Über Psychodynamik der Kriegslust und den Weg heraus
Die Gesellschaft ist gespalten, der Weltfrieden scheint bedrohter denn je. Wie konnte es so weit kommen? Warum hat Deutschland sich für den Krieg entschieden? Und warum folgen Millionen Bürger den politischen Vorgaben ohne Widerspruch? Ein Phänomen nicht nur zu Zeiten des Ukraine-Krieges, sondern auch schon zuvor in der Corona-Zeit. Denn die Krisen und den Unfrieden befeuernden Muster sind die gleichen – und sie werden oft in der frühen Kindheit gesetzt.
Maaz‘ Motto: „Nie wieder Krieg!“
Als Psychiater, Psychotherapeut und Psychoanalytiker bezieht sich Hans-Joachim Maaz in seinem gerade erschienenen Buch in seiner Argumentation und Analyse hauptsächlich auf die entwicklungspsychologischen Bedingungen, die unter anderem zur aktuellen Kriegslust geführt haben. „Ich verstehe meine ganze bisherige publizistische Tätigkeit als im Dienste des ‚Nie wieder Krieg!‘ stehend. Teil dessen sind die psychodynamischen Analysen, was Menschen in den Krieg treibt als Befehlshaber und Soldaten beziehungsweise als todbringende Waffenlieferanten und ihre Befürworter“, so Dr. Maaz, Buchautor mehrerer Fachbücher. Von 1980 bis 2008 war er Leiter der psychotherapeutischen Klinik im Krankenhaus des Diakoniewerks in Halle/Saale.
Was sich regulär in Büchern, Interviews und Videos als Fazit am Ende oder auf den letzten Seiten wiederfindet, gewissermaßen als möglicher Lösungsansatz oder Ausweg aus dem Problem, ist für Maaz gleich der Einstieg in sein aktuelles Buch. Ganz so, als gäbe es für den mittlerweile 80-Jährigen beim Betrachten der gesellschaftlichen Schieflage keine Zeit mehr zu verlieren.
Fahrplan für eine bessere Gesellschaft
Er bietet direkt auf den ersten Seiten einen kurzen Katalog konkreter Maßnahmen an, um das Ruder einer Gesellschaft auf Kriegspfaden in Richtung Friedensfähigkeit herumzureißen. Oder wie der Frühtraumatisierung vieler Kinder, die sich später in eine normopathische Gesellschaft auswächst, entgegengewirkt werden kann. Der von Maaz geprägte Begriff Normopathie meint eine Gesellschaft, in der das Entfremdete und Pathologische als normal empfunden werden.
Maaz nennt sechs Punkte, die es aus entwicklungspsychologischer Sicht braucht, damit sich Kinder – die Zukunft der Gesellschaft – zu friedensfähigen Menschen entwickeln können:
- Schwangerschaft und Geburt dürfen nicht von medizinischen Überlegungen und Maßnahmen dominiert werden (ausgenommen natürlich Notfälle). Sie müssen „natürlich“ ablaufen und begleitet werden.
- Die Mutter hat für das Stillen Empathie und Zeit.
- Die elterliche Frühbetreuung darf nicht traumatisierend verlaufen.
- Es darf keine zu frühe Mutter-Kind-Trennung mit Fremdbetreuung geben.
- Die Kindergartenbetreuung ist zu „enttraumatisieren“: Man muss den Einflussfaktor Gruppengröße beachten, die Qualität der Beziehung zwischen Kind und Fremdbetreuer steht im Fokus, es darf keine ideologisch-politische, moralische und sexuelle Beeinflussung geben.
- Die Schulbildung ist grundsätzlich zu reformieren: Statt Leistungs- und Konkurrenzdruck braucht es Beziehungskultur, soziale Bezogenheit, systemisches und ganzheitliches Denken.
- Gefühlskunde muss auf den Lehrplan; als selbstverständliche Kompetenz für alle Menschen, besonders für jene, die später in der Verantwortung stehen: Eltern, Erzieher, Lehrer, Experten, Journalisten und Politiker.
Da, wo andere Bücher mit einer To-do-Liste wie dieser wahrscheinlich enden würden, startet Maaz in seine spannende Analyse und rollt – ganz ohne Fachchinesisch – die Grundlagen für die momentan allgegenwärtige Kriegswilligkeit aus, klar verständlich, leicht lesbar und logisch nachvollziehbar.
Dreh- und Angelpunkt sind die Kinder
„Normopathische Gesellschaften wie eben auch unsere gegenwärtige narzisstische finanzkapitalistische Gesellschaft müssen früher oder später in eine bedrohliche Krise kommen, weil sie ‚falsches Leben‘ sind“, schreibt Maaz.
Wie kommt es also zu dieser normopathischen Gesellschaft, in der das Pathische, Kranke, nicht mehr als Störung realisiert, sondern für normal gehalten wird, nur weil eben eine Mehrheit in gleicher Weise denkt beziehungsweise fühlt und handelt? Wie kann es sein, dass ehemals Friedensbewegte ungeniert und ohne Unrechtsbewusstsein nach Waffen rufen oder Andersdenkende ausgrenzt werden? Warum folgen die Massen willig totalitären Forderungen und Maßnahmen?
Unbewusst über Generationen weitergegeben
Maaz gibt wesentliche Punkte zur Erklärung: Einer ist die individuelle Beeinflussung eines Kindes in den frühen Jahren. Dabei meint er die ersten drei Lebensjahre, die prägend für die Festlegung der Persönlichkeit sind. Wenn also Kinder während dieser Phase verletzt oder traumatisiert werden oder harmloser ausgedrückt: Wenn sie von sich entfremdet werden in dem Sinne, dass sie nicht erfahren, dass sie „gut“ oder gewollt sind, sondern dass sie nur dann Liebe beziehungsweise Berechtigung bekommen, wenn sie Normen und Erwartungen erfüllen.
Betrifft diese Entfremdung viele Kinder, wird die individuelle Entfremdung zum Massenphänomen. Das führt dann automatisch kollektiv zu einer Fehlentwicklung (in) der Gesellschaft. Entfremdete Kinder werden im Erwachsenenleben immer auch eine gesellschaftliche Fehlentwicklung gemäß ihrer Störung ausbilden wollen. So sorgen sie für eine Störung und Entfremdung der nächsten Generation in gleicher Weise.
Kriegslust – Mutters Schuld und Vaters Werk?
Maaz dekliniert in seiner Analyse die negativen und positiven elterlichen Beziehungen durch: Mutterbedrohung, Mutterbesetzung, Muttermangel, Muttervergiftung, Vaterterror, Vatererpressung, Vaterflucht, Vatermissbrauch. An der Stelle des Buches gleicht man automatisch seine eigenen, gefühlten Defizite der Kindheit ab. Im besten Fall stellt sich nach persönlichem Erkenntnisgewinn schon Erleichterung ein. Wie etwa nach einer psychologischen Intervention, einfach weil „das Kind so einen Namen bekommt“. Damit wird sichtbar, was verhindert, Frieden im eigenen Leben einkehren zu lassen.
Wenn ein Mensch nun in der frühen Entwicklung Mutterbedrohung erlebt hat in dem Sinne, dass die Mutter das Kind nicht wirklich wollte, so begründen diese frühen Kränkungen, Traumatisierungen und Beziehungsdefizite einen Gefühlsstau. Man kann sich als Kind nicht richtig wehren und das hat zur Folge viel – nach Maaz berechtigte – Empörung und wiederum Einschüchterung.
Das Kind fühlt sich bedroht und daraus wird: Das Leben ist bedroht. Diese frühkindliche Traumatisierung kann dann wie in der aktuellen Lage beim Ukraine-Krieg reaktiviert werden, wenn wieder eine Bedrohungslage vermittelt wird. Ein solch frühkindlich geprägter Mensch ist sehr viel anfälliger, in den Krieg ziehen zu wollen –stellvertretend. Das kann zu Kriegslüsternheit führen, nach dem Motto: „Jetzt kann ich endlich den Gefühlsstau aus früher Traumatisierung an einem Feindbild abreagieren.“
Der Gefühlsstau findet sein Ventil
Kurz gesagt: Die Herrschaft über die Kinderschuhe entscheidet, ob man später willfährige Mitläufer oder autonome Persönlichkeiten hat; ob man sich der Feindseligkeit (Belliphilie) verschreibt mit ihrer Auswirkung der Kriegslust oder ob auf der persönlich-emotionalen Ebene Friedensfähigkeit (Paziphilie) möglich wird.
Traumatisierte Kinder sind leichter zu manipulieren und Erwachsene, die ihre Traumatisierungen unter dem Deckel halten, erst recht zu instrumentalisieren. Die aktuelle Realität einer politisch-ideologischen Kindesmisshandlung ist für Maaz die entscheidende Brutstätte für spätere Belliphilie. Eine normopathische Gesellschaft setzt diese Gefühlsabwertung zur Aufrechterhaltung autoritärer oder manipulativer Macht fort.
Krieg im Außen und Innen: Konzept der organisierten Panik als Herrschaftskonzept
Maaz streift in seiner Analyse, immer vom Psychologischen ausgehend, die aktuell brennenden Themen von Finanzen bis zur Migration, die Klimaangst und das Jugendphänomen Klimakleber bis hin zur gesellschaftlichen Umgestaltung, dem Great Reset. Laut Maaz ist Krieg letztlich ein Zeichen, ein Symptom für die Krise dieser Gesellschaft, in der Hass, Denunziation oder der unbewusste Wille, Feinde zu machen, wachsen. Das passiert, weil in der Krise die Kompensationsmechanismen Ablenkung und Konsum nicht mehr in dem Maße wie vorher zur Verfügung stehen.
Wir Menschen, die oft einfach nur ihren Lebensweg gehen wollen, sind gewissermaßen Opfer einer solchen Krise der Gesellschaft. Das Problem dabei ist: Wir sind aber auch Täter, wir sind ja beteiligt, wir haben alles mitgemacht und deshalb ist es so schwer, so Maaz, dieses Thema wirklich anzugehen.
Aus Angst vor dem Sterben wird das Sterben im großen Stil organisiert
Psychiatrisch gesehen ist es eine erschreckende Wahnsymptomatik, wenn aus Angst vor dem Sterben das Sterben intensiv organisiert wird, schreibt Maaz. „Dabei wird Angst hocheffektiv und erfolgreich inszeniert, wenn ein unsichtbarer Feind, der überall lauert (Virus), eine globale Bedrohung (Klima) und das absolut Böse (Putin und die Russen) zur tödlichen Gefahr aufgebaut werden. Da sehnt man sich nach Schutz und macht „Impfung“, CO₂-Reduktion und Waffenlieferungen zur vermeintlichen Lebensrettung um jeden Preis mit.“
Die gute Nachricht: Jeder kann etwas tun
Während der Lektüre wird klar, wer in der Gesellschaft am dringendsten eine Therapie bräuchte: eigentlich die Gesellschaft als solche natürlich.
Da sind aber nicht unbedingt nur die üblichen Verdächtigen, die auffälligen Protagonisten des Kriegs-, Krisen- und Corona-Desasters. Es ist vor allem jeder selbst. Jeder Einzelne kann wirksam werden, indem die eigenen Themen und Traumatisierungen ins Bewusstsein geholt und bestenfalls bearbeitet werden.
Denn auch das ist eine Erkenntnis, die man aus dieser flott, gängig und sogar unterhaltsam geschriebenen Analyse ziehen kann: Man kann etwas tun. Jeder Einzelne kann einen Beitrag für eine heilere Zukunft leisten, indem er Heilung für sich selbst sucht – ob beim Therapeuten oder seinen Frieden macht und sein Leben aufräumt. Frieden in einem selbst ist der erste Schritt zur kollektiven Friedensfähigkeit. Bewusstmachung ist der zweite Schritt. Damit stellt sich jeder Einzelne seiner eigenen Verantwortung – letztlich auch für den Frieden.
Demokratie muss anders gehen!
Und am Ende, in den letzten Sätzen seines Epilogs, wird Maaz noch einmal konkret und stellt „zwei wesentliche Forderungen für die Gesellschaftsentwicklung zu einer wahren Demokratie“ auf: Eine betrifft die Kleinsten, die Zukunft der Gesellschaft. Und eine betrifft diejenigen, die die Gesellschaft konkret in die aktuelle Lage manövriert haben:
1.) Die optimale Frühbetreuung der Kinder muss absolute Priorität haben, damit wesentlich weniger Selbstentfremdung durch Frühtraumatisierung geschieht. Potenzielle Kriegslust kann so verhindert oder wesentlich eingeschränkt werden. Friedensfähigkeit und damit innerseelische Demokratie können sich dann entwickeln.
2.) „,Politiker‘ muss zwingend zu einem erlernbaren Beruf mit Ausbildung auf akademischem Niveau mit Abschlussprüfung und Eignungsprüfung erhoben werden. Es darf keine Demokratie-Spieler mehr geben, die sich im undurchsichtigen narzisstischen Gerangel an die Macht bringen oder von „höheren Mächten“ entsprechend an die Macht gehievt werden. […] Es braucht Politiker als ausgebildete und geprüfte Fachleute für das politische Geschäft. Für entsprechende Fachkompetenz sollte es eine entsprechende Weiterbildung geben, wie in der Medizin zu den Facharztbereichen. […] Die Parteiendemokratie erweist sich gegenwärtig als zumindest obsolet, wobei eine große Gefahr erkennbar wird, dass nicht mehr Sachverstand, sondern Ideologie regiert. Die Geschichte hat uns gelehrt, wie groß die Gefahr ist, dass politische Führungspersönlichkeiten aus ihrer Selbstentfremdung und Psychopathologie menschenfeindliche bis verbrecherische Entscheidungen zu verantworten haben. Deshalb ist der Weg an die Macht grundsätzlich neu zu gestalten und zu sichern, dass eine innerseelische Demokratiefähigkeit bei Führungspersönlichkeiten gegeben ist.“
Für die nach Antworten Suchenden
Die Gesellschaft sollte auf den „alten weisen Mann“ Dr. Maaz hören oder sein Buch lesen und es am besten zur Pflichtlektüre machen.
Das Lesen der gut 200 Seiten von „Friedensfähigkeit und Kriegslust“ vergeht wie im Flug – und hallt nach. Das Buch ist für jeden geeignet und besonders für diejenigen, die in dieser Zeit Antworten darauf suchten, wie wir als Gesellschaft an diesen Punkt gekommen sind.
Antworten, die von Regierungen und Verantwortlichen nicht zu bekommen sind, zu denen getrost auch die Mainstream-Medien gezählt werden können. „Friedensfähigkeit und Kriegslust“ von Dr. Hans-Joachim Maaz ist im September im Berliner Timme Verlag erscheinen und hier bestellbar.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion