Wirtschaft: „Getarnte“ Planwirtschaft oder freier Austausch?
Was bedeutet das Wort „Wirtschaft“ in seiner ökonomischen Bedeutung? Ob ein Gesprächspartner das Wort Wirtschaft eher mit planwirtschaftlichen oder mit marktwirtschaftlichen Vorstellungen assoziiert, wird schnell deutlich, wenn es darum geht, ob und in welchen Bereichen Marktversagen vorliegt beziehungsweise wann dies postuliert wird.
Marktversagen oder logische Entwicklung?
Zugespitzt könnte man sagen, dass bei ideologischer Orientierung nahezu überall Marktversagen vorliegt, während dies bei praxeologischer Orientierung in einer wirklich freien Marktwirtschaft überhaupt nicht vorkommt.
Ein Beispiel macht dies deutlich: Wenn die Mieten steigen und ein immer größerer Anteil des Einkommens dafür aufgewendet werden muss, ist dies aus ideologischer Perspektive ein Marktversagen. Slogans wie „Wohnen ist ein Menschenrecht“ oder die Forderung nach einkommensabhängiger Miethöhenbegrenzung zeigen, dass aus dieser Perspektive davon ausgegangen wird, dass die richtige beziehungsweise angemessene Miete politisch bestimmt werden kann und muss.
Aus praxeologischer Perspektive sind steigende Mieten eine logische Entwicklung, wenn die Einwohnerzahl durch Zuwanderung steigt und Neubau aufgrund gesetzlicher Regelungen immer unattraktiver wird. Wenn bei gar nicht oder kaum steigendem Wohnraumangebot die Nachfrage deutlich zunimmt, sind steigende Mieten eine normale Marktreaktion.
Knappe Güter, höhere Preise – staatlich intervenieren, oder nicht?
Dieser wirtschaftliche Grundzusammenhang gilt immer, auch wenn es nicht um die Miete geht. Wird beispielsweise durch politische Vorgaben die von Landwirten bewirtschaftete Fläche und deren Ertrag geringer, hat dies bei gleichbleibender Nachfrage Preissteigerungen bei Lebensmitteln zur Folge.
Wird das Energieangebot durch die Stilllegung von Kraftwerken verringert und die Nachfrage durch die forcierte Umstellung auf Elektromobilität und Wärmepumpen gesteigert, sind auch hier bei sonst gleichen Bedingungen steigende Preise zu erwarten.
Wer der ideologischen Perspektive anhängt, wird steigende Preise in den genannten Konstellationen als Notwendigkeit zum politischen Eingriff werten. Die Praxis zeigt, dass die Palette möglicher Maßnahmen sehr groß ist. Bezogen auf das Eingangsbeispiel sind Mietpreisregelungen ebenso denkbar, wie Wohnraumverteilung oder Enteignungen.
Die Sichtbarkeit und die Auswirkungen der Maßnahmen unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Intensität der Interventionen, aber kein Eingriff ist ohne Wohlstands- und Freiheitsverluste machbar. Ludwig von Mises und anderen Ökonomen der österreichischen Schule verdanken wir bahnbrechende Erkenntnisse dazu.
Auch der sogenannte Schürer-Bericht, gewissermaßen die Konkurserklärung der DDR, liefert erhellende Erkenntnisse zu den Problemen der Planwirtschaft (Schürer/Beil/Schalck/Höfner/Donda, Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlussfolgerungen, Vorlage für das Politbüro des Zentralkomitees der SED, 30.10.1989).
Neues Etikett der Planwirtschaft: „ökosoziale Marktwirtschaft“
Trotz dieser Evidenz werden planwirtschaftliche Ideen nach wie vor verfolgt. Da jedoch der Begriff „Planwirtschaft“ deutlich an Glanz verloren hat, werden andere – positiver wahrgenommene – Etiketten verwendet, beispielsweise „ökosoziale Marktwirtschaft“.
Gegenüber der klassischen Planwirtschaft unterscheidet sich die moderne Form sowohl vom Namen als auch von der Ausprägung her. In der Planwirtschaft entscheiden Planungsbehörden, was produziert werden soll beziehungsweise konsumiert werden kann. Es gibt kein Privateigentum an Produktionsmitteln und die Produktion erfolgt in volkseigenen Betrieben ohne freie Unternehmer an deren Spitze.
Heute dominieren andere, weniger offensichtliche staatliche Interventionen beziehungsweise abgeschwächte Formen der staatlichen Lenkung. Dabei wird der politische beziehungsweise staatliche Einfluss auf Produktion und Konsum über andere Wege sichergestellt.
Der Staat als „Maschinist“ der Wirtschaft
Merkmale dieser „getarnten“ Planwirtschaft beziehungsweise Kommandowirtschaft sind beispielsweise weitreichende Ge- und Verbote für Produktion und Konsum sowie Höchst- oder Mindestpreise. Solche Eingriffe werden nicht notwendigerweise damit begründet, die Wirtschaft lenken zu wollen. Alternativ werden soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz oder andere hehre Ziele zur Rechtfertigung der Interventionen genutzt.
Aus ideologisch planwirtschaftlicher Sicht ist entscheidend, dass Wirtschaft gelenkt werden muss, um richtig – im Sinne höherer, politisch gewollter Ziele – funktionieren zu können. Aus dieser Perspektive ist der Staat das wichtigste Element der Wirtschaft, er ist der eigentliche Maschinist.
Demgegenüber ist aus praxeologischer Perspektive die Wirtschaft ein Prozess, in welchem letztlich der Verbraucher das Sagen hat. Seine Handlungen sind entscheidend. Das gilt nicht nur für die Frage, was (erfolgreich) angeboten wird und zu welchem Preis, sondern umfasst auch moralische Aspekte.
Vielleicht hilft ein exotisches Beispiel, um den letzten Aspekt zu verdeutlichen: Nehmen wir an, dass Menschen häufiger zu religiöser Literatur greifen sollen. Bei einem planwirtschaftlichen Verständnis von Wirtschaft wäre es Aufgabe der Politik beziehungsweise des Staates, dies zu erreichen.
Bei einem marktwirtschaftlichen Verständnis von Wirtschaft wird es nur dann mehr Anbieter von religiösen Büchern und Zeitschriften geben, wenn mehr Menschen religiöse Literatur wertschätzen und entsprechend nachfragen.
Lenkender Staat oder freier Austausch?
In der Perspektive der ideologischen Welt ist das Wort Wirtschaft mit lenkendem Staat assoziiert. In der Perspektive der praxeologischen Welt ist das Wort Wirtschaft mit Verbraucherorientierung und freiem Austausch assoziiert.
Erfahrungsgemäß wird es kaum gelingen, die Überzeugungen eines Menschen, mit ideologisch planwirtschaftlichem Verständnis von Wirtschaft, im Gespräch dergestalt zu ändern, dass dieser zum Anhänger einer praxeologischen marktwirtschaftlichen Sicht auf die Wirtschaft wird – und umgekehrt.
Die Sprachverwirrung beim Wort „Wirtschaft“ kann beachtlich sein. Doch es kann helfen, Konflikte zu vermeiden, wenn sich beide Gesprächspartner darüber klarwerden, dass sie zwar dasselbe Wort benutzen, damit jedoch ganz unterschiedliche Welten und ganz unterschiedliche Menschenbilder assoziieren.
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