Rechtlich abgesichert: Bürger dürfen Falschparker mit Handy-Fotos anzeigen

Falschparker ablichten per Handy-Foto ist rechtens: Das hat im August ein Gericht entschieden. Damit sind Falschparker-Apps wie weg.li, früher Wegeheld, Tür und Tor geöffnet, mit denen jeder Verkehrssünder aufspüren kann.
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Besonders einfach via Verkehrssünder-App: Jeder darf Falschparker fotografieren und anzeigen.Foto: Patrik Stollarz/AFP/Getty Images
Von 4. September 2023

Parksünder aufgepasst! Wer mal eben mit Warnblinker kurz quer einparkt oder einen Stopp im Halteverbot macht, um etwas an der Tür abzugeben, beim Bäcker reinzuspringen oder auf einen Mitfahrer zu warten oder wer hoffnungsvoll darauf setzt, dass das Ordnungsamt nicht auch noch nachts patrouilliert, um Knöllchen an Falschparker zu verteilen, dem kann es jetzt trotzdem an den Kragen gehen. Nach einem neuen Urteil des Verwaltungsgerichtes Ansbach vom August 2023 dürfen Bürger Falschparker fotografieren – und über diesen Beweis anzeigen.

Per Gerichtsurteil erlaubt: Mit Handy-Foto anzeigen

Das Bayerische Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das Ablichten und Anzeigen von Falschparkern eine „rechtmäßige Datenverarbeitung“ ist – und kein Verstoß gegen den Datenschutz. Wer also Fotos von Falschparkern im Rahmen einer Anzeige an die Polizei schickt, verstößt damit im Normalfall nicht gegen Datenschutzrecht. Das hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichtes Ansbach (Urt. v. 2.11.2022, AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431) entschieden.

Zwei Männer hatten in München über mehrere Jahre Falschparker fotografiert und der Polizei gemeldet, samt ihren Beweisfotos. Daraufhin wurden sie vom Landesamt für Datenschutzaufsicht verwarnt. Der Vorwurf: die rechtswidrige Verarbeitung personenbezogener Daten durch das Fotografieren und Weiterleiten der Kennzeichen der Parksünder. Sie bekamen dafür eine Verwaltungsgebühr von 100 Euro.

Die Männer zogen dagegen vor das Verwaltungsgericht Ansbach, dieses gab den Klagen statt. Die Deutsche Umwelthilfe e.V., die einen der beiden Kläger unterstützte, begrüßte dieses Urteil: „Die Behörden sollten nicht gegen zivilgesellschaftliches Engagement vorgehen, sondern konsequent Maßnahmen gegen zugeparkte Fuß- und Radwege, Falschparken vor abgesenkten Bordsteinen oder in Kreuzungsbereichen ergreifen“, kommentierte Geschäftsführer Jürgen Resch.

Falschparker per Smartphone-App melden

Dieses Urteil öffnet auch den Falschparker-Apps weg.li und Wegeheld, die jetzt fusionierten, Tür und Tor. „Sichere Radwege und freie Bürgersteige!“, verspricht die App zum Melden von Parksündern, die 2014 ins Leben gerufen wurde. Einmal heruntergeladen, kann jeder mit ein paar Klicks zum Hilfssheriff fürs Ordnungsamt werden und Falschparker anzeigen.

Die Handy-Beweisfotos der Autos werden dabei über Handy oder Computer hochgeladen, die Anzeige über weg.li direkt per E-Mail ans Ordnungsamt verschickt. weg.li beschreibt es selbst so: „Unterwegs Beweisfotos von nervigen Falschparkern knipsen und dann mit Deinem Browser übers Handy oder den Computer bei weg.li hochladen. Du kannst dabei einzelne Meldungen erzeugen oder einen ganzen Schwung von Beweisfotos als Massen-Upload einspielen.“

Verkehrswende und klimafreundliche Städte selbst in die Hand nehmen

Auf der Website ist unter „Warum gibt es weg.li?“ noch die Motivation des Gesichts hinter weg.li zu finden. „Verkehrswende selber machen durch sichere Radwege und freie Bürgersteige, besonders für Kinder!“, schreibt unter einem Foto mit breitem Lächeln „Peter aus Hamburg, 👨‍👦 besorgter Vater, 🚶‍♂️ Fußgänger, 🛴 E-Scooterer, 🚲 Radler und 🚐 Autofahrer“.

Die Mission: „Gemeinsam können wir mit der […] App unsere Welt ein kleines bisschen besser machen. […] Alle Vorschläge des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sind in der App enthalten, damit sich jeder für bessere und klimafreundliche Städte einsetzen kann.“

Wettbewerb der Anzeigenerstatter durch Ranking-Listen

Für die Anzeigenerstatter und ehrenamtliche Ordnungshüter gibt es auch eine Hitliste der „besten Freiwilligen“ unter den Gleichgesinnten: Wer sich in der App unter einem Spitznamen gelistet hat und Falschparker anzeigt, taucht, wenn er besonders fleißig war, ganz oben im Ranking auf:

Unter der Rubrik „Wochen-Lead“ ist dies auf Platz Nummer eins Bongokarl mit 292 Anzeigen, gefolgt von Agnatus 183 Anzeigen, Bronze geht an – Nomen est omen – Anzeigenhauptmeister. Den zweifelhaften „All Times-Lead“ hält auch „Bongokarl“ mit 12.359 Anzeigen.

Penibel werden auch die eigenen Statistiken geführt und als Erfolge in Rankings und Hitlisten veröffentlicht. Insgesamt haben sich 36.877 registriert, davon sind 19.160 als aktive Melder im Einsatz. Seit Bestehen wurden über eine Million (genau: 1.142.494) Bilder hochgeladen, im August 2023 allein über 8.000. Insgesamt wurden über die App bislang 655.570 Anzeigen erstattet.

Weitere Ranglisten der freiwilligen Ordnungsamtshelfer

Aber auch für die Städte gibt es ein Ranking:  Hamburg auf Platz eins mit 27.865 Anzeigen im Jahr 2023, gefolgt von Frankfurt/Main und Köln. Auf Platz vier liegt mit Berlin eine im Osten Deutschlands liegende Stadt mit 7.175 Anzeigen. Auch über die angezeigten Vergehen wird Statistik geführt: Unter „Top-Vergehen“ auf Platz Nummer eins ist Gehwegparken mit 43.901-maliger Anzeige zu finden. Auch die Automarken bekommen ihren A***-Loch-Faktor (so steht es in der App) verpasst, auf Nummer eins ist hier VW gelistet, mit 31.296 Anzeigen.



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