Arzt warnt vor Corona-Panik: „Unser Hauptproblem ist die Angst, nicht das Virus“

Steigende Zahlen von positiv Getesteten – Politiker, die sich für verschärfte Maßnahmen aussprechen. Nach offiziellen Meldungen der Behörden spitzt sich die Lage in Deutschland zu. Ärzte und Virologen teilen diese Meinungen jedoch nicht unbedingt.
Von 24. August 2020

Immer wieder hört man, dass ein zweiter Lockdown vermieden werden müsse, andererseits gibt es Gerüchte über einen geplanten Lockdown. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder will sich bei den Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 27. August für eine einheitliche Maskenpflicht und einheitliche Bußgelder bei Verstößen einsetzen. Allerdings sind Ärzte nicht unbedingt dieser Meinung.

„Es reicht jetzt. Unser Hauptproblem ist die Angst, nicht das Virus“, sagt der Münchner Mediziner Dr. Martin Marianowicz laut „Bild“. Der 65-Jährige, der mit seinen Patienten nach dem Motto „Wir behandeln Menschen, keine Röntgenbilder“ umgeht, berichtet, dass es keine schlüssigen medizinischen Erklärungen für die getroffenen Entscheidungen gebe. Diese seien nicht wirklich evidenzbasiert und würden von Ängsten getrieben.

Er sagt:

Jeden Tag sterben in Deutschland rund 2.600 Menschen an Herzinfarkten, Krebs, Verkehrsunfällen oder Altersschwäche. Das sind im Jahr 950.000 Tote. Das RKI zählt bisher 9.200 Tote, die mit oder an Corona gestorben sind. Auf der ganzen Welt sind in diesem Jahr bis heute rund 8,2 Mio. Menschen an übertragbaren und heilbaren Krankheiten gestorben. Warum: Weil es an Zugang zu Medikamenten mangelt. Redet irgendjemand darüber?“

Aus seiner Praxis weiß der Facharzt für Orthopädie zudem, dass nicht allen Patienten die eigenen Vorerkrankungen bekannt seien. Der Mediziner kritisiert, dass es nach Aussagen der Politiker, die sich momentan in Sachen Verbote und Einschränkungen überbieten, keinen Hoffnungsschimmer gebe – „nur Panikmache“.

Streeck fordert freie Entscheidung

Hoffnung erwarteten auch die Besucher des Doms zu Münster. Einer der Redner der Gesprächsreihe „Fünf Abende der Hoffnung“ war am 19. August der Bonner Virologe, Professor Hendrik Streeck. Angst sei der völlig falsche Ratgeber, erklärte er. „Vor allem, wenn sie politisiert wird, wenn es ein Rennen der Bundesländer gibt. Nein, wir alle brauchen Routine im Umgang mit der Pandemie.“

Derzeit verfüge man über viel mehr Erkenntnisse zu den Übertragungswegen und über wirksame Bekämpfungsmaßnahmen, die einen zweiten, flächendeckenden Lockdown nicht mehr nötig machen würden. Insoweit brauche man „eine Eingreiftruppe für regionale Lösungsansätze“.

Die Wissenschaftler seien laut Streeck fast einhelliger Meinung, dass das Virus nicht verschwinden werde. Mit Blick auf seine Studie im Kreis Heinsberg führt er die dort ermittelte Sterblichkeitsrate von 0,37 Prozent an.

„Das ist mehr als bei der Grippe, aber Covid wird nicht unser Untergang sein“, sagte Streeck, der dafür plädierte, dass jeder Mensch selbst über das Risiko einer möglichen Infektion entscheiden solle.

Eine 93-jährige Frau im Pflegeheim soll und darf selbst darüber befinden, ob sie ihre Enkelkinder sehen will oder nicht. Es ist ihre Abwägung“, erklärte er.

Studien zum Infektionsgeschehen und RKI-Zahlen

Nach einer Querschnittsstudie in Baden-Württemberg, bei der vom 22. April bis 15. Mai über 4.932 Personen auf SARS-CoV-2 getestet wurden, waren die Ergebnisse von zwei Probanden positiv – einem Kind und dem entsprechenden Elternteil. Die Symptome wurden als mild beschrieben.

In einer Studie des RKI anlässlich des Infektionsgeschehens in Kupferzell wurden dort 2.000 Menschen vom 20. Mai bis 9. Juni untersucht. Akute Infektionen konnten bei ihnen nicht festgestellt werden. Allerdings fand man bei 7,7 Prozent der getesteten Einwohner positive Antikörper-Nachweise gegen SARS-CoV-2.

Wirft man einen Blick auf die RKI-Aufzeichnungen, in denen die gemeldeten Tests auf SARS-CoV-2 ins Verhältnis zu den positiv Getesteten gelistet sind, kann man feststellen, dass die Positivrate bereits ab der 15. Kalenderwoche rückläufig war. Trotzdem wurde in der 17. Kalenderwoche eine Maskenpflicht eingeführt. Und obwohl sich die Anzahl der Coronatests kontinuierlich seit der 24. Kalenderwoche erhöht, bleibt die Positivrate nahezu unverändert bei einem Prozent; zwischenzeitlich sank sie sogar auf 0,6.

Corona-Tests zu Beginn der Pandemie und jetzt

Während in der Anfangsphase der Pandemie gezielt im Rahmen von sogenannten „Corona-Ausbrüchen“ getestet wurde, erfolgt die aktuelle PCR-Testung, bei der Nasen- oder Rachenabstriche genommen werden, überwiegend an asymptomatischen Personen – das heißt, ohne dass diese irgendwelche Anzeichen einer COVID-19-Erkrankung aufweisen. Hingegen wurde am Anfang der Corona-Krise darauf bestanden, dass nur Personen mit Symptomen getestet wurden.

Berücksichtigt man weiterhin, dass mit steigenden Testergebnissen – wie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erläutert – auch die falsch-positiven Ergebnisse steigen, so dürfte die Anzahl derer, bei denen das SARS-CoV-2 überhaupt nachgewiesen ist, noch weit unter der Ein-Prozent-Marke liegen.

Geht man nun davon aus, dass aufgrund der Erfahrungswerte 80 Prozent aller COVID-19-Fälle harmlos verlaufen, so besteht für die überwiegende Mehrheit der positiv Getesteten keinerlei Bedarf, sich überhaupt ärztlich behandeln zu lassen.

Hirnforscher Dr. Gerald Hüther über Angst

Für den Hirnforscher Dr. Gerald Hüther ist klar:

„Je weniger ein Mensch weiß und kann, desto leichter lässt sie oder er sich angesichts bedrohlicher Geschehnisse oder angekündigter Gefahren in Angst und Schrecken versetzen. Die Fähigkeit, Gefahren kompetent einzuschätzen und durch geeignete Maßnahmen zu bewältigen, ist der für die eigene Lebensgestaltung wichtigste Bestandteil dessen, was unter ‚Bildung‘ zu verstehen ist. Diese Bildung für ein gelingendes, selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben ist etwas anderes als die Ausbildung für eine spätere Berufstätigkeit.

Heranwachsende brauchen eine Vielzahl von Orten und Gelegenheiten, um eigene Erfahrungen bei der Bewältigung schwieriger Situationen zu machen und sich diese Art von Bildung anzueignen.

Wer ihnen solche Erfahrungen vorenthält, macht sie zu hilflosen oder gar willfährigen Opfern all jener, die die Angst zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen instrumentalisieren. Unser primär auf eine optimale Ausbildung für das spätere Berufsleben ausgerichtete Schulsystem macht Heranwachsende und damit auch die daraus hervorgehenden Erwachsenen anfällig für die von Angstmachern verbreiteten Botschaften.“

In seinem neuen Buch „Wege aus der Angst“ hat sich der Hirnforscher Dr. Gerald Hüther dem Thema Angst gewidmet. Denn Angst, davon ist Hüther überzeugt, kommt nicht von Corona. Das Buch erscheint im September bei Vandenhoeck & Ruprecht.



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