Versteckte Abfallberge hinter Supermärkten und Drogerien?

Transportverpackungen machen laut NABU fast 30 Prozent des gesamten Verpackungsmülls aus. Der Naturschutzbund fordert weniger Einwegverpackungen und möchte, dass das Problem in den Fokus der Politik rückt.
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Sieht es so hinter Ihrem DM-Drogeriemarkt aus?Foto: iStock
Von 20. November 2022

Transportverpackungen haben nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen, meint der Naturschutzbund NABU, denn fast ein Drittel des gesamten Verpackungsmülls in Deutschland falle bereits vor den Kassen von Supermärkten, Drogerien und sonstigem Einzel- und Großhandel an.

Aus einer Studie, die die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung im Auftrag des NABU erstellt hat, geht hervor, dass die sogenannten Transportverpackungen mit 5,5 Millionen Tonnen im Jahr knapp 30 Prozent des Verpackungsverbrauchs ausmachen.

Transportverpackungen werden eingesetzt, um Waren aus der Produktion oder dem Lager in den Einzel- und Großhandel zu transportieren. Es sind größtenteils Einwegverpackungen, gut zwei Drittel sind aus Papier, Pappe und Karton (PPK).

Der Naturschutzbund sieht hier eine riesige Ressourcenverschwendung vorliegen, denn für die Herstellung der PPK-Verpackungen werden nicht nur Altpapier, sondern auch etwa 600.000 Tonnen Primärmaterial eingesetzt. „Um den Bedarf an Transportverpackungen aus Pappe und Karton decken zu können, wird jedes Jahr Holz von umgerechnet etwa 1,2 Millionen Stämmen Nadelholz benötigt. Dies entspricht einer Fläche von knapp 7.500 Fußballfeldern. Solch eine Verschwendung können wir uns angesichts knapper Ressourcen und der großen Bedeutung von Wäldern als CO₂-Senker nicht mehr leisten“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Transportverpackungen laufen bislang unter dem Radar. Dies muss sich ändern, sie gehören endlich in den Fokus von Politik und Wirtschaft.“

Sechsmal so viel Transportverpackung wie Produktverpackung

Die meisten PPK-Transportverpackungen sind sogenannte Regalkartonagen, in denen Produkte direkt im Regal angeboten werden können. 70 Prozent der Regalkartonagen werden für den Transport von Lebensmitteln eingesetzt. In der Studie wurde am Beispiel von vier Produktgruppen (Cerealien, Tiefkühlgemüse, Teigwaren und Schokolade) der Verbrauch von Transport- und Produktverpackung miteinander verglichen. „Auf dem Weg einer 500-Gramm-Nudelverpackung aus Kunststoff von der Herstellung bis in den Einkaufswagen entsteht gut 85 Prozent des gesamten Verpackungsabfalls. Das bedeutet, dass für den Transport der Nudeln knapp sechsmal so viel Verpackungsabfall anfällt wie für die Produktverpackung selbst“, so Miller.

Die beste Lösung seien demnach wiederverwendbare Mehrwegkisten. Dies sei bereits gängige Praxis für Warengruppen wie Obst und Gemüse, Back- sowie Fleischwaren.

Epoch Times hat bei den Drogeriemärkten Rossmann und DM sowie den Lebensmittelketten Aldi und Edeka nachgefragt, wie es dort um die Müllberge bestellt ist.

ALDI erklärt, dass 2021 mehr als die Hälfte der Obst- und Gemüseartikel in Mehrwegkisten anstelle Kartons in die Filialen geliefert wurden. Das habe im vergangenen Jahr etwa 41.000 Tonnen Verpackungsmaterial eingespart.

Was Verpackungen allgemein betrifft, erklärt ALDI weiter:

„Gemeinsam mit ALDI Nord konnte ALDI SÜD 2021 seine Verpackungsmenge gegenüber dem Basisjahr 2015 um mehr als 145.000 Tonnen verringern. Wenn nicht auf Verpackungen verzichtet werden kann, optimiert das Unternehmen das Verpackungsmaterial und hat sich dafür ambitionierte Ziele gesetzt: Bis Ende 2025 sollen alle Kunststoffverpackungen der ALDI Eigenmarken aus durchschnittlich mindestens 30 Prozent recycelten Materialien bestehen. Gleichzeitig möchte ALDI SÜD den Einsatz von Virgin-Kunststoff um 40 Prozent reduzieren (im Vergleich zum Basisjahr 2020).“

Rossmann bezieht sich nicht direkt auf Transportverpackungen, sondern gibt allgemein Auskunft über seine Abfallverwertung:

„In unseren neun regionalen Entsorgungszentren werden jährlich über 50.000 Tonnen Abfälle und Wertstoffe verarbeitet und über zertifizierte Entsorgungs- und Umweltdienstleister nahezu vollständig der stofflichen Verwertung zugeführt. Den größten Posten dabei machen Kartonagen und Papier aus.“

Weiter heißt es: „Nur knapp sieben Prozent des jährlichen Abfalls, der bei ROSSMANN anfällt, ist Plastik. Um die Wertstoffe bestmöglich zu recyclen, ist jeder Lagerstandort mit mindestens einer Kanalballenpresse ausgestattet. In der Presse wird das sortenrein getrennte Material verdichtet und zu einem Ballen für die Weiterverwertung komprimiert. Das Ziel dabei ist es, möglichst viele Wertstoffe, die bereits im Umlauf sind, der Kreislaufwirtschaft zurückzuführen. Seit 2018 setzten wir aus eben diesem Grund auf Recyclingmaterial für alle Kartonagen, die zur Rückführung von Wertstoffen und Abfällen aus den Filialen verwendet werden.“

Mehrweganteil bei Transportverpackungen bei lediglich 13 Prozent

Gegenwärtig liegt der Mehrweganteil bei Transportverpackungen bei lediglich 13 Prozent. Die Studie zeigt bei Obst und Gemüse, Backwaren, Eier, Cerealien, Tiefkühlgemüse und Tafelschokolade, dass es bereits nach drei bis sechs Umläufen einer Mehrwegkiste zu Materialeinsparungen gegenüber der Einweg-Alternative aus PPK kommt. Mehrwegkisten für Obst und Gemüse durchlaufen bereits heute 35 Umläufe und mehr, was über 90 Prozent Verpackungsmaterial gegenüber Einweg einspart.

„Die bestehenden Mehrwegsysteme müssen weiter ausgebaut und neue Systeme hersteller- oder händlerübergreifend entwickelt werden“, fordert Dr. Michael Jedelhauser, NABU-Referent für Kreislaufwirtschaft. „Der Gesetzgeber sollte den ökologischen Vorteil von Mehrweg honorieren und gezielt fördern – etwa durch eine steuerliche Besserstellung von Mehrweg oder einer Verteuerung von Einweg.“

Insgesamt Abfallmenge von Verpackungsmaterial verringert

Insgesamt hat sich jedoch die Abfallmenge von Verpackungsmaterial in Deutschland seit 1991 verringert. Wie eine weitere Studie von 2022 der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung zeigt, konnten 2020 in Deutschland durch verringerten Materialeinsatz 92 Prozent beziehungsweise 1,6 Millionen Tonnen des konsumbedingten Verpackungsmehraufwands im Vergleich zu 1991 eingespart werden. Insgesamt belaufen sich die Materialeinsparungen durch leichtere Verpackungen seit 1991 auf 23 Millionen Tonnen.

Dass der Verpackungsverbrauch im gleichen Zeitraum dennoch gewachsen ist, liegt am gestiegenen Konsumniveau und einem veränderten Konsumverhalten. Würden wir heute noch die gleiche Anzahl an Produkten konsumieren wie vor 30 Jahren, könnten wir pro Jahr auf 1,7 Millionen Tonnen Verpackung verzichten.



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