Neuerungen im Bundespolizeigesetz geplant: Kontrollierte sollen Quittung verlangen können
Der Vorschlag, bei Polizeikontrollen zukünftig Papiere auszustellen, welche die Kontrolle dokumentieren, wird auf unterschiedlichen politischen Ebene schon länger diskutiert. Insbesondere mit Blick auf „Racial Profiling“ – also vermeintliche Checks aufgrund einer Ethnie.
Im Oktober 2022 beispielsweise hatte die Fraktion der Grünen im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einen Gesetzentwurf eingereicht, der darauf verweist, dass es darum gehe, die „Allgemeine Politik-Empfehlung Nummer 11 im Jahr 2007“ der Europäischen Kommission umzusetzen. Darunter falle „eine eindeutige Untersagung des ‚racial profiling‘ in der Polizeiarbeit sowie eine Thematisierung in der Polizeiausbildung“.
Die EU, so das Papier der Grünen weiter, habe zudem im September 2022 eine Erklärung veröffentlicht, die die schlechte Umsetzung der Empfehlung in Deutschland anprangere:
In einer am 20. September 2022 veröffentlichten Erklärung hielt die ECRI [European Commission against Racism and Intolerance] fest, dass ihre Empfehlungen zur Erfassung von ‚racial profiling‘ in Bund und Ländern nur unzureichend umgesetzt seien.“
Novelle des Bundespolizeigesetzes geplant
Wie verschiedene Medien berichten, soll es demnächst auf Bundesebene eine Neuerung geben, um all dem Rechnung zu tragen. Und zwar mit einer Novelle des Bundespolizeigesetzes, das den Aufgabenkanon der Bundespolizei definiert. Diese wird für gewöhnlich an Grenzen eingesetzt, im Inland außerdem an Bahnhöfen, in Zügen, Flughäfen oder im Zusammenhang mit Regierungsgebäuden. Sie kann auch zur Unterstützung der Landespolizei eingesetzt werden.
Solche Modernisierungen von Rechtsgrundlagen sind per se nichts Außergewöhnliches. Die Idee allerdings, Menschen Quittungen darüber auszustellen, wenn sie kontrolliert wurden, ist ebenso neu wie der Bezug zu „racial profiling“: Quittungen für Einheimische sind hier also mutmaßlich nicht das eigentliche Anliegen.
Der „Spiegel“ titelte heute: „Kontrollierte sollen von Beamten Quittung verlangen dürfen“. Der „Focus“ formulierte die Schlagzeile: „Grenzpolizisten müssen bei Kontrollen bald ‚Quittungen‘ ausstellen“. Der Leser erfährt aus den Medienberichten allerdings nicht, was es bedeutet, wenn es da heißt, die Ampelkoalition stehe kurz vor einer Einigung bei der Reform des Bundespolizeigesetzes.
Bisher nur „informelle Einigung“
Tatsächlich berichten die Medien hier über ein nicht öffentliches Papier, das ihnen wie auch immer zugespielt oder zur Einsicht überlassen wurde. Epoch Times fragte im Büro der Abgeordneten Irene Mihalic (Die Grünen) nach und erfuhr, dass sich viele Medien missverständlich ausgedrückt hatten: Es gebe noch gar keinen neuen Entwurf aus dem Bundesinnenministerium (BMI). Was aber existiere, sei eine „informelle Einigung“ auf Ebene der Berichterstatter der Fraktionen, die sich zu den strittigen Punkten im Bereich „racial profiling“ geeinigt hätten. Diese Einigung wiederum sei nun an das BMI gegeben worden, damit man es dort in die neue Kabinettsvorlage einarbeiten könne.
Das Büro von MdB Mihalic schrieb zudem per E-Mail:
Leider kann ich Ihnen das interne Papier nicht zur Verfügung stellen. Die Einigung der Berichterstatter*innen ist im Wesentlichen, dass bei Kontrollen in Zügen und Bahnhöfen durch die Bundespolizei Bürgerinnen und Bürger zukünftig auf Verlangen eine Quittung über den Kontrollvorgang erhalten können.“
Die Abgeordnete Irene Mihalic ist eine von drei der genannten Berichterstatter. Für jedes Gesetzesvorhaben bestimmt jede Regierungspartei ihren Ampelberichterstatter. Mit dabei für die Berichterstattung zum Bundespolizeigesetz sind neben der Grünen Mihalic der MdB Sebastian Hartmann (SPD) und MdB Manuel Höferlin für die FDP.
Diese drei Personen einigten sich also über die Inhalte und reichten ihre Einigung an das BMI weiter. Dort werde der Entwurf dann, so mutmaßt das Büro Mihalic, im Kabinettsentwurf zur Novelle des Bundespolizeigesetzes aufgenommen.
Polizeibeamter skeptisch
Epoch Times sprach mit einem Polizisten mit langjähriger Erfahrung im Außendienst darüber, was er von den Quittungsplänen hält. Der Beamte kommentiert:
„Was soll das für eine Quittung sein? Wir sollen einen Quittungsblock bekommen, wie früher die Zahlkarten? Und die müssten wir dann ausfüllen bei jeder Kontrolle? Wie sähe das in der Praxis aus? Bei einer verdächtigen Personengruppe von sieben Leuten, die beispielsweise hinter dem Hauptbahnhof rumlungert, wo man vielleicht davon ausgeht, dass die da gerade Drogengeschäfte tätigen? Die will man kontrollieren und die sagen jetzt alle: ‚Ne, ne, warte mal, wir wollen alle eine Quittung haben‘? Da muss ich für sieben Leute den Zettel ausfüllen, während die Geschäfte auf der anderen Seite weitergehen, aber ich fülle ja Quittungen aus.
Und diese Leute laufen dann mit den Quittungen ‚rum und werden an der nächsten Ecke wieder kontrolliert, weil sie mit Drogen handeln und nicht weil sie schwarz sind. Und die zeigen dann die Quittung vor und sagen: ‚Nö, ich bin doch gerade schon kontrolliert worden.‘ Da machen wir dann noch eine Quittung, bis der ein Skatblatt an Quittungen zusammen hat? Gefahrenabwehr und Strafverfolgung werden so behindert und eine Verdunklungsgefahr befördert.
Der Polizeibeamte hat ja einen Grund für die Kontrolle. Die Polizei kontrolliert doch niemals anlasslos oder weil jemand eine andere Hautfarbe hat. Ich kenne den Gesetzesentwurf nicht. Aber es wäre noch ‚on the top‘, dass derjenige, der eine Quittung hat, nicht etwa weitere sammelt, sondern sich mittels der ersten Quittung einer Kontrolle entziehen könnte.“
So ähnlich wie bei Hausdurchsuchungen
Trotz solcher Bedenken wird die Bundespolizei in naher Zukunft womöglich doch verpflichtet sein, auf Verlangen Quittungen im Zusammenhang mit Polizeikontrollen auszustellen. Vergleichbar mit Hausdurchsuchungen, bei denen die Beamten Protokolle schreiben, die dann am Durchsuchungsort verbleiben.
Auch der „Tagesspiegel“ schreibt online über ein Papier der „Berichterstatter*innen“, welches nicht öffentlich gemacht wurde.
Wenn die Zeitung titelt: „Vorstoß gegen Racial Profiling: Ampel einigt sich auf Quittungen für Polizeikontrollen“, dann ist das zudem inhaltlich falsch, denn hier handelt es sich lediglich um ein Papier für das BMI, das für einen Kabinettsentwurf zur Novelle des Bundespolizeigesetzes ausgearbeitet wurde. Die Umsetzung ist hier nicht automatisch garantiert, selbst wenn das in der Praxis oft der Fall ist.
Der „Tagesspiegel“ schreibt weiter zum Vorgang:
Im Afrozensus-Report, einer Befragung von rund 6000 Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen in Deutschland aus dem Jahr 2020, haben mehr als die Hälfte der Befragten angegeben, in ihrem Leben mindestens einmal ohne erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert worden zu sein.“
Und die Kernaufgaben?
Weder Politik noch Medien äußern sich dazu, inwieweit dieser Vorschlag einer Modernisierung des Bundespolizeigesetzes dort ansetzt, wo per Gesetz eine Hauptaufgabe der Bundespolizei zu sehen ist: in der Verhinderung von Straftaten, insbesondere auch einer laut Kriminalstatistik gestiegenen Migrantenkriminalität.
Die Polizei der Länder ist davon nicht betroffen. Noch. Es kann aber sein, dass bald auch bei ihr „Quittungsblöcke“ eingefordert und eingeführt werden. Und die Kontrollierten am Ende mit verschiedenfarbigen Zetteln unterwegs sein werden.
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