Statt Musik nur Rauschen? Erste Abschaltungen von UKW-Radios stehen fest
Das UKW-Radio gehört für viele Menschen in Deutschland seit jeher zum Alltag. Ab kommendem Jahr will mit Schleswig-Holstein das erste Bundesland den Ultrakurzwellen-Rundfunk weitestgehend abschalten. Bei vielen Radios ist das das bekannte FM(Frequenzmodulation)-Band.
Das UKW-Aus steht bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Debatte. Den neuerlichen Impuls dafür setzten Staatskanzleien und Medienbehörden aller Bundesländer, wie die „Welt“ berichtet. Sie wollen das UKW-Netz als Sendestandard langfristig abschalten.
Von UKW zu DAB+
Das analoge UKW-Frequenzband soll dann künftig vom digitalen DAB+ als neuen anvisierten Standard abgelöst werden. DAB bedeutet „Digital Audio Broadcasting“, zu Deutsch heißt das digitaler Audio-Rundfunk.
Das Plus-Zeichen (+) markiert eine Weiterentwicklung von DAB, bei der die digitale Audiokomprimierung im Vergleich zu DAB optimiert wurde, wie der Audiohersteller Hama informiert. Das soll unter anderem die Tonqualität verbessert haben.
Damit sich das digitale Radio besser durchsetzen kann, müssen es seit Dezember 2020 Radios in Neuwagen empfangen können. Nach Angaben der Verbraucherzentrale gilt eine DAB+-Empfangspflicht inzwischen auch für neue entsprechende Haushaltsgeräte mit Display.
Schleswig-Holstein macht Ernst
Die ersten Termine für die UKW-Abschaltung hat Schleswig-Holstein vorgelegt. Die für Schleswig-Holstein und Hamburg zuständige Medienbehörde MA HSH hat laut „Welt“ dieses Vorhaben bestätigt. Zunächst trifft es das UKW-Netz des Rocksenders „Radio Bob“, das am 9. April 2025 abgeschaltet werden soll. Anschließend muss „Radio Sylt“ am 17. Juli seinen UKW-Betrieb einstellen und am 23. November beendet „Delta Radio“ seine UKW-Sendung.
Aus dem analogen UKW-Band wird künftig auch der öffentlich-rechtliche „Norddeutsche Rundfunk“ verschwinden. Dieser ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, gestaltet sein Programm aber dennoch selbst.
Der größte private Radiosender von Schleswig-Holstein, R.SH, ist nach Angaben von „Inside Digital“ ebenfalls betroffen. Seine UKW-Abschaltung soll jedoch erst im Jahr 2031 erfolgen.
Neu ist die Debatte um das UKW-Aus nicht. Schon Ende 2009 wollte Sachsen-Anhalt seine UKW-Sender einstellen, wie der damalige Landtag beschloss. Allerdings zogen die Landespolitiker kurzfristig ihren Plan wieder zurück. Sie fürchteten ein breites Missfallen der Bürger, wenn diese ab Anfang 2010 auf ihren gewohnten Frequenzen statt Musik nur Rauschen gehört hätten.
Wenn dann im kommenden Jahr tatsächlich die UKW-Abschaltung im Norden stattfindet, bräuchten die Betroffenen entsprechende DAB+-Geräte oder das Internet, um ihre Radioprogramme zu hören. Die bisherigen UKW-Geräte wären dann – zumindest zunächst in Schleswig-Holstein für die erwähnten Programme – unbrauchbar.
Eine „Enteignung unserer Antennen“
Dazu äußerte sich kürzlich Staatskanzleichef Dirk Schrödter (CDU), der in der schwarz-grünen Landesregierung für Medienpolitik verantwortlich ist. „Bezüglich der zweiten landesweiten UKW-Kette“, womit er „Delta Radio“ meinte, sei die Verlängerung von zehn auf nur noch drei Jahre verkürzt worden. Damit hätten die Verantwortlichen „ein Zementieren der analogen Übertragungswege“ auf jeden Fall vermeiden wollen.
Katja Schaltinat ist Geschäftsführerin einer Gruppe, die Sendeantennen betreibt und diese an die Regiocast-Sender vermietet. Sie kommunizierte entschieden ihre Unzufriedenheit mit der Entscheidung. „Das Auslaufen der UKW-Lizenzen ohne Verlängerung kommt einer Enteignung unserer Antennen gleich, weil sie dann wirtschaftlich wertlos sind“, sagte sie. Damit einher gehe zudem eine „Verzerrung des Wettbewerbs, weil andere Frequenzen in Schleswig-Holstein noch bis 2032 weiterlaufen.“
Scharfe Kritik kam auch von Michael Radomski, Geschäftsführer der UPLINK Network GmbH. „Die Politik nimmt der Oma in Kiel ihr Küchenradio weg“, teilte er mit.
Schrödter verwies hingegen auf einige Vorteile vom neueren DAB+. Dieses biete eine „stärkere Programmvielfalt, besseren Klang, eine höhere Reichweite, die kostenlosen Zusatzdienste und letztlich die Energieeinsparung bei geringeren Verbreitungskosten“.
Abschaltungen auch in anderen Ländern
Deutschland ist aus internationaler Sicht kein Vorreiter mit dem UKW-Aus. Das fand in großem Umfang schon in Norwegen statt, wie „Blackout News“ berichtet. Dort fand die Umstellung im Jahr 2017 statt. Das habe zur Folge gehabt, dass die Menschen die Radioprogramme seitdem viel weniger nutzten.
Nur wenige der Hörer wechselten zu DAB+. Stattdessen bevorzugten dann viele Hörer Streamingdienste. Auf UKW durften lediglich einige kleine lokale Sender weiterhin ihr Programm ausstrahlen.
Auch Belgien strebt den Umstieg auf das digitale DAB+ an, wie das Portal „Radioszene“ berichtet. Um das UKW-Netz abzuschalten, müssten jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. So sollte es dort einen digitalen Höranteil von mindestens 65 Prozent geben. Momentan hören noch 50 Prozent ihre Radiosender über UKW, 30 Prozent über DAB+ und 14 Prozent hören Internetradio.
Ebenso müssten 60 Prozent der Autoradios DAB+ empfangen können. Das entsprechende Medienministerium vermutet, dass die Bedingungen 2028 erreicht sind. Somit sei in Belgien ein UKW-Aus im Jahr 2031 realistisch, da die Behörde den Abschalttermin mindestens zwei Jahre vorher bekannt geben muss.
Andere deutsche Bundesländer haben noch kein konkretes Ausstiegsdatum vorgelegt. Die bayerische Landesregierung schätzt den Umstieg auf „frühestens“ 2035. Die Koalition aus CSU und Freien Wählern will das UKW-Aus erst dann durchführen, wenn die private Radiobranche dies aus wirtschaftlicher Sicht auch tragen kann. Somit werden vorerst nur die Antennen in Schleswig-Holstein „enteignet“.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion