Nancy Faeser plädierte für Umkehr der Beweislast – und rudert dann zurück
„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ Dieses Zitat, was Deutschlands erstem Bundeskanzler Konrad Adenauer zugeschrieben wird, lässt sich aktuell direkt auf Bundesinnenministerin Nancy Faeser anwenden. Erst forderte Feaser in einer Rede vor dem Bundestag die Beweislastumkehr, daraufhin ging es in den sozialen Medien hoch her und die Innenministerin ruderte wieder zurück.
Anlass war eine in den Medien umfassend präsentierte Razzia bei sogenannten Reichsbürgern, bei der 3.000 Polizisten eingesetzt wurden, die dann am Ende 25 dieser mutmaßlichen Reichsbürger festsetzten, inklusive offenbar planmäßiger Begleitung in vorab informierten, ausgesuchten Medien.
Nicht ganz so planmäßig schien dann die weiter gefasste mediale Resonanz auf Faesers Ankündigung ihrer gewünschten Konsequenzen auf die „Gefahr von Rechts und Reichsbürgern“ zu laufen, ein Aufruhr in den sozialen Medien, der wohl auch seinen Anteil daran hatte, dass Faeser bei Anne Will nichts mehr von dem wissen will, was sie zuerst im Brustton der Überzeugung verlautbarte.
Faesers Pläne waren: Beweislast umkehren, Beamtenrecht ändern
Was sagte Faeser also, was sie später noch mal einkassierte? Hier dokumentiert und zur Erinnerung: „Es ist ein ganz wichtiger Bereich, weil diejenigen, die den Staat vertreten, müssen diejenigen sein, die nicht nur sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen, sondern eine besondere Vorbildfunktion haben. Das will ich noch mal herausheben. Umso wichtiger ist es, dass wir Extremisten, Verfassungsfeinde, aus dem öffentlichen Dienst auch schnell entfernen können. (…)“
Sie setzte fort mit: „Was mich schon seit langem umtreibt, ist, dass wir eine Möglichkeit schaffen, die Beweislast umzukehren. Das heißt, wenn Tatsachen vorliegen, dass dann derjenige auch beweisen muss, dass es eben nicht so ist, anstelle dass der Staat immer nachweisen muss, (…) dass er nicht verfassungstreu ist.“
Keine Unschuldsvermutung mehr
Nancy Faeser wollte nicht weniger die Unschuldsvermutung außer Kraft setzen. Sie will es vermutlich noch immer, denn seit dem Lockdown der Freiheitsrechte unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes rüttelt die Regierung immer wieder an den Grundfesten einer Demokratie.
Konkret bedeutet das, dass von nun an jeder Beschuldigte beweisen müsste, dass er unschuldig ist, wo bisher gilt, dass ihm bewiesen werden muss, dass er schuldig ist.
In unserer Verfassung jedoch gilt die Unschuldsvermutung. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein unantastbarer Grundsatz, genauso wie die Menschenwürde. Ein der Epoch Times bekannter Rechtsanwalt, der allerdings aus Sorge vor staatlichen Übergriffen nicht namentlich genannt werden will, ordnet das Thema juristisch ein:
„Die Beweislastverteilung regelt, wer die Wahrheit einer tatsächlichen Behauptung (im Unterschied zu einer Wertung) darlegen und beweisen muss. Generell muss derjenige, der eine für ihn günstige Tatsache und eine für einen anderen ungünstige Tatsache behauptet, nach allen Regeln der Verfahrensvorschriften beweisen, dass die behauptete Tatsache wahr ist.“
Im Strafrecht liegt die Beweislast z.B. immer beim Ankläger, also bei der Staatsanwaltschaft. Im Disziplinarrecht bei der zuständigen Behörde. Verbleiben Zweifel, ob eine behauptete Tatsache der Wahrheit entspricht, gilt – genauso für eine eventuelle Schuldfrage – grundsätzlich die Unschuldsvermutung.
Umkehr der Beweislast – Menschenwürde auf dem Scheiterhaufen?
Der von Epoch Times befragte Anwalt fährt fort: „Die Umkehr der Beweislast, wie sie durch den Corona-Lockdown der Gesellschaft übergestülpt wurde, bedeutet, dass der Mensch generell als Gefahr und als Störer gilt, weil er theoretisch unsichtbare Viren in sich tragen könnte und diesen generellen Vorwurf ausräumen muss, indem er den Negativbeweis erbringen muss, keine Coronaviren in sich zu haben.“
Mit diesem Narrativ wurde und wird nicht nur die in unserer Verfassung und auch im Unionsrecht als unantastbar verankerte Unschuldsvermutung vernichtet, sondern auch die ebenfalls unantastbare Würde des Menschen.“
Der Mensch dürfe nie ohne ganz konkret nachgewiesenem Anhaltspunkt zu einem Störer oder zu einer Gefahr herabgewürdigt werden. „Das Verlangen nach einem Negativbeweis ist einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung und unseren Grundrechten fremd und kann niemals in Einklang mit der Menschenwürde und der Unschuldsvermutung stehen.“
Die Umkehr der Beweislast und das Gegenteil der Unschuldsvermutung seien unserer Gesellschaft durch den Corona-Lockdown übergestülpt wurden.
Jedem Menschen sei pauschal und ohne konkreten Anhaltspunkt unterstellt worden, er sei eine Gefahr und habe deshalb keinerlei Freiheitsrechte mehr, weil er theoretisch unsichtbare Viren in sich tragen könnte. Von jedem Menschen sei verlangt worden, diesen generellen Vorwurf durch einen Negativbeweis auszuräumen. Dabei lasse sich der Negativbeweis, dass ein Mensch keine Viren in sich trägt, nicht erbringen.
„Mit diesem Corona-Narrativ aber wird nicht nur die in unserer Verfassung und im Unionsrecht als unantastbar verankerte Unschuldsvermutung vernichtet, sondern auch die ebenfalls unantastbare Würde des Menschen.“
Verkehrte Welt: Maskenzwang verstößt gegen Menschenwürde
Eine Beweislastumkehr könne niemals pauschal von vornherein feststehen, sondern darf immer nur auf ganz konkreten Umständen im Einzelfall beruhen. Einem Beamten oder einem anderen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst oder gar einem Richter darf niemals der völlig unbestimmte Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit gemacht werden, von dem er sich dann entlasten muss.
Diese Aushebung der Unschuldsvermutung hat aber nicht erst jetzt, sondern schon seit fast drei Jahren Hochkonjunktur in Gesellschaft und Köpfen vieler Regierungsmitglieder.
„Diese Entwürdigung des Menschen hätte niemals geschehen dürfen, in keinem einzigen Fall – schon gar nicht gegenüber Kindern.“ Der Zwang, Masken aufzusetzen, um Grundrechte auszuüben, verstoße diametral gegen die Unschuldsvermutung und auch die Menschenwürde, weil dieser Zwang auf dem menschenverachtenden Gedanken beruht, ohne Maske sei ein Mensch eine Gefahr für andere.
„Nur wenn im Einzelfall ein konkretisierter Ansteckungsverdacht nachgewiesen ist, und zwar von der zuständigen Behörde, hätte im Einzelfall ein Maskenzwang gegenüber einem Menschen mit Ansteckungsverdacht oder mit deutlichen Symptomen angeordnet werden dürfen.“
Beweislastumkehr ist nichts Neues
So eine Beweislastumkehr kennt man noch aus dem Mittelalter: Wer als Hexe eingestuft wurde, musste das Gegenteil beweisen, was die Deutsche Polizeigewerkschaft in ihrem Tweet, garniert mit einer Karikatur zur Verdeutlichung, ihrer Dienstherrin via Twitter zu verstehen gibt:
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.. pic.twitter.com/IKLGgoDf2o
— DPolG Bundespolizeigewerkschaft (@DPolGBPOLG) December 11, 2022
Weitere Reaktionen auf Twitter bewegten sich zwischen Aufruhr, Häme und Entsetzen. Beispiel: Ernst Wolff, Sachbuchautor (u.a. „Finanz-Tsunami“ und aktuell „World Economic Forum – Die Weltmacht im Hintergrund“) und Finanzexperte, teilte und kommentierte Faesers Rede via Twitter wie folgt:
Dies ist ein #Frontalangriff auf die #Demokratie und die Beerdigung des #Rechtsstaates mit einer Begründung, die man sonst nur von von #Diktatoren und Vertretern von Militärjuntas kennt.“
Einer von Wolffs Twitter-Kommentatoren schlug vor, Nancy Faeser mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, indem er die Beweislastumkehr direkt für die Aussagen der Innenministerin forderte:
Nun muss Frau Faeser beweisen, dass sie die freiheitlich demokratische Grundordnung in Deutschland nicht abschaffen will!“
Zurückrudern bei Anne Will
Die Innenministerin zog es allerdings vor, zurückzurudern, zu leugnen, eben ganz nach Adenauer-Motto „was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“ und stellt das Gesagte kurze Zeit später auf den bequemen Polstern bei Anne Will als ein Missverständnis dar.
Das lief konkret so: Anne Will möchte also in ihrer Talkshow wissen, wie genau nun die Ministerin Problembeamte zu feuern gedenke und fragte:
„Sie wollen das Disziplinarrecht ändern und die Beweislast umkehren. … Wie stellen Sie sich das vor?“
Faeser dementiert, als hätten ihre Worte und das Gesagte als Ministerin nicht die geringste Bedeutung gehabt und als hätten es nicht Millionen gelesen, angesehen und gehört: „Nein, ich will nicht die Beweislast umkehren.“ Und kommt mit einer mageren Erklärung: „Ich habe das etwas umgangssprachlich verkürzt im Fernsehen berichtet“, um dann einen neuen Dreh zu präsentieren:
„Ich will das Disziplinarrecht so aufstellen, dass es keiner Verwaltungsgerichtsklage mehr bedarf, um Bedienstete aus dem Öffentlichen Dienst zu bekommen, sondern dass das mittels eines Verwaltungsaktes geschehen soll.“ Das würde dann schneller gehen und sei zudem einfacher handhabbarer, da einfacher nachzuweisen. Moderatorin Will nickt unhinterfragt ab.
Gesetz durch die Hintertür erwartet
Der von Epoch Times befragte Anwalt schätzt dieses Zurückrudern als nur „pro forma“ ein. Er prognostiziert dabei aus den Erfahrungen der letzten Jahre schöpfend: „Die ursprüngliche Forderung von Faeser wird die Bundesregierung nicht aufgeben. Ein entsprechendes Gesetz mit der Beweislastumkehr zur Säuberung von regierungskritischen Beamten oder Angestellten im öffentlichen Dienst wird garantiert demnächst durch die Hintertür kommen.“
Das eingangs erwähnte Zitat Adenauers geht in einem oftmals nicht mitzitierten Satz noch weiter. Adenauer soll seinerzeit ergänzt haben: „Es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden.“ In Bezug auf Bundesinnenministerin Faeser ist nur zu hoffen, dass sie auch den zweiten Teil vom Adenauer-Zitat verinnerlicht hat und zukünftig anwenden wird.
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