Was geschieht mit Priestern, die Kinder zeugen? Vatikan bestätigt geheimes Regelwerk
Mit 28 Jahren erfuhr er von seiner Mutter, dass der katholische Priester, den er immer für seinen Patenonkel hielt, in Wirklichkeit sein biologischer Vater war.
Diese Offenbarung veranlasste den irischen Arzt Vincent Doyle, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, denn wie sich schon bald herausstellte, gibt es nicht wenige, die von solch einem Schicksal betroffen sind. Das geht aus einem Bericht der „New York Times“ hervor.
Als Herr Doyle die Kirchenvertreter erstmals mit diesem Skandal konfrontierte und sie drängte, diese Kinder anzuerkennen, wiesen Sie ihn zurück mit der Begründung, dass dies nur sehr selten geschehe.
Doch schließlich zeigte ihm 2017 ein Erzbischof ein Dokument, aus dem hervorging, dass es vatikanische Richtlinien für den Umgang mit Priestern gibt, die Kinder zeugen. Das war für Herrn Doyle Beweis genug, dass er nicht allein war.
Jedoch konnte der Erzbischof Herrn Doyles Wunsch nicht entsprechen, eine Kopie des Dokuments zu erhalten – es sei geheim.
Ganz so vertraulich ist die Sache nun nicht mehr, wahrscheinlich auch im Zuge des geplanten und seit heute stattfindenden Missbrauch-Gipfels des Vatikan.
Vatikansprecher Alessandro Gisotti bestätigte gegenüber „New York Times“, dass es solch ein internes Dokument gibt. „Ich kann bestätigen, dass es diese Richtlinien gibt“, sagt er.
In Rom versammeln sich dieser Tage nicht nur Geistliche sondern auch Opfer der Missbrauchsskandale. Gestern traf sich ein Organisationskomitee mit zwölf Männer und Frauen aus Opferverbänden verschiedener Länder. Das Treffen sollte den Vatikanvertretern helfen, die „Schwere und Dringlichkeit der Schwierigkeiten“ zu verstehen, mit denen sie während dies Krisengipfels konfrontiert würden.
Auch Vincent Doyle ist laut „New York Times“ nach Rom gereist, um sich dort mit mehreren prominenten Prälaten zu treffen. Kinder wie er seien oft das Ergebnis von Affären von Priestern und Laien mit Nonnen und anderen Frauen, manche aber auch von Missbrauch und Vergewaltigung.
Es gebe einige, äußerst seltene, hochkarätige Fälle, aber die überwiegende Mehrheit bleibe der Öffentlichkeit fern, heißt es weiter. Schätzungen über die Anzahl solcher Kinder gebe es nicht. Herrn Doyles Webseite seiner Selbsthilfegruppe habe 50.000 Benutzer in 175 Ländern.
Die erste Verantwortung liegt beim Kind
Als der Ire 2017 das Dokument von Erzbischof Ivan Jurkovic erhielt, war er schockiert, dass es sogar einen Begriff für Kinder wie er gab. „Kinder der Ordinierten“ sollen sie heißen, so berichtet es die „New York Times“.
Im Grunde solle das Dokument zum „Schutz des Kindes“ dienen. Die Richtlinie fordere, dass der Vater das Priestertum verlässt, um sich dem Kind zu widmen und damit seiner Verantwortung als Vater nachzukommen. Allerdings sei dies nur eine Empfehlung, man könne die Entlassung der Priester unmöglich durchsetzen, sagt ein anderer Vatikanbeamter gegenüber dem New Yorker Blatt.
Papst Franziskus argumentierte dazu in einem Buch, an dem er mitgewirkt hat, dass ein Priester, der in einem Moment der Leidenschaft gegen ein Zölibatgelübde verstößt, möglicherweise im Dienst bleiben kann, aber einer, der ein Kind hat, nicht. Die erste Verantwortung liege bei seinem Kind.
Allerdings gibt es im Kirchenrecht offenbar nichts, was Priester dazu zwingt, das Priestertum zu verlassen. Eine Kantonisten in Rom sagt gegenüber „New York Times“: Da es sich nicht um ein kanonisches Verbrechen handelt, gibt es keinen Grund zur Entlassung“.
In Deutschland ist die Lage nach Veröffentlichung einer Missbrauchsstudie angespannt
Bei der viertägigen Konferenz in Rom sollen nun in erster Linie Wege gefunden werden, wie der lange vertuschte sexuelle Missbrauch vor allen von Kindern künftig zu verhindern ist. Jeder Bischof in jedem Winkel der Welt solle künftig wissen, dass auch er Verantwortung trage, Misshandlungen aufzudecken und Täter zu stellen. Das Thema uneheliche Kinder steht demnach nicht auf dem Plan.
Im vergangenen September legte die deutsche Bischofskonferenz eine von ihr in Auftrag gegebene Studie zum Ausmaß sexuellen Missbrauchs durch Geistliche vor. Die Forscher fanden in kirchlichen Personalakten und anderen Dokumenten Hinweise auf 1670 verdächtige Kleriker und 3677 potenzielle Opfer zwischen 1946 und 2014.
In den katholischen Gemeinden gärt es, schreibt der „Spiegel“. In einem offenen Brief an den Chef der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, haben Theologen und Laien die Dringlichkeit struktureller Reformen angemahnt. Eine Antwort blieb ihnen der Kardinal schuldig. (nmc)
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