Nikotin ohne Rauch: Neue Trenddroge unter Jugendlichen

Snus und Nikotin Pouches werden bei Jugendlichen zunehmend beliebter. Vor dem Nikotin-Kick ohne Tabak und Qualm warnen Jugendschützer. Besonders besorgt sind sie über die unzureichende Aufklärung bei Eltern und Lehrern sowie die Verbreitung des Drogentrends über soziale Medien.
Titelbild
Snus: In Deutschland verboten, in anderen Ländern wie Indonesien nicht. Snus-Shop in Bali.Foto: Istock Alexander Farnsworth
Von 20. Juli 2024

Heute schon gesnust? Ge-snus-t? Das haben Sie noch nie gehört? Nun ja, Ihre Kinder vielleicht schon! Und möglicherweise haben die heute auch schon gesnust.

Schon aus dem Drogenbericht der Stadt Frankfurt/Main aus dem Jahr 2022 ging hervor, dass Snus zu einer neuen Trenddroge unter Jugendlichen geworden ist. Die repräsentative Drogentrendstudie „Monitoring-System Drogentrends“ (MoSyD) zeigt, dass 15 Prozent der Befragten zwischen 15 und 18 Jahren die Nikotinbeutel bereits ausprobiert haben. Sechs Prozent haben diese in den vergangenen 30 Tagen konsumiert. Dabei handelt es sich um sogenannte Chewing Bags oder Nikotin Pouches – kleine Beutel, die man ähnlich wie das schwedische Original Snus unter die Oberlippe klemmt. Dort wird das in den Säckchen enthaltene Nikotin über die Mundschleimhaut aufgenommen.

Rausch ohne Rauch

Snus, manchmal auch als Snooze, Snüs oder Snuz bezeichnet, ist ein orales Tabakprodukt, das in Schweden entwickelt wurde und ganz ohne Rauch oder Dampf auskommt. Der Verkauf von Snus ist in Deutschland verboten. Die Rechtslage in Deutschland folgt der EU-Tabakrichtlinie. Da Tabak in Snus enthalten ist, ist der Verkauf gemäß dem Tabakerzeugungsgesetz verboten, da Snus als Tabakerzeugnis eingestuft wird. Während der Verkauf von Snus in Deutschland illegal ist, ist der Konsum grundsätzlich erlaubt. Je nach Dosis verursachen die Beutel einen ordentlichen Nikotin-Rausch.

Jugendschützer warnen: Tabakfreier Nikotin-Kick

In den vergangenen Jahren wurden Nikotin Pouches auf den Markt gebracht, die oft als Snus oder All-White Snus bezeichnet werden. Diese sind Snus sehr ähnlich, haben jedoch einen wesentlichen Unterschied – im Gegensatz zum traditionellen Snus enthalten sie keinen Tabak. Sie bestehen unter anderem aus Wasser, Füll- und Feuchthaltemitteln, Aromen, Salz und Nikotin. Diese tabakfreien Beutel sind in Deutschland unreguliert und demnach erlaubt und erhältlich.

Es gibt jedoch eine Altersbegrenzung: Der Verkauf ist gemäß dem Jugendschutzgesetz an Personen unter 18 Jahren verboten.

Die tabakfreien Nikotinbeutel werden unter Jugendlichen zunehmend beliebter, warnt das Ordnungsamt in Berlin. In einer Pressemitteilung teilt es die Erfahrungen des Jugendschutzbeauftragten des Bezirks Treptow-Köpenick:

80-90 Prozent der Schülerinnen und Schüler, mit denen er im vergangenen Jahr im Rahmen von mehr als 90 Präventionsveranstaltungen Kontakt hatte, kennen das Produkt und haben zum Teil auch schon selbst Erfahrungen damit gemacht. Erste Eindrücke erhielten viele der Jugendlichen über soziale Medien wie beispielsweise TikTok.

Kick unter Kids: Weder Eltern noch Lehrer kennen Snus

„Aus unserer Sicht problematisch wird es vor allem dann, wenn erziehungsberechtigte Personen erstens nicht wissen, was ihre Kinder in den sozialen Medien konsumieren, und zweitens weder Lehrkräfte noch Schulsozialarbeiter oder die Eltern diese neuartigen Produkte kennen oder einordnen können“, gibt der Jugendschutzbeauftragte zu bedenken. Ferner seien Nikotinbeutel im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten für das ungeübte Auge nicht sofort erkennbar und blieben so einfacher unentdeckt.

Auch am Geruch kann der Erziehungsberechtigte nicht erkennen, wie beim Rauchen von Zigaretten oder Cannabis, ob sein Kind die Nikotin-Droge konsumiert.

Laut dem Jugendschutzbeauftragten mache die verhältnismäßig hohe Menge an Nikotin die Pouches besonders gefährlich. Der Suchtstoff wird direkt über die Mundschleimhäute aufgenommen. Ein Beutel kann den Nikotingehalt von drei bis sechs Zigaretten enthalten. Neben der potenziellen Suchtgefahr besteht damit auch die Gefahr einer akuten Nikotinvergiftung.

In Deutschland keine spezielle gesetzliche Regelung

2022 hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Nikotinbeutel („neue, tabakfreie Produkte“) basierend auf vorhandenen Studien und Daten gesundheitlich bewertet. „Pharmakokinetische Untersuchungen zeigen, dass mindestens die Hälfte des Nikotins im Beutel aufgenommen werden kann. Es wurden relevante Blutspiegel erreicht, d. h. die Nikotinspiegel liegen in einem Bereich, der auch nach Konsum von herkömmlichen Zigaretten erreicht wird. Bei Verwendung von hochdosierten Produkten wurden deutlich höhere Blutspiegel als nach dem Konsum von Zigaretten beobachtet.“

Derzeit wird Nikotin in Beuteln von den Überwachungsbehörden als neuartiges Lebensmittel eingestuft. Gesundheitliche Risiken sieht das BfR insbesondere für Kinder, Jugendliche und Nichtraucher, da Nikotin eine suchterzeugende Wirkung hat.

Die wissenschaftlichen Dienste der Bundesregierung behandelten schon 2021 den Sachstand in Deutschland: „Eine spezielle gesetzliche Regelung für tabakfreie Nikotinbeutel besteht in Deutschland nicht.“



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