Schönes Stück Natur aus ungewöhnlichem Material: Pullover aus Hanf und Brennnessel
Die Idee zu dem Kleidungsstück kam Unternehmensgründer Charlie Stein nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mit vielen Toten. Billige Bekleidung, Ramschware, die oft unter unwürdigen Bedingungen hergestellt wird und noch öfter chemieverseucht ist, die über lange Transportwege nach Deutschland kommt und oft für wenig Geld als Saisonware in den einschlägigen Handelsketten angeboten wird.
Stein wollte einen Pullover entwickeln, den er selbst gern tragen will. Hochwertig in der Verarbeitung und idealerweise aus nachwachsenden Fasern, bestenfalls aus heimischer Produktion und als reines Naturprodukt.
Von der Inspiration zum Produkt
„Beim Lesen des Artikels über den Einsturz von Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2016 machte es Klick bei mir“, erzählt der Unternehmer. „Ich wollte nicht Teil von dieser menschenfeindlichen und umweltzerstörerischen Industrie sein und auch nicht deren Produkte nutzen.“
Als Stein beim Durchforsten des Internets keine nachhaltige Kleidung fand, wie sie seinen Vorstellungen entsprach, war seine Idee geboren, „und ich machte mich auf den Weg.“ Von der Inspiration bis zum fertigen Produkt sollten sieben Jahre vergehen, in denen der Thüringer tüftelte, sich informierte, ausprobierte – bis das Produkt aus Hanf und Brennnessel fertig war.
Hanf wächst überall. Es reinigt den Boden, reinigt im Anbau sogar die Luft. Dazu kombinierte er ein weiteres Naturmaterial, Brennnessel, deren Fasern ebenfalls als sehr robust und langlebig gelten. Diese Eigenschaften wollte sich Charlie Stein zunutze machen.
Der Weg führte den Jungunternehmer auf Materialsuche erst einmal bis nach China – zu weit weg für den nachhaltigen Gedanken. Etwas näher dran schien Rumänien, wo es noch intakte Hanffaser-Bauern geben sollte. Als sich die bürokratischen Hürden als zu hoch erwiesen, versuchte es Stein in Italien. Dort stimmte zwar die Bürokratie, aber die örtlichen Hanfproduzenten erfüllten nicht die Vorstellungen des Neutextilunternehmers.
Fündig wurde Charlie Stein schließlich in Deutschland. Wer zu Hause produzieren lässt, der hat die Lieferkette auf ihr absolutes Minimum beschränkt.
Odyssee auf der Suche nach dem richtigen Strickmaterial
Auf der Suche nach dem perfekten Faden fand der Pulloverbauer Produzenten, die seine Grundmaterialien vom Anbau bis zum Spinnereiprozess GOTS-zertifizierten. Das Qualitätssiegel GOTS (Global Organic Textile Standard) ist ein international anerkanntes Zertifikat für Textilien, das strengste Kriterien in Bezug auf die ökologische und soziale Verantwortung entlang der gesamten Produktionskette festlegt.
Nachdem das Material festgestanden hatte, fehlte noch die passende Strickerei. Das Design des guten Stücks entwickelte Stein mithilfe der Strickerei Born im Thüringischen Dingelstädt.
Und das ist nicht irgendeine Fertigung von Textilwaren, sondern die Letzte von einstigen sechs Strickunternehmen in der Region. Born überlebte, weil sich das Unternehmen vorrangig auf technische und smarte Textilien spezialisiert hatte, etwa zur elektrischen Muskelstimulation. 47 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, Made in Germany auch in Sachen Textilproduktion hochzuhalten.
Dabei traf es sich gut, dass das Unternehmen gerade dabei war, im Modebereich eine eigene, nachhaltige Produktlinie zu entwickeln. Manchmal ist auch der Zufall der Schmied einer konstruktiven, neuen Zusammenarbeit: Born lag damit ziemlich genau auf Linie mit Steins Vorstellungen.
Langlebig, tragbar, nachhaltig
„Der Pullover, der jetzt entstanden ist, hat eine außergewöhnliche Wirkung“, findet Charlie Stein. Die Fasern sind frei von gesundheitsschädlichen Chemikalien sowie Farbstoffen; der Pullover erweist sich durch seine robusten Eigenschaften als langlebig und tragbar. Wer bei dem Gedanken an Brennnesseln an Piksen und Kribbeln denkt, der wird sicher durch einen angenehmen Tragekomfort überrascht. Der Griff in die Maschen des guten Strickstückes fühlt sich eher an wie Baumwolle oder Bambusfasern, es macht einen sehr robusten und soliden Eindruck. Zudem soll mit jedem Waschen das Garn aus Hanf und Brennnesseln weicher werden.
Verschickt wird der Pullover in einem Stoffsack, der auch als Einkaufsbeutel genutzt werden kann. Eine Idee hat sich materialisiert, so Stein selbst dazu, „dass Entschlossenheit und Verantwortung die Welt verändern können“.
Diese Philosophie ist für Stein nicht irgendeine Masche, er bietet deshalb Unternehmen, die sich beispielsweise den ESG-Regeln (Environmental, Social, Governance) verpflichtet haben, seine Pullover als Sonder-Editionen an, auch in anderen Einfärbungen als dem cremigen Naturton des Originals.
„Wir sind überzeugt, dass unser Ansatz, hochwertige Kleidung nachhaltig und umweltfreundlich herzustellen, insbesondere im Hinblick auf aktuelle ESG-Themen, dem entspricht, was in Zukunft gefragt sein wird. Die gesamte Gesellschaft, auch die gesamte Wirtschaft, verändert sich gerade. Kurze Lieferwege, nachhaltige Rohstoffe, das ist das Thema der Zukunft.“
Dabei waren Textilien aus Materialien wie Hanf und Nessel immer ein Thema in der Vergangenheit. Auch wenn Hanf und Cannabis – oft gleichgesetzt – aktuell nach der Legalisierung in Deutschland vor allem als qualmende „Tüte“ mit Entspannungs-Effekt, in aller Munde ist. Dabei wird oft vergessen, dass Hanf seine Tradition als natürlicher und robuster Rohstoff in der Bekleidungsindustrie und nicht im benebelten Vergessen des legalisierten Kiff-Erlebnisses hat.
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass es zu manchen Zeiten ironischerweise sogar rechtswidrig war, keinen Hanf anzubauen! Im Jahre 1535 verabschiedete Henry VIII. ein Gesetz, das von den Bauern verlangte, ein Viertel der 60 Morgen kultivierten Landes mit Hanf zu bepflanzen – oder eine Geldstrafe zu zahlen. Zu dieser Zeit wurden praktisch sämtliche Textilien aus Hanf-Leinen gefertigt. In der Neuen Welt wurde der Hanfanbau von den Spaniern eingeführt.
Hanf und Brennnessel: Naturmaterialien mit Tradition
Hanf bezeichnet dabei speziell die Sorten, die für industrielle Zwecke gezüchtet werden und einen niedrigen Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) haben. THC ist die psychoaktive Substanz, die für die berauschende Wirkung verantwortlich ist. Man könnte also sagen, dass Hanf und Cannabis botanisch gesehen zur gleichen Pflanze gehören, jedoch unterschiedliche Zwecke haben und rechtlich unterschiedlich behandelt werden, hauptsächlich aufgrund des THC-Gehalts.
Früheste Hanffunde aus Europa werden auf 5.000 v. Chr. datiert. Wie beim Leinen fand die Wichtigkeit von Hanf mit der industriellen Revolution und dem Vormarsch der leichter zu verarbeitenden Baumwolle im 19. Jahrhundert ein Ende.
Etwas Besonderes kommt zum Hanf als Strickgarn hinzu, und es ist ein zweiter Alleskönner: die oft als heimisches Superfood bezeichnete Brennnessel, deren Fasern ebenfalls als sehr robust und langlebig gelten. Auch Brennnessel wurde historisch gesehen in Europa zur Herstellung von Stoffen verwendet, bevor Baumwolle sich weitverbreitete. Brennnesselfasern sind atmungsaktiv, hypoallergen und haben antibakterielle Eigenschaften. Brennnesselgarn kratzt in der Regel nicht, obwohl viele Menschen dies aufgrund der Assoziation mit der brennenden Wirkung der Pflanze annehmen möchten. Die Fasern der Brennnessel, die für die Garnherstellung verwendet werden, sind nach der Verarbeitung weich, glatt und angenehm auf der Haut zu tragen.
Das Garn und seine Verarbeitung versprechen ein langes Pulloverleben – und haben auch ihren Preis: organicforce.net. Wer ihn kauft, bekommt eine Geschichte dazu, die mindestens so lange währt wie das zeitlose Stück und vielleicht das gute Gewissen. Dabei soll jedes Waschen das Garn im Laufe der Zeit auf natürliche Art weicher und anschmiegsamer machen.
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