Coronavirus: Ein gestärktes Immunsystem ist die beste Abwehr – Was das Immunsystem stärkt
Gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es zurzeit weder ein spezifisches Medikament noch einen Impfstoff. Ist das körpereigene Immunsystem jedoch stark genug, kommt es in der Regel zu einem milden Verlauf der Erkrankung oder im besten Fall zu gar keiner Infektion.
Eine großangelegte Studie, die alle bis Februar offiziell gemeldeten Fälle einbezog, ergab, dass bei ungefähr 81 Prozent der Erkrankten ein milder Verlauf stattfindet, während 14 Prozent der Erkrankten einen schweren Verlauf hatten und 5 Prozent einen kritischen oder tödlichen Verlauf zeigten. Einige der 81 Prozent mit mildem Verlauf hatten sogar überhaupt keine nachweisbaren Krankheitssymptome.
Zudem gibt es auch Fälle von Menschen, die sich nicht ansteckten, obwohl sie mit Infizierten engen Kontakt hatten. Vor allem bei Kindern wird dieses Phänomen vermehrt beobachtet.
Diese verschiedenen Krankheitsverläufe bringen Experten mit der unterschiedlichen Stärke des körpereigenen Immunsystems in Verbindung.
Menschliche Zellen besonders anfällig für SARS-CoV-2
Viren können sich grundsätzlich nicht ohne entsprechende Wirte vermehren. Geeignete Wirte für Viren sind menschliche oder tierische Zellen, die sie befallen und in denen sie sich tausendfach reproduzieren. Ein Problem an dem neuartigen Coronavirus ist, dass es sich sehr effektiv über den ACE2-Rezeptor an menschliche Zellen bindet. Dadurch ist die Übertragungsrate von Mensch zu Mensch sehr hoch. Ein Infizierter steckt laut derzeitigen Erkenntnissen durchschnittlich zwei bis drei Menschen an.
„Überraschenderweise bindet sich der ACE2-Rezeptor mit zehn- bis 20-fach höherer Affinität an die entsprechende Bindungsstelle des neuen Coronavirus an, als bei verwandten Erregern, wie SARS-CoV“, heißt es in einer Studie von texanischen Forschern im renommierten Fachjournal Science.
Werden zu viele Zellen des Körpers vom Virus befallen, kommt es zu einer Infektion, die je nach Ausmaß des Befalls und der Stärke des Immunsystems unterschiedlich verläuft.
Der entscheidende Moment: Die erste Abwehrreaktion des Immunsystems
Das körpereigene Immunsystem erkennt schließlich die schädlichen Erreger und startet die Abwehr.
In diesem Moment entscheidet sich, ob es überhaupt zu einer wesentlichen Erkrankung kommt oder nicht“, erklärt Internist und Infektiologe Professor Thomas Löscher, der selbst bereits Patienten mit SARS-CoV-2 in Deutschland behandelt hat.
Grundsätzlich wird das angeborene (unspezifische) und erworbene (spezifische) Immunsystem unterschieden. Bei neuen Erregern, wie im Fall von SARS-CoV-2, kommt das angeborene Immunsystem zum Einsatz. Es schickt Immunzellen, sogenannte „Fresszellen“ oder „Killerzellen“ los, um die befallenen Zellen rechtzeitig zu eliminieren. Gelingt dies, kann eine vermehrte Freisetzung von Entzündungsmediatoren verhindert werden. Dann verläuft die Infektion mild oder es zeigen sich sogar gar keine Symptome.
Wenn ein zu schwaches Immunsystem die Vermehrung der Viren im Körper nicht stoppen kann, kommt es zu einer schwerwiegenden Entzündung. Der Körper produziert dabei eine große Menge an Entzündungsmediatoren, die Lungenentzündung, Schmerzen, Fieber, Schädigungen von Nieren, Leber, des Lymph- und Nervensystems bis hin zu Organversagen auslösen können.
Wie gut die unspezifische Immunabwehr funktioniert, hängt laut Professor Löscher von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen Alter, Vorerkrankungen oder Stress. Zudem schwächt ein ungesunder Lebensstil inklusive Übergewicht, regelmäßiger Alkoholkonsum oder Rauchen das Immunsystem.
Was das Immunsystem stärkt
Während das Alter oder bestimmte Vorerkrankungen nicht beeinflusst werden können, gibt es andererseits verschiedene Möglichkeiten, das körpereigene Immunsystem zu stärken.
Gesunde Ernährung
Eine Möglichkeit ist ein gesunder Lebensstil und gesunde Ernährung. Wie genau und in welchem Ausmaß sich eine gesunde Ernährung auswirkt, ist aber noch nicht vollständig geklärt. Auf die Frage, ob Ernährung das Immunsystem beeinflusst, sagt der Immunologe Professor Stefan Meuer in einem Interview:
„Eindeutig ja, aber wir wissen noch nicht, wie. Im Darm jedes Menschen sitzen Billionen von Bakterien, die die Nahrung verwerten. Die Zusammensetzung der Bakterien – das sogenannte Mikrobiom – ist aber von Mensch zu Mensch verschieden.“
Tatsache sei jedoch, dass sich ungefähr 80 Prozent der Immunzellen im Darm befinden.
Sport
Positive Auswirkungen auf das Immunsystem zeigt laut Studien auch ein moderates Körpertraining, sowie Schwimmen, Radfahren oder Joggen. Dabei scheint es keinen Unterschied zu machen, ob dies bei Regen, Schnee oder Sonnenschein passiert.
Regelmäßige Saunabesuche oder Kaltwasserbäder unterstützen laut dem Professor für Molekulare Immunologe Archim Krüger das Immunsystem, da sie die Wärmeregulation des Körpers verbessern.
Lymphflüssigkeit, die vor allem im Rachenbereich einen wichtigen Teil des Immunsystems ausmacht, wird durch Muskelbewegungen transportiert. „Inaktivität ist deshalb schlecht für das Immunsystem. Konstante 22 Grad und Sitzen sind vollkommen atypisch und nicht der Normalzustand, für den das Immunsystem entworfen wurde“, sagt Professor Krüger.
Gelassenheit
Es gibt seit langem Studien, dass übermäßiger Stress oder psychische Belastungen schlecht für das Immunsystem sind. „Bei dauerhaftem Stress schüttet der Körper vermehrt das Stresshormon Kortisol aus, was das Immunsystem unterdrückt“, erläutert Professor Meuer.
Gelassenheit sowie ein gutes Miteinander vermindern hingegen die Produktion von Kortisol, wodurch das Immunsystem im Ernstfall ungehindert seiner Arbeit nachgehen kann. Eine Möglichkeit, wie man mehr Gelassenheit im Alltag erreichen kann, ist Meditation. Diese kann aber nicht nur in diesem Punkt, sondern auch auf zellulärer Ebene das Immunsystem unterstützen.
Meditation
Mehrere signifikante Verbesserungen des Immunsystems erzielten Meditationsübungen in verschiedenen klinischen Untersuchungen. Ein Anfang des Jahres veröffentlichter Überblick, der mehrere Studien zusammenfasste, zeigte, dass Meditation und Yoga-Übungen das Immunsystem auf zellulärer Ebene positiv beeinflussen.
Untersuchungen ergaben, dass Entzündungsmediatoren wie TNF-alpha oder COX2 bei langjährig Yoga-Übenden im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant gesenkt waren. Auffällig war, dass durch Yoga und Achtsamkeit-Meditationen nur proinflammatorische Gene und Kaskaden gehemmt wurden. Der übrige Stoffwechsel, wie Energiehaushalt, Funktion der Mitochondrien oder Insulinsekretion wurden nicht beeinflusst.
Mehrere Studien hoben die starke Auswirkung der traditionellen Meditationspraxis für Körper und Geist Falun Dafa (auch Falun Gong genannt) auf das Immunsystem hervor. So waren unter anderem die Konzentration verschiedener Zytokine, wie die Interleukine IL-2, IL-4 oder IL-5, bei Falun-Gong-Praktizierenden verändert, im Gegensatz zu der nicht-praktizierenden Kontrollgruppe. Zytokine sind körpereigene Botenstoffe, die direkt in die Immunantwort des Körpers involviert sind.
Ebenso zeigten sich bei diesen Praktizierenden eine signifikante Verlängerung der Lebensspanne von Neutrophilen Granulozyten, was laut den Studienautoren „eine schnelle Auflösung von Entzündungen im Körper begünstigt“. Neutrophile Granulozyten zählen zu den weißen Blutkörperchen und spielen eine Hauptrolle bei der angeborenen Immunabwehr.
Die angeborene Immunabwehr kommt, wie im ersten Teil des Artikels erwähnt, bei Erstkontakt mit neuartigen Erregern wie SARS-CoV-19 zum Einsatz und beeinflusst direkt den Verlauf der Erkrankung.
Übrigens hat ein starkes, funktionierendes Immunsystem nicht nur eine Schlüsselrolle bei der Abwehr viraler Erreger, sondern auch bei bakteriellen Infektionen, Pilzen sowie Allergien, die durch eine Fehlfunktion des Immunsystems ausgelöst werden.
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