Stefan Aust: Willkommen in der digitalen Diktatur und im Cyber War

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"GPS, das Global Positioning System, kümmert sich um unseren Navigationskurs durchs Leben. Wir googeln nicht, wir werden 'begoogelt', Tag und Nacht auf Schritt und Tritt verfolgt und röntgenologisch analysiert." Das schreiben Stafan Aust und Thomas Amman in ihrem neuesten Buch: Digitale DiktaturFoto: Cover Econ Verlag
Von 5. November 2014

Zwei Medien-Profis haben ein atemberaubendes Buch herausgebracht. DIGITALE  DIKTATUR, erschienen bei Econ.  Stefan Aust war bis 2008 Chefredakteur des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL und ist derzeit Herausgeber der WELT-Gruppe im Axel-Springer-Konzern. Thomas Ammann übernahm im Jahr 2002 die redaktionelle Leitung von SPIEGEL-TV in Berlin, ist seit 2008 selbständiger Journalist, TV-Autor und –Produzent sowie Redaktionsleiter der Agenda Media GmbH in Hamburg.

George Orwell weit überholt

„In Zeiten, da Täuschung und Lüge allgegenwärtig sind, ist das Aus-sprechen der Wahrheit ein revolutionärer Akt!“, schreibt George Orwell (1903 – 1950) in seinem visionären Roman „1984“. Orwells tragischer Held Winston Smith wusste, dass er auf Schritt und Tritt beobachtet werden konnte. Das war die einzige Sicherheit, die er in seinem Leben hatte. Man musste annehmen, dass die Gedankenpolizei überall war.

„Big Brother is watching you“. Die Orwellsche Fiktion und Vision ist inzwischen weit übertroffen. „Willkommen in der Digitalen Diktatur“ überschreiben die Autoren die 20-seitige Einleitung zu ihrem Buch.

In einem beängstigenden weltweiten Überwachungsnetz wird der Mensch als digitale Marionette einer geheimen Macht durch sein irdisches Dasein manövriert. Das Zeitalter totaler Passivität ist angebrochen: man wird geboren, erzogen, trainiert, ausgebildet, informiert, verwaltet, überwacht, benutzt und schließlich entsorgt.

GPS, das Global Positioning System, kümmert sich um unseren Navigationskurs durchs Leben. Wir googeln nicht, wir werden begoogelt, Tag und Nacht auf Schritt und Tritt verfolgt und röntgenologisch analysiert. Wir sind in der virtuellen Welt der vollkommenen Absurdität angekommen. Grauenhaft!

Zitat Seite 9: „Google kennt jeden Begriff, den Sie jemals im Internet „gegoogelt“ haben, und speichert ihn. Und mit einem Marktanteil von 95 Prozent in Deutschland weiß Google das nahezu von allen Bundesbürgern, die im Internet unterwegs sind – inzwischen seit mehr als zehn Jahren. Google-Chef Eric Schmidt drückte es so aus: ‚Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir können mehr oder weniger wissen, was du gerade denkst.‘ Aber der Konzern weiß nicht nur, was jeden Einzelnen bewegt, er weiß auch, was ganz Deutschland bewegt. Niemand sollte sich in der Sicherheit wiegen, die Eingaben seien anonym. Durch die Verknüpfung aller Merkmale ist es ein Leichtes, den jeweiligen Benutzer eindeutig zu identifizieren und ihn im Zweifel namentlich zu benennen.“

Die digitale Kommunikation hat mit enormer Geschwindigkeit die Welt verändert und bestimmt den Hochfrequenz-Rhythmus unseres Lebens. Sklaven der Algorithmiker. Wissen wir überhaupt, auf was wir uns eingelassen haben?

Zitat Seite 11: „Mit dem Smartphone tragen wir selbst den eifrigsten Spion ständig mit uns in der Tasche herum. Er sendet unter anderem permanent den Standort, liefert Mails, Fotos, persönliche Notizen und Listen aller Kontakte inklusive der dazugehörigen Daten. Ungebetenen Lauschern kann er als jederzeit an- und abschaltbares Mikrofon dienen. Und die Ortung mobiler Geräte ist eines der wichtigsten Instrumente für die Fahndung nach Zielpersonen – auch beim ‚Targeted Killing‘, dem gezielten Töten mit Drohnen, in Afghanistan oder im Irak.“

Freiheit für Daten!

Das war einmal der Schlachtruf der ersten Computerhacker. Den Kampf um unsere Bürgerrechte führen heute Netzaktivisten wie WIKILEAKS oder ANONYMOUS fort. Es tobt der Krieg um Daten (Big Data). Gekämpft wird mit Computerviren, virtuellen Bomben und ferngelenkten Waffen. Alles in der Hand von Regierungen, Geheimdiensten, Militärs und machtvollen Wirtschaftskonzernen und Finanzinstituten. Ein Wettbewerb um Datenmengen als Vernichtungsinstrument des Gegners. Datenmissbrauch um jeden Preis.

12 spannende Buchkapitel

Die Autoren beginnen jedes Kapitel mit einem Orwell-Zitat – sehr klug gemacht. Nummer 3 handelt von Edward Snowden, dem größten Geheimnisverräter aller Zeiten. Das Zitat aus „1984“ lautet: „Wenn du fühlst, dass es sich lohnt, Mensch zu bleiben, auch wenn damit absolut nichts zu erreichen ist, dann hast du sie besiegt…“ Und dann die Lebensgeschichte eines jungen Amerikaners, der unsere Welt radikal verändert hat. Am 12. Juli 2013 nahm Snowden das Asylangebot Russlands an. Seine Odyssee war damit vorerst beendet. Aber die weltweite Diskussion über die Massenüberwachung der NSA hatte gerade erst begonnen.

Die NSA agiert zunehmend nach eigenen Gesetzen; sie setzt sich ungerührt über die Interessen von Staaten und Bürgern hinweg – unterstützt von GOOGLE und anderen IT-Giganten. Stefan Aust und Thomas Ammann haben ein beklemmendes Recherche-Meisterwerk herausgebracht. Schafft sich der Mensch selbst ab?

„Das Friedensministerium befasst sich mit Krieg, das Wahrheits-ministerium mit Lügen, das Ministerium für Liebe mit Folterung und das Ministerium für Überfluss mit Einschränkungen.“  (George Orwell „1984“)

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Foto: Cover Econ Verlag

Stefan Aust

Thomas Amman

Digitale Diktatur

352 Seiten

Verlag: Econ (10. Oktober 2014)

ISBN-10: 3430201829

Euro 19,99



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