Kraut des Monats: Löwenzahn
Jetzt leuchten sie wieder, die goldgelben Rasensonnen. Natürlich nicht nur auf fetten Wiesen, sondern überall, wo die kleinen Samenfallschirme in irgendeinem Sommer vom Wind hingeweht wurden. Dieser ausdauernde Korbblütler kann sich überall behaupten. Wer hat noch nicht das Bild eines blühenden Löwenzahns gesehen, der in einer Ritze im Asphalt lebt? Sinnbild für das Durchsetzungsvermögen der Natur. Fragen wir ein Kind, warum die Pflanze Löwenzahn genannt wird, bekommen wir prompt die richtige Antwort. Erwachsene tun sich damit oft schwerer.
Frühjahrsgericht
Bei uns im Wasgau ist ein Salat aus „Bettsächer“ oder „Pissenlit“, wie er im benachbarten Elsass heißt, ein traditionelles Frühjahrsgericht. Sein drastischer Name verrät seine Wirkung. Er regt die Nierentätigkeit an und ist harntreibend. Und das verdankt er den Inhaltsstoffen, die ihm seinen botanischen Namen gaben. Taraxin ist ein Gemisch aus Bitterstoffen. Löwenzahn fehlt in keinem Entschlackungstee. Seine Stängel und Wurzeln enthalten Inulin, das als hilfreich bei Neigung zu Diabetes gilt. Sogar zum Abspecken soll das Kraut nützen. Gesund ist es allemal mit seinen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen wie Zink und Kupfer. Von der Wurzel über die Knospen, die Blätter, die Stiele und selbstverständlich die Blüten ist alles an dieser Pflanze gut essbar.
Einen „Rundumschlag“ kann man mit gedünstetem Löwenzahn erreichen. Dazu ernten wir die knospenden Pflanzen komplett mit einem zwei bis drei Zentimeter Wurzelstück. Die Wurzeln sind im Frühling schön saftig. Da geht das auch ohne scharfes Messer. Vor allem wenn wir mit Kindern auf die Suche gehen, ist eine Bastelschere sicherer. Der ganze Löwenzahn wird dann gründlich in lauwarmem Wasser gewaschen. Die Wurzeln gut abrubbeln. Schälen ist nicht nötig. In Salzwasser eine Viertelstunde dünsten. Auf einem Teller anrichten, mit Salz, frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer, Zitronensaft und Olivenöl marinieren. Dieses Gemüse schmeckt am besten lauwarm. Die Gesundheitsbewussten schütten die Kochbrühe nicht weg, sondern genießen sie als Aperitif. Für den traditionellen „Bettsächersalat“ werden die Blätter und, ganz wichtig, die Knospen mit der Schere in zentimetergroße Stücke geschnitten. Warum sind die Knospen im Salat unentbehrlich? Erstaunlicherweise zaubern sie auf wundersame Weise die Bitterstoffe geschmacklich in den Hintergrund. Und wenn man sie halbiert, konkurrieren sie farblich mit dem Eigelb. Angemacht wird der Salat mit gekochten Eiern, Essig, ausgelassenen Schinkenspeckwürfelchen und heißem Öl. In der vegetarischen Küche tauschen wir den Speck gegen geröstete Sonnenblumen- oder Pinienkerne.
Die Blüten sind kleine Wetterfrösche. Wenn sie morgens geschlossen bleiben, gibt es mit Sicherheit am selben Tag noch Regen. Nass werden wollen sie nämlich auf keinen Fall. Und am besten schmecken sie am Nachmittag, wenn die Sonne sie verwöhnt hat. Einfach auf der Wiese pflücken und andächtig kauen. Wem das zu gewagt ist, der kann für den Anfang vielleicht einen Sirup daraus herstellen oder die Blüten in Pfannkuchenteig ausbacken. Löwenzahn, für all unsere Sinne ein Geschenk. Und er macht uns Mut, dort zu wurzeln, wo der Wind uns hinträgt.
Elisabeth Horbach, geb. 1955, leitet seit über zehn Jahren Exkursionen zu den Themen essbare Wildpflanzen, Wildkräuter und Heilkräuter. Sie lebt im Naturpark Pfälzerwald, einer herrlichen Urlaubsregion für Naturliebhaber. Bei den Kräuterwanderungen durchs Biosphärenreservat gibt es eine Vielfalt von Pflanzen zu entdecken. www.elisabeth-horbach.de
Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 16 (16. Apr. – 22. Apr. 2008)
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