Schäfer-Betz: „Systematisches Versagen“ im deutschen Turnen
In der Debatte um die Missstände am Bundesstützpunkt Stuttgart prangert Spitzenturnerin Pauline Schäfer-Betz ein „wiederholtes systematisches Versagen“ an. Es bleibe ein zentrales Problem, „dass die Personen, die für diese Missstände verantwortlich sind, durch das System gedeckt werden“, schrieb die ehemalige Schwebebalken-Weltmeisterin bei Instagram. „Solange dies der Fall ist, wird es keine wirklichen Veränderungen geben.“
Die 28-Jährige spielte auch auf eigene Erfahrungen an. Mit Schäfer-Betz an der Spitze hatten Sportlerinnen des Bundesstützpunktes Chemnitz Ende 2020 ihrer damaligen Trainerin Gabriele Frehse schwere Vorwürfe gemacht. Sie soll die Turnerinnen im Training schikaniert, Medikamente ohne ärztliche Verordnung verabreicht und keinen Widerspruch zugelassen haben.
Frehse hatte die Vorwürfe stets bestritten. Dennoch lehnte der Deutsche Turner-Bund (DTB) eine weitere Zusammenarbeit mit ihr ab. Nach einem gewonnenen Rechtsstreit um ihre Kündigung durch den Olympiastützpunkt Sachsen ist Frehse inzwischen Auswahltrainerin der Frauen in Österreich. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz alle Ermittlungen eingestellt.
„Weiß, wie es ist, in einem solchen System gefangen zu sein“
„Ich weiß, wie es ist, in einem solchen System gefangen zu sein“, schrieb Schäfer-Betz nun. „Es erfordert unvorstellbaren Mut, diese Missstände anzusprechen oder öffentlich zu machen.“ Ihre eigene Geschichte sei kein Einzelfall gewesen, man wolle aufzeigen, dass es sich um ein „systematisches Problem“ handle.
Angeführt von den früheren Auswahl-Turnerinnen Tabea Alt und Michelle Timm hatten zuletzt mehrere Sportlerinnen Missstände am Stützpunkt in Stuttgart öffentlich gemacht. Angeprangert wurden unter anderem „systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch“.
System weiter „dysfunktional“
Auch aktive Sportlerinnen äußerten sich. Der DTB und der Schwäbische Turnerbund kündigten eine Untersuchung an. Zwei Übungsleiter wurden vorläufig freigestellt. Es brauche nun tiefgreifende Reformen, forderte Schäfer-Betz, „keine kosmetischen Korrekturen“.
Die eingeleiteten Maßnahmen, die sie anerkenne, reichten „bei Weitem“ nicht aus. Auch damalige Warnungen seien nicht ausreichend ernst genommen worden, „und die aktuellen Entwicklungen machen deutlich, dass das System weiter dysfunktional ist“, kritisierte Schäfer-Betz. Athletinnen und Athleten würden nicht angemessen geschützt. (dpa/red)
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