Vom Labor auf den Teller: Die Zukunft von zellbasierten Meeresfrüchten
Als Alex in der Sushi-Bar Platz nahm, fiel ihm eine überraschende Neuheit auf der Speisekarte auf: Sushi aus im Labor gezüchteten Lachs. Fasziniert von der Idee des nachhaltigen Meeresfrüchtekonsums beschloss Alex, es auszuprobieren.
Mit jedem Bissen entfaltete sich eine Welt voller Geschmack auf seinen Geschmacksknospen. Aber trotz des exquisiten Geschmacks begann sein Kopf, sich mit Fragen zu füllen. Wie werden im Labor gezüchtete Meeresfrüchte hergestellt? Ist es sicher, sie zu essen? Sind sie gesund? Welche Auswirkungen hat es auf die Umwelt? Alex’ Neugierde führte zu eigener Recherche, was ihm ein tieferes Verständnis für den Produktionsprozess und die Vor- und Nachteile des Verzehrs von im Labor gezüchteten Meeresfrüchten gab.
Obwohl dieses Szenario fiktiv ist, könnten bei künftigen Fortschritten und der Zustimmung der US-amerikanischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) zellbasierte Meeresfrüchte in naher Zukunft in Restaurants und auf Märkten erhältlich sein.
Mitte Juni hat das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium den ersten Verkauf von Fleisch, das aus Tierzellen gezüchtet wurde, genehmigt. Es handelt sich dabei um Hühnerfleischprodukte. Damit sind die Vereinigten Staaten von Amerika – nach Singapur – das zweite Land weltweit, das den Verkauf von Fleisch, das im Labor gezüchtet wurde, genehmigt hat.
Was versteht man unter zellbasierten Meeresfrüchten?
Zellbasierte Produkte stellen einen aufstrebenden Sektor in der Lebensmittelwissenschaft dar, bei dem Zellen von Tieren entnommen und unter kontrollierten Bedingungen kultiviert werden, um Lebensmittel aus diesen zu erzeugen.
Die FDA beschreibt den Herstellungsprozess von zellbasierten Lebensmitteln in vier Schritten:
- Eine Probe von Zellen wird aus dem Gewebe eines Tieres entnommen und genutzt, um eine „Zellbank“ für zukünftige Verwendungen anzulegen.
- Zellen aus dieser Bank werden in eine kontrollierte Umgebung gebracht und mit den notwendigen Nährstoffen und anderen Wachstumsfaktoren versorgt.
- Die Zellen vermehren sich stark (bis zu Billionen von Zellen) und erhalten zusätzliche Substanzen zur Erzeugung verschiedener Zelltypen, einschließlich Fett, Muskel- und Bindegewebe.
- Sobald die Zellen sich in die gewünschten spezifischen Zelltypen differenziert haben, wird das zelluläre Material geerntet und durch traditionelle Lebensmittelverarbeitungs- und Verpackungsmethoden weiterverarbeitet.
„Nachfrage nach ethischeren, saubereren und gesünderen Produkten“
In den USA arbeiten diverse Unternehmen im Bereich der zellbasierten Meeresfrüchte daran, frische Fischarten zu züchten. Wildtype, Finless Foods und BlueNalu zählen zu den weltweit führenden Produzenten von zellbasierten Thunfisch- und Lachsprodukten. Die Produktion findet momentan im kleinen Maßstab statt, effiziente Produktionsmethoden für eine groß angelegte Herstellung müssen noch entwickelt werden.
„Branchenexperten versuchen noch immer zu ergründen, wie sie zellbasierte Meeresfrüchteprodukte auf die kommerzielle Produktion skalieren können“, sagte Adriana Sanchez, die Gründerin von Seafood Ninja, einem Unternehmen, das nachhaltige Fischereiprodukte entwickelt, gegenüber The Epoch Times.
Sanchez ist der Meinung, dass die Nachfrage nach ethischeren, saubereren und gesünderen Produkten steigt, da Verbraucher zunehmend darauf achten, woher ihr Essen stammt, wie es produziert wird und welchen Einfluss es auf die Umwelt hat.
„Letztendlich möchten die Verbraucher Gewissheit darüber haben, dass die Produkte, die sie konsumieren, sicher und verantwortungsvoll hergestellt sind“, betonte Sanchez.
Wettbewerb auf dem Markt für nachhaltige Meeresfrüchte
Fischereibetriebe aus den USA gelten laut der National Ocean and Atmospheric Administration (NOAA), einer amerikanischen Bundesbehörde, die sich unter anderem mit der Beurteilung und dem Schutz der Meeres- und Atmosphärenressourcen befasst, weltweit als führend im Bereich nachhaltiger Meeresfrüchte. Sie überwachen die Fischbestände, setzen Fanglimits und gewährleisten die Einhaltung des Magnuson-Stevens Act, dem Hauptgesetz, das die Meeresfischerei in den USA reguliert.
Fischarten in internationalen Gewässern sind nicht so geschützt wie die in den Vereinigten Staaten. Lianne Won-Reburn, Online Marketing Managerin der Marshallberg Farm, einer nachhaltigen Störfarm in North Carolina, erklärte gegenüber der Epoch Times: „Es gibt 27 Störarten weltweit, die meisten davon sind stark bedroht. Eine aus China ist offiziell aufgrund von Überfischung ausgestorben.“
Die globale Nachfrage nach Luxusprodukten kann zur Überfischung begehrter Arten, wie zum Beispiel des russischen Störs oder des pazifischen Blauflossen-Thunfischs, führen. Zuchtmethoden erlauben es, diese Arten nachzuzüchten, was den Druck auf die aquatischen Ökosysteme mindert. Dennoch kann es mehrere Jahre dauern, bis die Fische ausgewachsen sind.
Die Zucht von Meeresfrüchten im Labor erfordert nicht die lange Wartezeit, die bei der traditionellen Fischzucht anfällt. Laut der Website von Wildtype benötigt die Aufzucht von Lachs in Sushi-Qualität etwa vier bis sechs Wochen. Dies ist deutlich schneller als die natürliche Reifung von lebenden Lachsen. Da die im Labor gezüchteten Zellen kontinuierlich wachsen können, behauptet Wildtype, sie könnten Millionen Pfund Meeresfrüchte produzieren, ohne einen weiteren Fisch zu benötigen.
Nachhaltig, aber nicht umweltfreundlich?
Obwohl im Labor gezüchtete Meeresfrüchte als nachhaltige Alternative propagiert werden, haben Studien gezeigt, dass die Produktion von Laborfleisch tatsächlich erheblich weniger umweltfreundlich ist als herkömmliche Viehzucht. Dies ist hauptsächlich auf das Nährmedium zurückzuführen, das zum Zellwachstum benötigt wird.
Obwohl Fisch- und Schalentierzellen unterschiedliche Anforderungen an ihr Wachstum haben, gibt es noch keine Informationen darüber, ob auch Meeresfrüchte aus dem Labor ähnliche negative Umweltauswirkungen wie Laborfleisch haben könnten.
Neben den möglichen Umweltauswirkungen gibt es auch andere große Bedenken in Bezug auf im Labor gezüchtete Meeresfrüchte.
Bedenken bezüglich im Labor gezüchteter Meeresfrüchte
Die Wahrnehmung von im Labor gezüchteten Produkten ist weltweit gemischt. Die Kennzeichnung solcher Produkte sowie Fragen der Sicherheit, des Nährwertes und der Kosten beeinflussen maßgeblich, wie sie von Konsumenten aufgenommen werden.
- Sicherheit: Im Labor hergestellte Meeresfrüchte könnten eine Möglichkeit darstellen, die Aufnahme von Schwermetallen wie Quecksilber zu verhindern. Dennoch stellt die Gewährleistung einer sterilen Produktionsumgebung, besonders bei industrieller Fertigung, eine bedeutende Herausforderung dar.
- Nährwert: Trotz der Innovationen im Bereich laborgezüchteter Meeresfrüchte besteht Skepsis bezüglich ihres Nährstoffgehalts. Die Hersteller dieser Produkte müssen sicherstellen, dass ihre Erzeugnisse ähnliche gesundheitliche Vorteile wie traditionelle Meeresfrüchte bieten, um die Akzeptanz beim Endkunden zu gewährleisten.
- Kennzeichnung: Die Kennzeichnung solcher Produkte ist ein Anliegen, das den Käufern am Herzen liegt. Sie wollen genau wissen, was sie erwerben. Allerdings bleibt noch unklar, wie Produkte aus Zellkulturen gekennzeichnet werden sollten.
- Kosten: Die Kosten stellen weiterhin eine Hürde für die großangelegte Produktion von zellbasierten Meeresfrüchten dar.
Aryé Elfenbein, Mitbegründer von Wildtype, erklärte in einem Interview mit „Insider Science“, dass „ein paar Stücke Nigiri-Sushi heutzutage wahrscheinlich etwa 36 bis 46 Euro kosten würden“, womit er sich auf die Produktionskosten des in seinem Unternehmen gezüchteten Lachses bezog.
In einer kürzlich durchgeführten Verbraucherakzeptanzstudie aus den Niederlanden gaben 58 Prozent der Teilnehmer an, dass sie bereit wären, für zellbasiertes Rindfleisch einen Aufpreis von 37 Prozent gegenüber herkömmlichem tierischen Rindfleisch zu zahlen. Ob diese Einstellung auch für im Labor gezüchtete Meeresfrüchte und für US-Verbraucher gilt, bleibt noch zu klären.
Die Zukunft von im Labor gezüchteten Meeresfrüchten hängt nicht zuletzt von der Entwicklung herkömmlicher Fischerei und der Nachhaltigkeit von Zuchtfisch ab. Doch bis Fragen zur Sicherheit, zum Nährwert und zur Kosteneffizienz geklärt sind, bleibt der Markt für aus Fischzellen produzierte Meeresfrüchte ungewiss.
Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „From Lab to Plate: The Future of Cell-Based Seafood“ (deutsche Bearbeitung kr)
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