Strafunmündige auf Beutezug: Kriminelle Kinder im Visier der Ermittler

In Deutschland nehmen Einbrüche und Überfälle durch strafunmündige Minderjährige zu. Könnte eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters die Lösung sein?
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Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt. Ist der Täter jedoch unter 14 Jahre alt, kann er nicht strafrechtlich verfolgt werden (Symbolbild).Foto: JackF/iStock
Von 21. Juli 2024

Vom Hals gerissene Goldketten, Sonnenbrillen, Handys und noch mehr. Immer öfter kommt es zu Einbrüchen oder Überfällen durch Minderjährige, die noch keine 14 Jahre alt.

Da sie nicht strafmündig sind, drohen ihnen keine strafrechtlichen Konsequenzen. Eine Herabsenkung des Alters der Strafmündigkeit wird bereits kontrovers diskutiert.

Einbrüche in Norderstedt

In Norderstedt bei Hamburg kam es am 16. Juli zu mindestens fünf Einbrüchen in der Zeit zwischen 6:00 und 10:00 Uhr. Ein Jugendlicher (16) und ein Kind (11) konnten vorläufig festgenommen werden. Der 16-Jährige wurde dem Haftrichter vorgeführt.

Wie die Polizeidirektion Bad Segeberg mitteilte, hatten die beiden Minderjährigen bei den Einbrüchen kein Werkzeug dabei und mussten auch keine Gewalt anwenden, um in die Wohnungen zu gelangen.

„In allen Fällen reichte es offenbar entweder Fliegengitter zu entfernen, um dann in die Häuser einzusteigen, oder die gekippten Fenster oder Dachfenster, die nicht verriegelt waren, vollständig zu öffnen, um in Wohnungen oder Häuser zu gelangen“, so die Polizei.

Bei zwei der jüngsten fünf Einbrüche blieb es aber bei einem Versuch, weil die Täter gestört wurden. In einem Fall ging der entwendete Schmuck auf der Flucht fast vollständig verloren und konnte später der Eigentümerin zurückgegeben werden.

„Die Tatverdächtigen wurden mehrfach bei den versuchten Tatausführungen gehört und gesehen. In einem Fall konnten beide sogar fotografiert werden“, schildert die Polizei in ihrer Meldung. Durch umsichtige Zeugen sei umgehend der Notruf gewählt und die Polizei über die gegenwärtigen Einbrüche informiert worden, sodass sie in Gewahrsam genommen werden konnten.

„Beide Personen sind der Polizei bereits wegen ähnlicher Straftaten bekannt“, schildert die Polizei.

Zehnköpfige Jugendbande aus Hamburg ermittelt

Laut „Bild“ gehören die beiden Flüchtlingskinder zu einer Jugendbande aus Hamburg. Beide sind im Kinder- und Jugendnotdienst in Hamburg untergebracht, wo weitere Mitglieder der zehnköpfigen Bande wohnen sollen.

Auffällig sei, dass der Elfjährige aus Marokko bei den Diebeszügen immer dabei sei, während die älteren Komplizen in sicherer Entfernung Schmiere stehen. Mehr als 100 Mal sollen Jugendbetreuer den Jungen bei der Polizei als vermisst gemeldet haben, seitdem er im November 2023 nach Deutschland kam; 70 Mal wurde er von der Polizei geschnappt.

Auf die Frage, wie ein Elfjähriger immer wieder aus einem Jugendheim flüchten und kriminell werden könne, äußerte sich die Sozialbehörde laut „Bild“ nicht. Ein Sprecher begründete dies mit Datenschutz.

Wie „Bild“ berichtet, befindet sich der Elfjährige wie in der Vergangenheit wieder auf freien Fuß, während sein älterer Komplize in Untersuchungshaft sitzt.

13-Jährige randalieren im Zug

In Mecklenburg-Vorpommern haben nach Polizeiangaben am 18. Juli drei 13-Jährige in einem IC am Bahnhof Bützow Reisende und Bahnmitarbeiter verletzt. Auslöser sei eine Fahrkartenkontrolle in dem Zug von Warnemünde nach Leipzig gewesen. Die zwei Jungen und das Mädchen wurden bei ihrer Flucht von einem Zugbegleiter und einer Bahnmitarbeiterin zunächst gestoppt, wehrten sich dann aber mit Schlägen und Tritten.

Die Jungen konnten sich losreißen und den Zug per Notfallentriegelung am Bahnhof verlassen. Von außen bewarfen sie die Erwachsenen mit Schottersteinen, um das noch festgehaltene Mädchen zu befreien. Anschließend flohen die drei. Die Bahnmitarbeiter mussten ihren Dienst abbrechen, es kam zu einer über einstündigen Zugverspätung.

Die Polizei fand die Kinder am Abend nach einem Zeugenhinweis in der Lagerhalle gegenüber dem Bahnhofsgebäude. Dort zündelten sie an Holzpaletten und hatten offenbar Graffitis geschmiert. Laut Polizei waren die Jungen gegenüber den Beamten „sehr aufgebracht und aggressiv“ aufgetreten und hätten diese beleidigt.

Die Polizei hat nun wegen Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Einbruchsdiebstahl und Brandstiftung Ermittlungen eingeleitet. Die aus Berlin stammenden Kinder wurden dem Jugendamt übergeben.

Halskettenraubüberfälle in Köln

Seit Wochen beschäftigt die Polizei eine Reihe von Überfällen, bei denen den Opfern die Halsketten entwendet wurden. Unter ihnen war ein 67-Jähriger, dem am 12. Juli in einem Geschäft seine Goldkette von hinten abgerissen wurde.

Zeugen hielten den Täter bis zum Eintreten der Polizei fest. Es soll sich um einen mutmaßlich 13 Jahre alten Jungen handeln. Da der Angreifer nach Einschätzung der Beamten „deutlich älter“ wirkte, wird nun ein Altersgutachten eingeholt.

Die Ermittlungen der Polizei führten zu einer Jugendherberge, in der alleinreisende Minderjährige aus Nordafrika untergebracht und betreut werden. Dorf fand am 17. Juli eine Durchsuchung unter Mitwirkung von Polizei, Jugend- und Ausländeramt statt, wo die Ermittler acht mutmaßlich aus Diebstählen stammende Goldketten, eine hochwertige Brille, eine geringe Menge Marihuana und fünf Handys sicherstellte.

„Ein Heranwachsender leistete bei der Kontrolle erheblichen Widerstand. Unter der Matratze eines jugendlichen Bewohners fanden die Polizisten ein verbotenes Einhandmesser“, so die Ermittler.

Vandalismus in Oberhausener Kita

Etwas länger liegt eine Vandalismusserie in Oberhausen zurück. Wie im Oktober vom WDR berichtet wurde, waren Kinder aus purer Langeweile während der Sommerferien in Schulen und Kitas eingebrochen. Die Räume wurden verwüstet und falls sie Geld fanden, nahmen sie es mit, um sich an einem Besuch auf der Kartbahn oder Fast Food zu erfreuen.

Nach Zeugenhinweisen konnte die Polizei fünf Kinder auf frischer Tat ertappen – alle polizeibekannt. Insgesamt wurden zwölf Jungen ermittelt, elf davon waren nicht strafmündig.

Der Leiter des Jugendkommissariats, Ralf Weyer, zeigte sich besorgt, „weil die meisten nicht sehr beeindruckt waren von den polizeilichen Maßnahmen“. Keiner hatte ein schlechtes Gewissen.

Muss die Altersgrenze gesenkt werden?

Die Tendenz, dass die Täter immer jünger werden, sorgt für Diskussionen, ob das Alter für Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre gesenkt werden soll. Dafür spricht sich der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigesellschaft, Rainer Wendt, laut BR ein.

„Man muss alle Möglichkeiten nutzen, um auf Kinder einzuwirken und eine Verhaltensänderung langfristig zu erreichen“, sagte er gegenüber dem Sender in einem Interview im April 2024. Das bedeute jedoch nicht, dass sie ins Gefängnis kommen. Der Erziehungsgedanke müsse im Vordergrund stehen.

„Wenn die Justiz keine Handhabe hat, sich mit diesen Kindern überhaupt auseinanderzusetzen, weil die Strafmündigkeit erst ab dem 14. Lebensjahr beginnt, verschenken wir mitunter wichtige zwei Jahre“, so Wendt.

Der Zweck einer Strafe bestehe darin, eine Verhaltensänderung zu bewirken, sagt hingegen Professor Gerd Schulte-Körne, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des LMU Klinikums München. Damit Kinder dazu in der Lage seien, müssten sie die langfristigen Konsequenzen ihrer Handlung abschätzen können, wofür eine Entwicklungsperspektive notwendig sei.

„Je jünger die Kinder sind, desto schlechter können sie die einnehmen“, so der Psychiater. Frühere Strafen bewirken nach seiner Ansicht also nicht, dass Kinder ihre Taten auch einsehen.

Gewaltkriminalität bei Kindern um 17 Prozent gestiegen

Laut polizeilicher Kriminalstatistik für das Jahr 2023 ist die Gewaltkriminalität bei Kindern unter 14 Jahren im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen, bei den Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahren um 14,4 Prozent.

Besonders stark ausgeprägt sei dieser Anstieg bei „nichtdeutschen Kindern und Jugendlichen“. Weiter heißt es in der Kriminalstatistik: „Deutschland verzeichnet aktuell eine hohe Zuwanderungsrate. Dadurch steigt die Bevölkerungszahl an und der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtgesellschaft nimmt zu. Es ist plausibel, dass sich dies auch in einer steigenden Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger ausdrückt.“

Nach Angaben des Bundeskriminalamtes ist davon auszugehen, „dass viele Schutzsuchende mehrere Risikofaktoren für verschiedene Deliktbereiche aufweisen“. Hierzu gehöre die Lebenssituation in Erstaufnahmeeinrichtungen, wirtschaftliche Unsicherheit und Gewalterfahrung.

Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2023 insgesamt 104.233 Kinder bis 13 Jahre von der Polizei als Tatverdächtige gemeldet, rund 38 Prozent davon waren Ausländer. (Mit Material der Agenturen)



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