Rechtsbeugung? – BGH verkündet Urteil zu Weimarer Familienrichter
Im Fall des Weimarer Familienrichters Christian Dettmar entscheidet am Mittwoch (20. November) der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Dettmar, der als Familienrichter am Amtsgericht der thüringischen Stadt zuständig für Kindeswohlfälle war, hatte im April 2021 die Maskenpflicht und andere Corona-Maßnahmen an zwei Schulen aufgehoben und dies mit einer Gefährdung des Kindeswohls begründet.
Die Entscheidung wurde wenig später mit der Begründung aufgehoben, dass Familienrichter in solchen Fällen nicht zuständig seien (Az. 2 StR 54/24).
Die daraufhin durchgeführten umfangreichen Hausdurchsuchungen bei dem Richter, den Gutachtern eines von ihm veranlassten Gutachtens, den Eltern der Kinder und weiteren mit dem Fall befassten Personen, sorgten über die deutsche Richterschaft und die Staatsanwaltschaft hinaus bundesweit für Aufsehen.
Was Dettmar vorgeworfen wurde
Dettmar wurde schließlich wegen Rechtsbeugung vor Gericht gestellt. Das Landgericht Erfurt verurteilte ihn im August 2023 zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.
Das Gericht ist der Ansicht, dass Dettmar bereits im Februar 2021 beschlossen habe, die Corona-Maßnahmen an den Schulen aufzuheben. So habe er im Vorfeld Sachverständige kontaktiert, die sich kritisch zu den Maßnahmen geäußert hätten.
Zudem erklärte das Gericht in Erfurt, dass Dettmar aktiv darauf hingewirkt habe, das Verfahren zugewiesen zu bekommen, das schließlich zur Aufhebung der Maßnahmen an den beiden Schulen geführt habe. Durch Gespräche mit den Eltern und die Einholung von Gutachten habe er zudem dafür gesorgt, dass er mit dem von ihm gewünschten Ergebnis entscheiden konnte.
Der Richter habe die richterliche Neutralität verletzt und sein Richteramt gezielt eingesetzt und missbraucht, erklärte das Landgericht. Dettmar erklärte dazu vor dem Landgericht, dass das Fachwissen der Gutachter das entscheidende Kriterium für seine Auswahl gewesen sei.
Beide Parteien wandten sich ans BGH
Der Familienrichter als auch die Staatsanwaltschaft wandten sich aufgrund des Urteils an den BGH.
Die Verteidiger Dettmars, die Rechtsanwälte Gerhard Strate und Peter Tuppat, beantragten beim ersten Termin vor dem BGH am 28. August, das Verfahren gegen Dettmar einzustellen und das Urteil des Landgerichts Erfurt (LG Erfurt) wegen Rechtsbeugung aufzuheben.
Dettmar hatte am ersten Verhandlungstag in Karlsruhe erklärt, dass er kein Recht verletzt habe. Seine Verteidiger argumentierten mit dem staatlichen Wächteramt über das Kindeswohl. Der Richter habe eine Entscheidung getroffen, die auf Tatsachen basierten. Sie fordern einen Freispruch.
Zudem erklärten sie, dass, selbst wenn ihr Mandant seine Kompetenzen „etwas“ überschritten habe, dies doch auf einer korrekten, sachlichen Grundlage geschehen sei.
„Er hatte Gutachten eingeholt von anerkannten Sachverständigen und hat gemeint, hier sei eine Gefährdung des Kindeswohls zu bejahen und hat dann einen Beschluss gefasst, der möglicherweise seine Kompetenz überschritten hat. Aber der war weit davon entfernt, jetzt als Rechtsbeugung charakterisiert zu werden“, so Strate vor dem BGH.
Bundesanwaltschaft sieht Rechtsfehler
Die Staatsanwaltschaft forderte eine Zurückweisung an das Landgericht. Sie zeigte sich bereits im Vorfeld der heutigen Verhandlung unzufrieden mit dem in ihren Augen zu niedrigen Strafmaß.
Der Vertreter der Bundesanwaltschaft kritisierte für die Anklage, dass das Landgericht Rechtsfehler zugunsten des Familienrichters begangen habe. So habe es etwa eine Aussage Dettmars fälschlicherweise als Teilgeständnis zu seinen Gunsten gewertet. Außerdem sei die Verletzung der Zuständigkeit in dem Urteil nicht erwähnt worden. Der Fall müsse in Erfurt noch einmal aufgerollt werden, forderte er.
Bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wäre das Richterverhältnis automatisch beendet.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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