Streit um Masernimpfung: OVG Münster unterstreicht Nachweispflicht für Schülerin

Seitdem die Impfung gegen Masern ins Infektionsschutzgesetz aufgenommen wurde, geraten Eltern, die ihre Kinder einer solchen nicht aussetzen wollen, immer wieder mit Behörden in Konflikt. In einem aktuellen Fall aus Nordrhein-Westfalen liegt nun eine Entscheidung hinsichtlich des eingereichten Eilverfahrens vor.
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Bei einer Masernimpfung wird in Deutschland immer ein Kombipräparat verabreicht.Foto: Astrid860/iStock
Von 3. August 2024

Eltern einer Grundschülerin, die einen Eilantrag gegen die Nachweispflicht zur Masernimmunität eingereicht haben, sind mit ihrem Begehr im Rahmen eines Eilverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster nicht durchgedrungen. Der 13. Senat wies ihre Beschwerde als unbegründet zurück.

Laut Infektionsschutzgesetz müssen Schüler einen ausreichenden Masernimmunitätsschutz oder eine Impfunfähigkeit nachweisen. Tun sie das nicht, droht ihnen häufig ein Zwangsgeld, wie im Fall aus Schieder-Schwalenberg, gelegen im Kreis Lippe in NRW.

Mit Bescheid vom 22. September 2023 wurden die Eltern einer Grundschülerin unter Androhung eines Zwangsgeldes von 500 Euro aufgefordert, einen Nachweis hinsichtlich der Masernimpfung oder Kontraindikation für ihre Tochter zu erbringen. Die Eltern zogen vor Gericht. Sie stützten sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2022, wonach „den für die Ausübung der Gesundheitsvorsorge zuständigen Eltern im Ergebnis ein relevanter Freiheitsraum“ zu verbleiben habe. Das Kind in jenem Prozess war jedoch jünger als das eigene und noch nicht schulpflichtig.

In der Begründung des Gerichts hieß es damals: „Sorgeberechtigte Eltern können auf eine Schutzimpfung des Kindes verzichten. Dann müssen sie allerdings den Nachteil in Kauf nehmen, dass sie eine andere Form der Kinderbetreuung (bspw. in der nicht erlaubnispflichtigen Tagespflege) finden müssen.“

Zwangsgeld schafft „faktische Impfpflicht“

Die Eltern aus Schieder-Schwalenberg stellten in ihrem Antrag die Verfassungsmäßigkeit des Infektionsschutzgesetzes infrage. In Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2022 laufe die Pflicht zum Nachweis der Masernimmunität auf eine verfassungswidrige faktische Impfpflicht für Schüler hinaus, argumentierten sie.

Sowohl das Verwaltungsgericht Minden als auch das OVG Münster vermochten dieser Sichtweise der Eltern jedoch nicht zu folgen. Das OVG Münster sah keine „durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken“ und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Anwältin: Hauptsacheverfahren ist abzuwarten

Die Rechtsanwältin der Eltern, Ellen Rohring, teilte hierzu gegenüber Epoch Times mit:

„Ich halte die Entscheidung natürlich für falsch, da somit über Zwangsgelder eine faktische Impfpflicht geschaffen werden könnte und den Eltern der vom Bundesverfassungsgericht statuierte Freiheitsraum (Entscheidung zu Vorschulkindern) genommen würde.“

Es gebe aber kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OVG Münster, sodass nun das Hauptsacheverfahren abgewartet werden müsse.

Masern-Status auf dem Weg zur Elimination

Das Infektionsschutzgesetz wurde mit dem Ziel der Ausrottung von Masern sowie dem Schutz vulnerabler Personen, die sich nicht selbst impfen lassen können, erlassen und trat zum 1. März 2020 in Kraft. Ausweislich des Gesetzentwurfs vom 23. September 2019 (Drucksache 19/13452) sollte die Durchführung der Masernimpfung jedoch grundsätzlich „freiwillig“ sein. „Sie kann nicht durch unmittelbaren Zwang durchgesetzt werden“, besagt der Gesetzentwurf.

Wie aus einem vom Robert Koch-Instituts vorgestellten Bericht der Nationalen Verifizierungskommission Masern/Röteln (NAVKO) für das Jahr 2022 hervorgeht, wurde unter Berücksichtigung der Datenlage festgestellt, „dass es in Deutschland im Jahr 2022 sowohl bei den Masern als auch bei den Röteln keine endemische Transmission gab“. Mit anderen Worten: Es sind keine kontinuierlichen Infektionsketten der Masern über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten aufgetreten.

Laut RKI sieht es die NAVKO aufgrund der vorgelegten, insbesondere molekularischen Daten sogar als erwiesen an, „dass die endemische Transmission seit 2019, höchstwahrscheinlich aufgrund einer steigenden Immunität in der Bevölkerung durch Umsetzung der STIKO-Empfehlungen, anhaltend unterbrochen sei“.

Auch aus dem Epidemiologischen Bulletin des RKI vom 11. April 2024 ging hervor: „Es gibt aktuell in Deutschland keinen Hinweis auf eine endemische Transmission der Masern.“

Das RKI teilte weiter mit: „Deutschland hat von der WHO für das Jahr 2022 erstmals den Status der Unterbrechung der endemischen Transmission der Masern erhalten. Die kurzen Infektionsketten deuten auf eine hohe Immunität in der Bevölkerung hin, die die Masernausbreitung mittlerweile deutlich erschwert.“ Damit habe Deutschland einen wichtigen Schritt „auf dem Weg zur Masernelimination getan“.

Um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen und dann auch aufrechtzuerhalten, müssten Maßnahmen ergriffen werden, um „bestehenden Immunitätslücken so schnell wie möglich zu schließen“. Das gelte insbesondere für die Altersgruppe der zwei- bis vierjährigen Kinder – also jenen Personengruppe, deren berufstätigen Eltern auf eine Kinderbetreuung angewiesen ist.

 



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