Wirbel um AWO-Kita: 10-Punkte-Plan zu „Doktorspielen“ erhitzt Gemüter

„‚Liebe‘ AWO Hannover: Habt ihr noch alle Tassen im Schrank?“, heißt es im Twitter-Kanal des CDU-Abgeordneten Bodo Löttgen aus Nordrhein-Westfalen. Grund ist der brisante „10-Punkte-Plan“ einer von der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Kita in Hannover, der einen Sturm von Entrüstung in den sozialen Medien auslöste. Auch das Kultusministerium ist alarmiert.
Titelbild
Was hinter den Türen mancher Kitas vor sich geht, bleibt den Eltern verborgen.Foto: iStock
Von 1. Juli 2023

Derzeit geht ein Elternbrief viral, über den „Bild“ berichtete. Das Titelbild zeigte die AWO-Kita Freytagstraße in Hannover. Laut Medienberichten informierte die Kita-Leitung die Eltern darüber, dass den Kindern ein „Körper-Erkundungsraum“ zur Verfügung gestellt werde. Dort könnten die Kinder sich und andere Kinder „streicheln und untersuchen“. In dem Raum gebe es ein Sofa mit Decken und Kissen sowie eine überdachte und gepolsterte Spielhöhle sowie Bodenmatten, sodass die Kinder vor Blicken von „Fremden“ geschützt seien.

Folgende zehn Punkte gelten als Richtlinie für die „Doktorspiele“ innerhalb der Kita:

  1. Jedes Kind entscheidet selber, ob und mit wem es körperliche und sexuelle Spiele spielen will.
  2. Alle Kinder, vor allem im Kindergartenalter, kennen die Orte in der Einrichtung, wo Nacktheit und Körpererkundungen stattfinden können.
  3. Mädchen und Jungen streicheln und untersuchen nur so viel, wie es für sie selbst und andere Kinder angenehm ist.
  4. Kein Kind tut einem anderen dabei weh.
  5. Kein Kind steckt einem anderen etwas in die Körperöffnungen (Po, Vulva, Mund, Nase, Ohr) oder leckt am Körper eines anderen Kindes.
  6. Der Altersabstand der beteiligten Kinder ist allerhöchstens 2 Jahre.
  7. Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene dürfen sich an den Doktorspielen nicht beteiligen.
  8. „Stopp“ [zu] sagen ist jederzeit möglich und wird in jedem Fall respektiert.
  9. Hilfe holen ist kein Petzen.
  10. Wenn nicht genug pädagogische Fachkräfte da sind, um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten, kann es zu Spieleinschränkungen kommen, z.B. dass sich Kinder nicht nackt ausziehen dürfen.

In einer Chatgruppe kommentierte ein Elternteil laut „Bild“ die Regel Nummer fünf mit den Worten: „Das ist mit Abstand das Widerlichste, was ich je gelesen habe.“

Der Vater einer Fünfjährigen zeigte sich entsetzt. „Ich möchte nicht, dass sie von Jungs begrapscht wird“, sagte er gegenüber „Bild“. „Ich habe noch ein anderes Kind in einer anderen Kita. Da gibt es so etwas nicht.“

„Frühkindliche sexuelle Entwicklung“ im Konzept verankert

Dass Kinder sich als sexuelle Wesen in der AWO-Kita Freytagstraße erleben dürfen, ist dort bereits im Konzept (Stand Juli 2020) verankert. Darin heißt es: „Jedes Kind ist von Anfang an ein Wesen, das mit allen Sinnen sich und die Welt wahrnimmt und eigene lustvolle Wünsche und Bedürfnisse hat.“ Daher würden die Kinder dabei unterstützt, „ein gutes Körpergefühl zu entwickeln und sich sowie die eigenen Körperteile und Organe kennenzulernen“.

Dazu wird speziell auf die Spiel- und Kuschelecken verwiesen. Hier sei es den Kindern erlaubt, „ihren frühkindlichen, ganzkörperlichen Bedürfnissen nachzugehen (gegenseitiges Betrachten, Berühren, sich streicheln, miteinander kuscheln)“.

„Unsere Kinder dürfen sich ausziehen, sich betrachten und gemeinsam zur Toilette gehen“ ist weiter zu lesen, wobei die Grenzen jedes Kindes ernst genommen und vertreten würden. „Vater-Mutter-Kind-Spiele“, „Ein Baby kommt“ und Doktorspiele sehe man in der Kita als „ein gesundes frühkindliches Spielverhalten“. Für alle Spiele gebe es Regeln, Grenzen und Konsequenzen bei Nichteinhaltung, die mit den Kindern besprochen würden.

Zudem würden die Kinder dabei unterstützt, ihre eigene Geschlechteridentität zu entwickeln, „ohne sich durch stereotype Sichtweisen und Zuschreibungen in ihren Erfahrungsmöglichkeiten einzuschränken“. Gleichzeitig verweist die Kita auf ihren Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung sowie die von der UN Kinderrechtskonvention deklarierten Kinderrechte.

Kita-Konzept kein Einzelfall

Diese pädagogischen Ansätze finden sich nicht nur in der Kita Freytagstraße, sondern ziehen sich wie ein roter Faden auch durch andere Konzepte der AWO-Kitas der Region. Bei einer Überprüfung fand Epoch Times die vorgenannten Formulierungen in den Konzepten von mehr als 30 der über 40 betriebenen AWO-Kitas in Hannover. Bei nur wenigen Kitas konnte das Konzept mangels Veröffentlichung nicht online eingesehen werden.

Einzig im Konzept der AWO-Kindertagesstätte Sylter Weg ist nicht ausdrücklich von „frühkindlicher Sexualität“ die Rede. Allerdings spricht man hier von offener Gruppenarbeit für Erwachsene und Kinder. Das bezieht sich sowohl auf das, was Kinder allein oder mit anderen Kindern „spielen, experimentieren, lernen“ wollen als auch auf den Spielort. Weiter heißt es: „Nur wenn Räume für ungestörte Aktivitäten von Kindergruppen benötigt werden, wird durch ein ‚Stopp‘-Schild deutlich gemacht, dass der Raum zurzeit besetzt ist.“

Kultusministerium fordert neues Konzept

Die AWO sieht auch weiterhin nichts Verwerfliches in den Rollenspielen der Kinder. Schließlich sei die Erkundung des eigenen Körpers ein Bestandteil kindlicher Entwicklung. Dadurch würden Kinder lernen, eigene Grenzen zu erkennen, sie deutlich zu äußern und Scham zu entwickeln, berichtet „Bild“ unter Verweis auf die Aussage zuständiger Vorstandsvorsitzender.

Laut dem Kultusministerium Niedersachsens hat das Landesjugendamt hingegen den weiteren Betrieb der Kita Freytagstraße wegen Kindeswohlgefährdung davon abhängig gemacht, dass das pädagogische Konzept der AWO Kitas in Hannover sowie das Kinderschutzkonzept mit externer Beratung sofort überarbeitet wird.



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