, weil ich nicht bereit sei, ein Foto einzusenden. Sie verlangten von mir, dass ich von der Praxis des Arztes anrufen lassen sollte, da würde dann eine Ersatzbescheinigung zugefaxt. Ich lehnte dies ab, weil mir mehrfach erzählt wurde, dass Krankenkassen in den Praxen das Personal dazu aufgefordert haben sollen, diesen Patienten auszurichten, dass eine Behandlung ohne eGK nicht möglich wäre. Nach mehrfachem Hin und Her erhielt ich dann doch eine Bescheinigung für einen Tag.
In zahllosen Arztpraxen spielen sich ebensolche Szenen ab.
Das Praxispersonal meines Arztes wollte meine Ersatzbescheinigung gar nicht annehmen. Ich müsse auf jeden Fall in diesem Quartal die neue Karte einlesen lassen. Man könne sonst nicht abrechnen. Auf der Bescheinigung stand explizit, dass die Praxis meine Behandlung für diesen Tag mit der Bescheinigung abrechnen kann.
Ich habe mitbekommen, wie ein älterer Herr, der wohl schon eine Stunde vor Praxisbeginn auf dem Flur gewartet hatte um sich anzumelden, wieder nach Hause geschickt wurde, weil er nur eine alte Krankenversichertenkarte dabei hatte. Ein älterer Herr wollte sich ein Rezept über Medikamente holen, die er nach seiner eigenen Angabe dringend benötigte. Er hatte ebenfalls noch seine alte Versichertenkarte und ihm wurde gesagt, dass er kein Rezept bekommen könne. In beiden Fällen wurde die neue Karte gefordert, ohne die könne man weder zum Arzt rein noch ein Rezept erhalten.
Herr Gröhe, tragen Sie die Folgen für zu spät oder gar nicht behandelte Patientinnen und Patienten?
So etwas kann man doch nicht mit ansehen. Das sind Menschen, die vermutlich wegen ihres Alters gar nicht mitbekommen haben, dass sie sich eine neue Karte besorgen müssen. Jahrelang haben sie vermutlich automatisch eine neue Krankenversichertenkarte zugesandt bekommen, wenn sie abgelaufen war.
Ärzte und Praxispersonal sind leider in manchen Fällen sehr schlecht informiert, andere scheuen die zusätzlich entstehende Arbeit. Dafür habe ich großes Verständnis, aber auf der anderen Seite liegt mir die Sicherheit meiner sensiblen Krankheitsdaten sehr am Herzen.
Als Fazit ziehe ich daraus, dass Ärzte, Praxispersonal und gesetzlich Versicherte einem massiven Druck ausgesetzt werden, um dieses Mammutprojekt gegen den ausdrücklichen Willen von Ärzten und Versicherten durchzusetzen.
Es stellt sich doch die Frage, warum eine so tolle Karte mit so vielen „Vorteilen“ für Patienten, Ärzte und Kassen einen so großen Widerstand in der Bevölkerung auslöst, dass man jetzt von der Politik Zwangsmaßnahmen einsetzt.
Ein neues Gesetz, das sogenannte „E-Health-Gesetz“ soll jetzt Ärzten und Patienten „Beine machen“ Im Entwurf dieses Gesetzes von Ihnen, Herr Minister Gröhe, ist zu lesen, dass Ärzte mit Kürzungen ihrer Vergütung für vertragsärztliche Leistungen bedroht werden, wenn sie sich weigern an der Vernetzung des Gesundheitswesens teilzunehmen. Anderseits werden sie mit Cent-Beträgen belohnt, wenn sie sich „willig“ zeigen.
Versicherte, die aus vollster, innerster Überzeugung die neue Karte ablehnen, sollen künftig für jede ausgestellte Ersatzbescheinigung 5 Euro bezahlen.
Herr Gröhe, setzen Sie diesem Treiben ein Ende! Weder Ärzte noch Patienten haben einen Vorteil von diesem von uns Versicherten zu bezahlendem Milliardenprojekt. Das Geld wird woanders dringend gebraucht.
Wir wollen diese „Schnüffelkarte“ nicht!
Hochachtungsvoll/oder mit dennoch freundlichen Grüßen
Gabi T.
gesetzlich Versicherte Patientin, Hamburg
V.i.S.d.P: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 4690939, E-Mail: [email protected], www.freie-aerzteschaft.de
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