Pflegekräfte arbeiten auch nach der Pandemie am Limit
Die Pflegekräfte in Deutschland arbeiten auch nach der Corona-Pandemie am Limit. Nach einer Studie der Barmer, die der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag vorlag, sind rund 62 Prozent der Pflegerinnen und Pfleger regelmäßig körperlich erschöpft. Vor der Pandemie waren es rund 43 Prozent. Zudem fühle sich mehr als die Hälfte (52 Prozent) aktuell emotional erschöpft, während dies vor der Pandemie rund 34 Prozent der Pflegekräfte angaben.
„Durch andauernde Erschöpfung und Belastung haben sie ein deutlich höheres Risiko, einen Burn-out zu erleiden, als Erwerbstätige in anderen Branchen“, erklärte Barmer-Chef Christoph Straub. Ein Schlüssel zur Entlastung wäre etwa eine bedarfsgerechte Personalausstattung.
Nebenwirkung von Corona ausgeschlossen?
Gemeinsam mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) wurden im Juli 2023 insgesamt 1.010 ambulante und stationäre Pflegekräfte zu deren aktueller Arbeitssituation befragt. Dabei wurde sowohl auf Ressourcen als auch Belastungen im Pflegealltag eingegangen. Die gleichen Fragen bekamen bereits im Jahr 2022 über 1.000 Pflegekräfte gestellt.
Mithilfe der damaligen Befragungen und den aktuellen Daten könne nun das Wohlbefinden, die Arbeitszufriedenheit und Gesundheit von Pflegekräften vor, während und nach der Pandemie gemessen werden.
Außer dem zeitlichen Aspekt „vor, während und nach der Pandemie“ stellen jedoch weder AFP noch Barmer einen möglichen Zusammenhang zu Corona, den Maßnahmen oder den Folgen her. Auffällig ist jedoch, dass die Zufriedenheit insbesondere 2022 in allen Kategorien schlechter eingeschätzt wurde.
Die Zahl der Pfleger, die trotz Krankheit, einschließlich schwerer Krankheitssymptome, arbeitete, war 2023 deutlich höher. Ein möglicher Zusammenhang mit Entlassungen oder Kündigungen in Folge von Corona(-Maßnahmen) ist zumindest naheliegend.
Überstunden, Zeitdruck und Schlafmittelgebrauch
Ebenso stieg die gefühlte Häufigkeit von Überstunden, Häufigkeit von Zeitdruck und die Notwendigkeit von hohem Arbeitstempo. Anders als in anderen Kategorien zeigte sich 2023 jedoch kaum Entspannung, sodass die Werte auf ähnlich hohem Niveau blieben. Indes stieg die Zahl der Pflegekräfte, die „Hilfsmittel zum Einschlafen nutzen, inklusive Schlafmittel, Medikamente, Alkohol, etc.“ 2023 – erneut – merklich an.
Das Gefühl „oft ausgelaugt“ zu sein, hatten 2023 insgesamt 414 Pfleger, vor Corona waren es 252, im Jahr 2022 waren es 478. „Immer ausgelaugt“ fühlten sich in der aktuellen Umfrage 131 Pfleger. Das sind 28 Prozent weniger als noch 2022 (212), aber 45 Prozent mehr als vor der Pandemie (90).
„Zufriedenheit der Pflegekräfte gestiegen“ – ja, aber
Ungeachtet von körperlicher und seelischer Belastung sind der Analyse zufolge dennoch etwa 60 Prozent der Pflegekräfte mit ihren Berufsperspektiven zufrieden oder sehr zufrieden. Während des Lockdowns im Jahr 2022 waren es nur rund 36 Prozent.
Während die Barmer in ihrer Pressemitteilung von gestiegener „Zufriedenheit mit beruflicher Perspektive“ spricht, sind die Daten nicht so eindeutig. So ist die Zahl der befragten Pflegekräfte, die mit ihrer Perspektive sehr unzufrieden beziehungsweise unzufrieden waren, von vor der Pandemie bis 2023 kaum merklich gesunken – von 147 auf 144.
Deutlich gestiegen – von 369 auf 603 (+63 Prozent) – ist 2023 die Zahl der zufriedenen und sehr zufriedenen Pfleger und Pflegerinnen, allerdings nur im Vergleich zu 2022. Im Vergleich zu vor der Pandemie beträgt der Anstieg lediglich vier Prozent.
Insgesamt waren Pflegekräfte mit der Bezahlung nach Corona glücklicher. Jüngere (unter 29) und ältere (über 60) sahen dennoch größeres Verbesserungspotenzial.
„Um Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflege attraktiver zu machen, bedarf es weiterer Anstrengungen. Die Pflegestudie liefert dafür wichtige Hinweise“, fasst Straub zusammen. Es gelte, künftig besonders mehr junge Menschen für die Pflege zu gewinnen. Dafür müsste etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärker in den Blick genommen werden.
(Mit Material der Barmer und afp)
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