Prominente im Bundestagswahlkampf: Wer wird sich für wen exponieren?

Eine vorgezogene Bundestagswahl im Winter – und kaum Vorbereitungszeit. Die Parteien müssen in dieser Situation auf Multiplikatoren und Influencer hoffen, Prominente gehören dazu. Das Beispiel von Taylor Swift in den USA zeigt jedoch auch die Grenzen ihres Einflusses auf.
Sagt der Formel 1 «Goodbye»: Sebastian Vettel.
Die deutsche Antwort auf Taylor Swift? Ex-Rennfahrer Sebastian Vettel wirbt mit seiner prominenten Stimme für die Grünen.Foto: Matthias Schrader/AP/dpa
Von 10. Dezember 2024

Sollten keine unerwarteten Umstände – wie ein mehrheitliches Vertrauensvotum für Bundeskanzler Olaf Scholz – eintreten, wird der neue Bundestag am 23. Februar gewählt. Für die Parteien bedeutet das einen kurzen, kalten und unangenehmen Wahlkampf. Auf Weihnachtsmärkten wollen Menschen regelmäßig nicht mit der Politik konfrontiert werden, in den verbleibenden Wochen sind die Möglichkeiten der Ansprache begrenzt. Neben unkonventionellen Formaten wie Townhall-Treffen könnten Wahlaufrufe von Personenkomitees eine größere Bedeutung erlangen – und damit Prominente, die sich im Wahlkampf engagieren.

Zweite Wahlempfehlung von Taylor Swift – zweite Niederlage

Die Präsidentschaftswahlen in den USA hatten die Debatten um Prominente und Politik neu beflügelt. So hatte die weltweit derzeit meistverdienende und meistbeachtete Popsängerin Taylor Swift eine Wahlempfehlung für Kamala Harris zur Präsidentenwahl gegeben. Erfolg hatte sie damit ebenso wenig wie 2018 mit ihrem ersten Ausflug in die Politik: Damals versuchte sie, die Wahl von Marsha Blackburn zur Senatorin für Tennessee zu verhindern.

Immerhin ist sie nicht die einzige Prominente, die sich im Vorfeld der Wahl umsonst exponiert hatte. Auch Rocklegende Bruce Springsteen, dessen Musik über die Parteigrenzen hinweg geschätzt wird, warb ohne Erfolg für die demokratische Kandidatin. Und selbst der frühere republikanische Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, konnte die meisten Parteianhänger nicht von der Wahl Donald Trumps abbringen.

Das hat die Debatte, ob politische Handreichungen durch Prominente überhaupt Sinn ergeben, zumindest in den USA neu entfacht. Im schlimmsten Fall – wie bei den (Dixie) Chicks, bei Maren Morris oder Cassadee Pope – hatten sie Karrierebrüche zur Folge. Das geschah dort, wo die Botschaften von vornherein an das falsche Zielpublikum gerichtet waren. Im besten Fall haben sie eine Mobilisierung von Personen bewirkt, die mit dem Gedanken gespielt hatten, der Wahl fernzubleiben. In den seltensten Fällen dürften Statements bekannter Musiker oder Sportler bestehende Überzeugungen verändern.

Bundesversammlung als regelmäßiger Laufsteg für Prominente

In Deutschland besteht zwischen der Politik und Prominenten hingegen immer noch eine Art Symbiose. Politiker suchen die Nähe von Künstlern, Sportlern oder anderen Personen des öffentlichen Lebens, wenn sie Botschaften transportieren wollen. Frank-Walter Steinmeier hatte bereits als Außenminister 2007 mit dem deutsch-türkischen Arabesk-R&B-Sänger Muhabbet einen Song zum Thema „Integration“ eingesungen. Nachdem „Islamismus“-Vorwürfe gegen diesen laut geworden waren, wurde es ruhig um ihn.

Im Jahr 2016 mobilisierte Steinmeier ebenfalls Prominente, als es darum ging, Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel aufzubauen. Der SPD-Politiker wollte Bundespräsident werden. Statt selbst die entsprechenden Ambitionen zu artikulieren, ließ er bekannte Persönlichkeiten die Botschaft übermitteln. Am Ende lobten Dirigent Justus Frantz, Regisseur Sönke Wortmann, Hochsprung-Ikone Ulrike Nasse-Meyfarth und mehrere andere seine Qualitäten. Merkel wollte dem Ansinnen nicht im Wege stehen.

Steinmeiers Wahl und Wiederwahl unterstützten erneut zahlreiche Prominente. Dass diese als Wahlmänner und -frauen in die Bundesversammlung entsandt werden, ist jedoch schon seit Längerem Usus in Deutschland. Die CDU hatte beispielsweise 1989 Fußballnationalspieler Pierre Littbarski, Springreiter Paul Schockemöhle und den Jagdflieger-Neffen Manfred Freiherr von Richthofen nominiert. Für die SPD stimmte Publizistin Lea Rosh ab.

Schauspieler, Funktionäre, Fußballer, Impfstoffentwickler, Virologen

Mit Fortdauer der Zeit wurde die Zahl der Prominenten in der Bundesversammlung immer größer. Im Jahr 2017 stimmten für die CDU unter anderem Schauspielerin Veronica Ferres, Verlegerin Friede Springer und Entertainer Hape Kerkeling ab. Unter den Entsandten der SPD zur Bundesversammlung waren Schauspielerin Iris Berben, Sängerinnen wie Katja Ebstein und Stefanie Kloß („Silbermond“), Schriftsteller Feridun Zaimoğlu und Musiker Peter Maffay.

Fünf Jahre später bot die Union unter anderem den damaligen DFB-Trainer Hansi Flick, Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger, BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller und den Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Knut Paul Reimund Neugebauer, auf. Zu den prominenten Wahlleuten der SPD gehörten Sänger Roland Kaiser, BioNTech-Mitgründerin Özlem Türeci, VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo, Eintracht-Frankfurt-Präsident Peter Fischer und Nationalspieler Leon Goretzka.

Für die Grünen ließen sich 2017 Persönlichkeiten wie Olivia Jones, DFB-Trainer Jogi Löw, Klimaforscher Mojib Latif oder Kabarettistin Carolin Kebekus nominieren. Zu Steinmeiers Wiederwahl entsandten sie unter anderem Fußballtrainer Christian Streich, Musikerin Joy Denalane und den Virologen Christian Drosten. Die FDP konnte unter anderem den Unternehmer Frank Thelen und den langjährigen „Focus“-Chefredakteur Helmut Markwort als Wahlleute gewinnen. 2022 stimmten Kabarettist Dieter Nuhr und Unternehmer Hans Peter Stihl für die Liberalen ab.

Prominente halten sich bislang noch bedeckt

Die Teilnahme an der Bundesversammlung bedeutet nicht, dass der oder die jeweilige Prominente der nominierenden Partei angehört oder diese wählt. Allerdings ist von einer gewissen Nähe zu deren Zielen auszugehen. Was den bevorstehenden Wahlkampf anbelangt, haben sich bisher nicht viele bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens exponiert.

Das bisher meistbeachtete Endorsement kam von Musikproduzent Dieter Bohlen. Dieser bot sich selbst CDU-Chef Friedrich Merz als Berater an – unter der Annahme, dass dieser künftiger Kanzler werde. Er verglich sich dabei mit Elon Musk, der US-Präsident Donald Trump berate. Merz, der zu beiden auf Distanz bedacht ist, bedankte sich zwar telefonisch, ein Jobangebot machte er jedoch nicht.

Für die SPD haben sich im Vorfeld der Vertrauensfrage noch nicht viele Prominente exponiert. Es ist damit zu rechnen, dass Olaf Scholz erneut auf bekannte Persönlichkeiten zählen kann, die schon in früheren Jahren die Partei unterstützt hatten. Dazu gehören Roland Kaiser, aber auch Autorin Juli Zeh und Comedian Ingo Appelt.

In einigen Fällen ist das Endorsement hingegen wackelig. So hatte Peter Maffay 2021 zwar Olaf Scholz als Persönlichkeit, nicht aber der SPD eine ansprechende Performance attestiert. „Prinzen“-Sänger Sebastian Krumbiegel hatte im sächsischen Wahlkampf für die SPD, in Thüringen jedoch für die Linke geworben.

Rennfahrer exponiert sich für Grüne: Vettel attestiert Habeck „gesunde Weltanschauung“

Der „Kandidat für die Menschen“ der Grünen, Robert Habeck, lässt sich wiederum von Taylor Swift für den Wahlkampf inspirieren. So wie diese ihre Schaffensperioden in „Eras“ einteilt, machen dies auch die Grünen mit Armbändern. Diese sehen Habeck, der nicht „Kanzlerkandidat“ genannt werden will, in seiner „KanzlerEra“.

Zu seinen prominentesten Unterstützern gehört der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Der ehemalige Rennfahrer plädiert für ein Tempolimit auf Autobahnen, fühlt sich bei den Grünen „am meisten verstanden“ und bescheinigt Habeck eine „sehr gesunde Weltanschauung“.

Zuletzt gehörten auch „Ärzte“-Sänger Bela B. und BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken zu den Unterstützern der Grünen. Bis dato haben sie sich jedoch zum Wahlkampf noch nicht geäußert.



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