Wirecard-Whistleblower fürchtet um seine Sicherheit
„Es wird immer klarer, dass ich bei Wirecard in ein Hornissennest gestochen habe“, sagte Gill dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ und dem Finanzportal „Finance Forward“. Ihm sei es immer nur darum gegangen, den Finanzbetrug aufzudecken, sagte er. Heute glaube er, es sei besser, nicht die ganze Geschichte hinter Wirecard zu kennen. „Denn je mehr man darin herumbohrt, desto gefährlicher wird es für einen.“
Als Justiziar bei der Wirecard-Einheit in Asien hatte Gill einen zentralen Anteil an der Aufdeckung des Bilanzbetrugs. Nachdem er auf verdächtige Transaktionen gestoßen war, sollte er im Auftrag der Münchner Zentrale Manipulationsvorwürfe in Singapur aufklären, wurde aber intern ausgebremst. 2019 schickte er daher Belege an die deutsche Finanzaufsicht Bafin, die Münchner Staatsanwaltschaft und Wirecards Abschlussprüfer EY – ohne dass diese einschritten. Zudem wandte sich Gill an die „Financial Times“, deren Berichte maßgeblich dazu führten, dass der Betrug aufflog und der Dax-Konzern kollabierte.
Im Zuge von Ermittlungen gegen einen russischen Agentenring in Großbritannien war zuletzt bekannt geworden, dass Marsalek nach seiner Flucht nach Russland 2020 ein Spionagenetzwerk aus mehreren Personen aus Bulgarien und Ex-Verfassungsschützern aus Österreich gesteuert haben soll. Unter anderem soll diese Zelle die Daten von Handys österreichischer Spitzenbeamter an russische Dienste übermittelt haben und in die Wiener Wohnung eines Kreml-kritischen Journalisten eingebrochen sein.
Gill, der 2023 das Whistleblower-Start-up Confide gegründet hat, äußerte sich enttäuscht über die Aufarbeitung des Skandals in Deutschland. Vor allem die Münchner Staatsanwaltschaft habe „ihren Job nicht gemacht“ und spiele mit ihm ein „Versteckspiel“, sagte er. So hätten die Ermittler ihn etwa bis heute nicht als Zeugen gehört. Dabei habe er Gesprächsangebote gemacht – auch über das Bundeskriminalamt, mit dem er mehrmals in Bangkok geredet habe. (dts)
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