Wenn Kinder in Schulen aufblühen – Glücksunterricht trägt erste Früchte
Kann man Glück trainieren? Ja, kann man – je früher, desto besser, sagt der Glücksforscher Tobias Rahm von Institut für Pädagogische Psychologie an der Technischen Universität Bielefeld. Er präsentierte am 3. Juni die Ergebnisse des Projektes „Glücksunterricht an Grundschulen“ (GlüGS), die durchweg positiv waren.
Im Jahr 2022 startete mit über 500 Kindern an 16 Braunschweiger Grundschulen das Projekt. Ziel war es, mehr Glückserleben und Wohlbefinden in die Schulen bringen.
Von November 2022 bis Januar 2023 und von April bis Juni 2023 standen auf dem Stundenplan der Viertklässler neben Mathematik, Deutsch und Sport auch insgesamt elf Stunden „Glücksunterricht“, der von angehenden Pädagogen der TU Braunschweig gemeinsam mit den Klassenlehrern vermittelt wurde.
Schulfach Glückskompetenz
Grundlage für die Unterrichtsentwicklung war das „Curriculum Schulfach Glückskompetenz“ von der Autorin Carina Mathes, das den Studenten einen leicht umsetzbaren Lehrplan mit anregenden Geschichten, Elterninformationen, Arbeitsblättern und Bastelanleitungen bot.
Zu jeder Unterrichtsstunde gab es für die Studenten ein neues Lernvideo von der Autorin und eine Reflexionsstunde mit dem Diplompsychologen Tobias Rahm, der pensionierten Schulleiterin Barbara Steinau-Giesert und der online zugeschalteten Carina Mathes.
Der Glücksunterricht basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der positiven Psychologie, der Resilienzforschung und der Lern- und Gehirnforschung. Dabei geht es um Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit, Entspannung und Achtsamkeit, Stress und Angst, Selbstbewusstsein oder die Wahrnehmung von Gefühlen – alles Aspekte, die den Schülern im „Glücksunterricht“ spielerisch und kreativ vermittelt wurden, beispielsweise durch Postkarten mit Komplimenten, die von den Kindern geschrieben wurden.
Was hat der Glücksunterricht bewirkt?
„Die Resonanz der teilnehmenden Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen war durchweg positiv“, so das Fazit Tobias Rahm.
Um Veränderungen messen zu können und sicherzustellen, dass diese auf das Projekt zurückzuführen sind, mussten die teilnehmenden Kinder und ihre Parallelklassen vor Beginn der Glücksstunden Fragebögen zum eigenen Wohlbefinden ausführen. Signifikante Effekte zeigten sich nach Aussage der Forscher bei den Kindern vor allem in einem Punkt: Negative Emotionen nahmen nach einem Monat ab.
Die Fragebogendaten der Eltern wiesen auf einen mittleren positiven Effekt auf das psychische Wohlbefinden ihrer Kinder hin. Die Forscher fanden heraus, dass Kinder, die zu Beginn zu Hause weniger Unterstützung erfuhren oder ein geringer ausgeprägtes Selbstbild hatten, stärker von den Glücksstunden profitierten.
Obwohl die quantitativen Ergebnisse begrenzt waren, zeigten die qualitativen Rückmeldungen eine hohe Zufriedenheit mit dem Programm und seinen Wirkungen.
Sozialverhalten und Klassenklima verbessert
Sowohl Kinder als auch Eltern berichteten von Verbesserungen des Sozialverhaltens und des Klassenklimas. Auch in Gesprächen mit Schulleitungen und Lehrern wurden positive Erfahrungen hervorgehoben.
Viele erwartete Effekte, wie beispielsweise eine verbesserte Stimmung, blieb jedoch nach Auskunft der Wissenschaftler aus.
Ein Vergleich der Forscher mit anderen Programmen der Positiven Bildung ergab, dass die Intensität des Bielefelder Glücksunterrichts mit elf Einheiten à 45 Minuten über drei Monate geringer war als bei umfangreicheren Programmen, die von intensiv ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt wurden.
Großes Glück zum kleinen Preis
Die TU Braunschweig wertete die Effekte des Unterrichts als Erfolg. „Das GlüGS-Projekt entlastet die Lehrkräfte und benötigt nur geringe finanzielle Ressourcen, was im Schulalltag natürlich sehr von Vorteil ist“, so Tobias Rahm.
Anders als umfangreiche Programme, die stark vom Engagement und der Vorbereitungszeit der Lehrer abhänge, könne dieser Ansatz viel unkomplizierter in den Schulalltag integriert werden.
Ein weiterer Nebeneffekt war, dass Lehramtsstudenten bereits in einer frühen Phase ihrer Ausbildung lernen, wie wertvoll die Förderung des Wohlbefindens von Kindern in der Schule sein kann und wie sie dies in der Praxis umsetzen können.
„Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass das Wohlbefinden von Kindern von vielen Faktoren beeinflusst wird, einschließlich genetischer Dispositionen und familiärer Variablen wie elterliche Fähigkeiten und Gesundheit. Diese können das Wohlbefinden stärker beeinflussen als positive Bildungsprogramme“, so der Glücksforscher.
Gleichzeitig betont Rahm: „Wenn wir uns eine Welt mit weniger Depressionen und Stress und stattdessen mehr Mitgefühl, Wertschätzung und psychischer Gesundheit wünschen, sind unsere Schulen wahrscheinlich der beste Ansatzpunkt.“
Seine Vision sind Schulen zum Aufblühen, die von Selbststärkungsprogrammen in jedem Jahrgang gefördert werden, zu denen auch in positiver Bildung geschulte Kollegien und motivierende Angebote für Eltern beitragen. Der schrittweise Aufbau einer glücksorientierten Schulkultur könnte langfristig durch erfahrenere Lehrkräfte und anderen an der Schule tätigen Professionen vorangetrieben werden.
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