9 ärztliche Tipps: So bleibt man gesünder und wacher trotz Zeitumstellung!

Zur Zeitumstellung auf Sommerzeit interviewten wir Deutschlands prominentesten Normalzeit-Befürworter: Den Erlanger Arzt Hubertus Hilgers.
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Am kommenden Wochenende werden Sonntag Nacht die Uhren von 2 Uhr auf 3 Uhr gestellt.Foto: Jeff J Mitchell/Getty Images
Epoch Times27. März 2016

EPOCH TIMES: Am Ostersonntag stellen wir per Gesetz nun zum 36. Mal die Uhrzeiger von 2:00 Uhr auf 3:00 vor. Als engagierten Befürworter der Normalzeit möchten wir Sie fragen: Wieso ist die Uhr-Zeit-Umstellung Ende März für die Menschen schädlich?

Hubertus Hilgers: Jedes Lebewesen, so auch der Mensch, passt seinen Schlaf-Wach-Rhythmus an den täglichen Sonnenstand an. Das geschieht übrigens weitgehend unabhängig von jahreszeitlichen Schwankungen. Unsere innere biologische Uhr sagt uns, wann wir schläfrig werden und wann wieder wach. Der zugrunde liegende natürliche Mechanismus wird über verschiedene körpereigene Hormone reguliert. Eine artifizielle Veränderung des äußeren Uhrzeitrhythmus bewirkt, dass der innere Rhythmus aus dem Takt gebracht wird – und das im Fall der Uhr-Zeit-Umstellung nicht nur zwei Mal im Jahr sondern über sieben Monate hinweg jeden Tag, da die Sonne die Uhr-Zeit-Umstellung nicht mitmacht. Das ist auch der große Unterschied zu dem Jetlag nach einer Fernreise.

Für den Körper stellt diese Chronodisruption eine anhaltende Stress-Situation dar, die zahlreiche negative Reaktionen bewirken kann, wie etwa chronischen Schlafmangel bis hin zu Schlafstörungen, Ess- und Verdauungsstörungen, Bluthochdruck und Potenzminderung sowie massive Stimmungs- und Konzentrationsschwankungen. Chronobiologen, Chronomediziner und Schlafforscher sind sich einig, dass der Organismus heftig durcheinander gebracht wird.

Ich möchte noch einmal betonen: Diese negativen Effekte verschwinden leider bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht einige Tage nach der Uhrzeit-Umstellung, wie allgemein behauptet, sondern halten – je nach Individuum unterschiedlich stark ausgeprägt – während der gesamten Zeitdauer der so genannten Sommer-Zeit-Verordnung MESZ an und manifestieren sich mitunter als ernsthafte chronische Erkrankungen. Das bedeutet, dass streng genommen nicht nur die Uhr-Zeit-Umstellung selbst, sondern ganz grundsätzlich das alltägliche Leben in einer äußeren Uhrzeit, welche von der inneren biologischen Uhr abweicht, schädlich ist.

ET: Welche Empfehlungen können Sie geben, damit man das Leben nach der Uhr-Zeitumstellung auf MESZ besser verkraftet? Und haben Sie einen speziellen Rat für Menschen mit Kindern /Ältere /Berufstägige / Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen?

Hilgers: Unsere Empfehlung aus der Praxis lautet:

1. Um die Anpassung an den natürlichen Sonnenrhythmus aufrecht zu erhalten, setzen Sie sich dreimal täglich für mindestens 15 Minuten dem Tages- bzw. Sonnenlicht aus. Bevorzugt am Vormittag. Abendliches Sonnenlicht sollte dagegen gemieden werden. Zur Not abends eine Sonnenbrille aufsetzen.

2. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich zur Mittagszeit für ein kurzes Nickerchen zur Ruhe begeben.

3. Praktizieren Sie täglich eine halbstündige Progressive Muskel Entspannung nach Jacobson, um das durch den verkürzten Schlaf erhöhte Stresshormon-Niveau zu verringern.

4. Lassen Sie die Uhren in der Normalzeit und bekleben Sie die Uhren, die sich automatisch umstellen mit einem Hinweiszettel wie etwa „Achtung: Sommer-Zeit!“

5. Uhrzeit-Termine, die mündlich oder schriftlich vereinbart werden, als MESZ angeben.

6. Vermeiden Sie abendliches Fernsehen oder Arbeiten auf dem Notebook oder Smartphone, da das ausgesendete blaue Licht das Schlafhormon Melatonin unterdrückt und dadurch ein Einschlafen im natürlichen Rhythmus verhindert. Ein Blaulicht-Blocker wie etwa „f.lux“ reduziert den Blaulichtanteil der Geräte.

7. Für Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Menschen sind diese Dinge besonders wichtig, da sie sich mit Störungen der inneren Rhythmik besonders schwer tun.

8. Eltern sollten ihre Kinder am Wochenende ausschlafen lassen. Außerdem sollten sie sich für einen späteren Schulbeginn einsetzen.

9. Berufstätige sollten versuchen, ihre Arbeitszeiten bei der Normalzeit zu belassen. Wenn sie zum Beispiel Gleitzeit haben, hieße das, in der MESZ eine Stunde später zur Arbeit zu gehen.

ET: Warum reagieren Menschen je nach Veranlagung mehr oder weniger sensibel auf die Uhr-Zeit-Umstellung auf „Sommerzeit“ MESZ?

Hilgers: Die innere biologische Uhr des Menschen ist so individuell wie die Körpergröße oder das Gewicht. Es gibt verschiedene so genannte Chronotypen. Lerchenhafte Menschen, auch Frühaufsteher genannt, haben mit der so genannten “Sommer-Zeit” MESZ weniger Probleme. Aber sie sind deutlich in der Minderheit und hätten, wie alle anderen auch, gesundheitliche Vorteile, wenn die Normalzeit ganzjährig beibehalten werden würde.

Außerdem gilt: Die Umstellung der Uhr-Zeit löst im Körper Stress aus. Und, wie wir alle wissen, stecken Menschen Stress unterschiedlich gut weg. Das hängt von einer Reihe verschiedener Faktoren ab, wie zum Beispiel von der zugrunde liegenden allgemeinen Konstitution, dem Alter, dem Schlafdefizit, bestehenden Vorerkrankungen etc. Doch auch viele Menschen, die scheinbar gar keine negativen Folgen durch die Uhr-Zeit-Umstellung an sich wahrnehmen, werden in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt oder bei ihnen erhöht sich das Risiko, Jahre später an einer chronischen Krankheit zu erkranken. Diese Menschen bringen beispielsweise eine sich einstellende Immunschwäche oder einen gesteigerten Appetit einfach nicht in Zusammenhang mit dem falschen Rhythmus im Außen.

Wer wissen will, welcher Chronotyp er ist und wie stark er persönlich durch den z.B. zu frühen Dienst- oder Schulbeginn sowohl in der Normalzeit als auch nach der Uhr-Zeit-Umstellung auf Tageslicht-Nutz-Zeit MESZ durch Schlafmangel betroffen ist, kann dies herausfinden unter:

https://www.bioinfo.mpg.de/mctq/core_work_life/core/introduction.jsp?language=deu (www.euclock.org)

ET: Sie setzen sich seit Langem für die Abschaffung dieser Regelung ein – eben aus den von Ihnen genannten gesundheitlichen Gründen. Welche Chance sehen Sie, dass eine Abschaffung Realität wird?

Hilgers: Bei immer mehr Politikern ist ein Bewusstseinswandel bereits im Gange; sicherlich mitangeregt durch die 67.250 Unterschriften, die wir vor zwei Jahren in unserer erfolgreichen Gesundheits-online-Petition MOMO gesammelt haben. Zudem unterstützt der ganz aktuell veröffentlichte Bericht "Bilanz der Sommerzeit" des Büros für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestages – auch wenn er naturgemäß besonders sachlich und zurückhaltend formuliert ist – die Sicht der Normalzeitbefürworter und MESZ-Gegner. Das hat bei Politikern natürlich ein sehr starkes Gewicht, da sie die Fakten – zumindest in ihrer Tendenz – sozusagen schwarz auf weiß von unabhängiger Seite bestätigt bekommen haben.

Ich halte deshalb die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg zur „Beibehaltung der ganzjährigen Normalzeit“ groß genug, um mich mit anderen Engagierten, z.B. den Mitaktivisten des Aktionskreises „Beibehaltung der Normalzeit“ (http://www.badkissingen.iunctio.de/1-bad-kissinger-strategietreffen-abschaffung-der-sommerzeit-24-07-2015/), weiterhin dafür einzusetzen.

ET: Was kann der Normalbürger und Betroffene tun, um auf die Beibehaltung der ganzjährigen Normalzeit hinzuwirken?

Hilgers: Jeder, der an sich oder seinen Angehörigen feststellt, dass sie unter der Uhr-Zeit-Umstellung auf MESZ leiden, sollte sich sowohl an die Abgeordneten des Landtages, Bundestages und der Bundesregierung als auch an die Europaparlamentarier und die EU-Kommission wenden und eine Abschaffung dieser Regelung und Beibehaltung der Normalzeit MEZ (UTC +1) fordern.

Mailadressen finden Sie z.B. unter:

Bundestag: https://www.bundestag.de/abgeordnete

Europaabgeordnete: http://www.europarl.europa.eu/meps/de/search.html?country=DE

Des Weiteren sollte jeder, der im Schicht- beziehungsweise Frühdienst arbeitet, sich an seinen Betriebsrat oder seine Gewerkschaft wenden und darauf hinweisen, dass ihm bei Dienstbeginn um 6:00 Uhr MESZ = 5:00 Uhr Normalzeit MEZ eine Stunde Nachtzuschlag zusteht!

Wer sich darüber hinaus miteinbringen möchte, kann sich zum einen unter: http://www.zeitumstellung-abschaffen.de/ in unseren kostenlosen Informationsverteiler aufnehmen und über weitere Aktionen informieren lassen und uns zum anderen auch auf Facebook folgen: https://www.facebook.com/abschaffung.der.zeitumstellung/

Übrigens gibt es gerade in den USA eine Petition direkt an das Weiße Haus bis 27. März. Siehe: https://petitions.whitehouse.gov//petition/end-bi-annual-time-change

ET: Wir danken Ihnen für das Interview!

Hilgers: Vielen Dank auch meinerseits. Ich wünsche Ihnen und Ihren Lesern: Kommen Sie ausgeschlafen und gesund durch die anstehende “verrückte“ Zeit.

Die Fragen stellte Rosemarie Frühauf



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