Alles wegen Plutonium für Atombomben: Japaner singen noch lange ein Lied von kontaminierten Zedernpollen
Das vom SuperGAU leblos gemachte Fukushima kann man sich aus der Ferne anschauen, etwa im Netz. Man kann sich gedanklich aber auch sehr nah reinzoomen in einen Landstrich, dem das Leben und die Menschen entwichen sind. Plötzlich hört man den japanischen Atomkraftgegner Kazuhiko Kobayashi sagen, dass es gar nicht um Strom gehe. Man wird hellhörig.
11-3-11. Anfang wie Ende. Am 11. März 2011 erlebt Japan in den Nachmittagsstunden ein Seebeben von ungeahnter Zerstörungskraft: 9,0 auf der Richter-Skala. Küstengebiete werden vom Tsunami überrollt und vollkommen vernichtet. Die Welle der Zerstörung reißt über 15.000 Menschen in den Tod. Eine Fläche so groß wie Schleswig-Holstein hebt sich empor. Ein 400 Kilometer langer Riss geht durch den Meeresboden.
Dann beginnt ein Desaster, das die ganze Welt für immer erinnern wird. Im AKW Fukushima-Daiichi fällt der Strom aus, Brennstäbe überhitzen. „Glücklicherweise“ können die Menschen die Region verlassen, bevor Wasserstoff entzündet und drei der sechs Reaktoren explodieren . Doch die Radioaktivität entweicht – und bleibt.
Atomkraftwerke nur das Mittel zum Zweck: Plutonium für Atombomben
Wozu rief man diese hochgefährlichen Atomkraftwerke dann ins Leben? Ging es wirklich nur um Strom? Im Manhattan-Projekt entwickelten Forscher in den 1940-er Jahren die erste Atombombe. Das war sehr teuer. Und so kamen die Amerikaner auf die Idee, doch mit Atomkraftwerken zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die Atomkraftwerke lieferten Plutonium auf der einen und Atomstrom auf der anderen Seite. Das fasst Ken Jebsen im Interview mit dem Atomkraftgegner Kazuhiko Kobayashi zusammen.
Die zivile Nutzung der Kernspaltung ist nach Jebsens Auffassung nichts anderes als „ein gigantisches Täuschungsmanöver“. Strom sei nur das Abfallprodukt der Atomkraftwerke. Im Kern gehe es um Plutonium. Den Stoff, der benötigt wird, um Atombomben zu bauen.
Kazuhiko Kobayashi gibt zu bedenken, dass es Politiker, Staatsbeamte und Banken sind, die Gewinn aus dem Atomgeschäft schlagen und gar kein Interesse an der Abschaltung haben. Anstatt an die Opfer fließe das Geld Kobayashi zufolge nun an den Atomkonzern, um ihn künstlich am Leben zu erhalten – für die Rendite. „Nach außen hin erweckt die Regierung den Eindruck, sie sei erneuerbarer Energie gegenüber aufgeschlossen. Tatsächlich unterbindet sie die alternativen Versuche“, betont der Anti-Atomkraft-Aktivist.
Die Atomstromkonzerne kommen immer noch nicht für den Schaden auf, den sie angerichtet haben. Vielmehr bekommen sie und nicht die tatsächlichen Opfer das Geld vom Staat, damit sie künstlich am Leben gehalten bleiben.
Keine Versorgungsprobleme, nachdem 50 japanische AKWs vom Netz gingen?!
Nach dem Unglück legte die japanische Regierung 50 von 53 Atomkraftwerken still. Doch in Japan liefen die Werke der Großkonzerne weiter. Es kam nicht zu Stromausfällen. Das zeigt nur, wie wenig die Atomkraftwerke für den Strom nötig sind.
Die Atomkraftwerke werden zwar von den Atomkonzernen installiert, doch für Wartung und die Folgen eines möglichen Unfalls müssen Bürger und Regierung aufkommen. Dass kein Versicherer ein Atomkraftwerk versichern würde, ist wenig bekannt. Die möglichen Kosten im Falle des GAUs sind einfach zu hoch.
470.000 Menschen mussten ihr Heim verlassen
2011 wurden die Menschen aus dem engsten Unglücksgürtel – ein Kreis mit einem Radius von 20 Kilometern rund um Fukushima-Daiichi – evakuiert. Selbst jetzt, fünf Jahre später, leben knapp 200.000 von ihnen in Übergangswohnungen, 70.000 sogar noch in Containerdörfern, die direkt nach dem Unfall angesiedelt wurden, berichtet „DIE ZEIT“. 470.000 Menschen mussten direkt nach dem Unglück ihre Häuser verlassen, viele wurden plötzlich obdachlos, „DIE ZEIT“ weiter.
Die Älteren und die Ärmeren traf es am schlimmsten. Viele der älteren Generationen trotzten der Strahlengefahr. Sie sind nach und nach wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
Krebs, Depressionen und Drogen in der Präfektur Fukushima
Die Sachschäden durch den Tsunami und die atomare Katastrophe werden auf umgerechnet mehr als 180 Milliarden Euro geschätzt. Das seelische Leiden lässt sich nicht in Zahlen messen. Nicht nur dass 300.000 Menschen an Schilddrüsenkrebs erkrankten. Es sind vor allem Angststörungen, Depressionen, Alkohol- und Drogensucht, die in Japan, insbesondere in der Präfektur Fukushima, auf der Tagesordnung stehen.
https://youtube.com/watch?v=ihV3ewVXmFY
Atomkraftgegner: Regierung spielt die Gefahr herunter
Kazuhiko Kobayashi sagt, dass die japanische Regierung den Fall Fukushima so darstellt, „als ob keine Gefahr mehr besteht und als ob die Katastrophe schon längst unter Kontrolle wäre.“ So stellen das auch viele Medien in diesen Tagen dar. Sie betonen, dass noch kein Mensch in Folge der Strahlung an Krebs gestorben sei und der deutlich zugenommene Schilddrüsenkrebs gut behandelt werden kann, etwa „DIE ZEIT“. Kobayashi kann dem nicht zustimmen. Immerhin sind es 300.000 Menschen, die an Schilddrüsenkrebs erkrankten.
Wenn das AKW in Fukushima so wenig gefährlich wäre, warum musste die Regierung dann die als „gesund geltende“ Strahlungsobergrenze von einem auf 20 Millisievert anheben, damit möglichst viele Menschen in der Präfektur Fukushima leben bleiben können? Kobayashi gibt zu bedenken, dass die elektrisch gefrorene Eismauer um das Kraftwerksgelände, die schützen sollte, nicht funktioniert.
Journalisten, bitte keine Fragen zu Fukushima!
Als ebenfalls schwierig empfindet er die Tatsache, dass die Bürger nicht informiert werden. Journalisten, die unangenehme Fragen stellen, kommen ins Gefängnis. Die Regierung kann Informationen als vertraulich einstufen lassen. Journalisten, die dennoch darüber berichten, drohen hohe Haftstrafen.
Sogar der Chefposten des öffentlichen Rundfunks wurde mit einem der Atom- und Politriege Vertrauten, Abes, besetzt. In der internationalen Rangliste der Pressefreiheit von «Reporter ohne Grenzen» ist Japan seit Abes Amtsantritt Ende 2012 um 37 Plätze abgerutscht und belegt derzeit Rang 61. Doch das Interesse der Japaner, mehr über die Wirklichkeit in der verstrahlten Ruine zu erfahren, ist ungebrochen.
Greenpeace: Folgeschäden für Jahrhunderte
Die Umweltbelastung durch den Super-Gau im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi vor fünf Jahren wird nach Einschätzung von Greenpeace noch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte andauern. „Das massive Dekontaminierungsprogramm der Regierung wird fast keine Auswirkung auf die Verringerung der ökologischen Bedrohung durch die enorme Menge an Radioaktivität aus Fukushima haben“, erklärt Kendra Ulrich, Atomaktivistin bei Greenpeace Japan.
Studien zeigten, dass die Auswirkungen auf die Umwelt bereits offensichtlich werden. So enthielten neue Blätter hohe Konzentrationen an Radioaktivität. Bei den in Japan massenhaft verbreiteten Zederbäumen ist dies auch in Pollen der Fall. Jedes Jahr leidet Japan unter den Pollen der Bäume. Außerdem nehme offenbar die Wachstumsmutation von Tannen mit dem Ansteigen der Strahlendosis zu, so Ulrich. Auch bei Schmetterlingen in stark verstrahlten Gebieten seien erbliche Mutationen beobachtet worden.
Vermehrt DNS-geschädigte Würmer und weniger fruchtbare Rauchschwalben gäbe es den Studien zufolge. Ferner nähmen die Bestände von 57 Vogelarten mit erhöhter Strahlenmenge ab. Auch in Süßwasserfischen seien hohe Konzentrationen an Cäsium festgestellt worden. Die Präfektur Fukushima lebt von Landwirtschaft und Fischfang. Aber seit dem SuperGAU kaufen viele Menschen keine Lebensmittel aus Fukushima mehr.
So sieht es in Deutschland aus
In der Bundesrepublik laufen derzeit noch acht AKWs. „Diese Reaktoren werden immer älter, immer störanfälliger und die Betreiber investieren nichts, um sie sicherer zu machen. Deshalb müssen sie jetzt stillgelegt werden“, fordert daher Jochen Stay, Sprecher der bundesweit tätigen Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ in "Schrot&Korn".
Wir brauchen diese acht Reaktoren nicht, meint Stay. „Wenn bei mir die Badewanne am Überlaufen ist, dann drehe ich zuerst den Hahn zu und dann schaue ich, wie ich den Schaden begrenzen kann. Doch die Bundesregierung will den Hahn stattdessen weiter aufdrehen“, sagt er.
Seit 2010 zahlen die AKW-Konzerne für jedes Gramm Uran, das sie als Brennstoff nutzen, eine Brennelementesteuer. Diese will die Bundesregierung Ende 2016 abschaffen. Damit bekommen die Konzerne fünf bis sechs Milliarden Euro mehr. Das sei „das falsche Signal“, meint Stay. Es mache den Betrieb der Kraftwerke wieder rentabel und halte sie länger am Netz. (kf)
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