„Von einem Erstürmen können wir nicht sprechen“ – Polizei über Proteste an Habeck-Fähre

Noch sind die Ermittlungen um die Proteste, die sich in der letzten Woche auf dem Schiffsanleger Schüttsiel abgespielt haben, nicht abgeschlossen. Klar ist aber schon jetzt, dass die Situation friedlicher verlief, als von manchen dargestellt.
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In der vergangenen Woche erhitzte ein Besuch des Wirtschaftsministers Robert Habeck in Ostfriesland die Gemüter.Foto: John Macdougall/afp via Getty Images)
Von 13. Januar 2024

Für die einen waren es friedliche Bauernproteste, für die anderen ein „Sturm“ auf die Fähre Hilgelei, mit der Wirtschaftsminister Robert Habeck nach einer Privatreise am 4. Januar von der Hallig Hooge zurück aufs Festland wollte. Inzwischen liegt ein klares Statement der Polizei zu dem Vorfall vor.

„Von einem Erstürmen können wir trotz der in den Videos gezeigten Situation nicht sprechen, da dieser Druck aus der Menge heraus aufkam und auch die Versammlungsteilnehmer teils ungewollt in Richtung der Fähre geschoben worden sein sollen“, so die Polizei auf Nachfrage des NDR Schleswig-Holstein.

Nach Angaben der Polizei sei die nicht angemeldete Protestaktion der schätzungsweise 300 Teilnehmer, überwiegend Landwirte, am Fähranleger von Schlüttsiel größtenteils friedlich gelaufen.

„Unter den friedlichen Teilnehmern befanden sich ca. 25 bis 30 Personen, die die Versammlung nutzten, um zu stören“, schilderte die Polizei Flensburg. Um dem Gedränge in Richtung Fähre entgegenzuwirken, sei auch Pfefferspray zum Einsatz gekommen.

Steuermann berichtet von aufgebrachter Stimmung

„Bei Anlaufen des Hafens in Schlüttsiel war zunächst die Idee, das Eintreffen einer Hundertschaft der Polizei abzuwarten“, berichtete Thomas Silberstein, Steuermann der Fähre „Hilgelei“, gegenüber dem NDR. „Dann sollte die Fähre nach Rücksprache mit der Polizei am Anleger doch festmachen, damit die Passagiere an Bord nicht so lange warten müssen und aussteigen können.“

Doch die Ausfahrt sei von den Bauern blockiert gewesen. Ein Lkw, der die Fähre verlassen wollte, steckte auf der Rampe fest und kam nicht weiter. Wie der 32-jährige Kapitän schilderte, sei die Stimmung „aufgebracht“ und „nicht freundlich“ gewesen.

Im Salon der Fähre habe sich indes Minister Habeck an die Passagiere gewandt. Am Kai fände eine Demonstration statt, sie könnten selbst entscheiden, ob sie von Bord gehen oder nicht, schilderte er.

Gespräche mit Habeck gescheitert

Die meisten der 60 bis 80 Reisenden verließen eine halbe Stunde später die Fähre – Habeck nicht. Personenschützer hätten es abgelehnt, ihn „in die aufgebrachte Menge“ gehen zu lassen. Stattdessen soll den Landwirten das Angebot unterbreitet worden sein, dass zwei oder drei von ihnen auf die Fähre kommen, um mit dem Minister zu sprechen.

Dies sei jedoch „lauthals schreiend“ abgelehnt worden, erklärte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) laut NDR einige Tage später im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags in Kiel. Der Gegenvorschlag: Mindestens zehn Personen wollten an Bord gehen, darunter ein YouTube-Blogger, der selbst Landwirt ist. Er habe das Gespräch filmen wollen. Darauf wiederum ging Habeck nicht ein.

Auch die Forderung der Demonstranten, der Minister sollte mit Megafon von der Reling sprechen, lief ins Leere. Der Grund: Die Nachfrage des Polizei-Einsatzleiters, ob Habeck dann ungehindert abfahren könnte, sei von den Versammlungsteilnehmern verneint worden, so die Innenministerin.

Wie die Polizei laut NDR weiter schildert, kehrte die Fähre aus Sicherheitsgründen mit Habeck an Bord zurück zur Hallig Hooge. Ideen, den Minister dort mit einem Hubschrauber abzuholen, seien schnell verworfen worden. „Das hat auch Habeck selbst abgelehnt. Das habe ich miterlebt“, so Kapitän Silberstein. Auch der Gedanke, dass ein Polizeischiff aus Cuxhaven den Grünen-Politiker aufnimmt, sei wieder verworfen worden.

„Im Endeffekt haben wir Habeck mit der Fähre wieder abgeholt“, so der Steuermann. Nach einer Extrafahrt kam der Minister lediglich in Begleitung seiner Personenschützer in der Nacht zum 5. Januar gegen 01:50 Uhr mit der Fähre in Schlüttsiel an. Gegen 02:30 Uhr war er endlich zu Hause – ohne weitere Proteste.

Weitere Augenzeugen gesucht

„Dass wir hier Straftatbestände haben, ist vollkommen unbestritten“, äußerte die leitende Oberstaatsanwältin Stephanie Gropp im Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtags am 10. Januar laut „Fokus“. Als ungesichert beschrieb sie die Darstellung, dass Demonstranten nach Ablegen der Fähre versucht hätten, eine Polizistenkette zu durchbrechen. Dies könne auch durch den Druck von hinten ausgelöst worden sein.

Wegen des Verdachts der Nötigung sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Zudem würde geprüft, ob weitere Straftaten wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch, Beleidigung oder Bedrohungen vorliegen.

„Für das laufende Ermittlungsverfahren sucht die Polizei diese Passagiere und andere Hinweisgeber, welche die Fähre in der besagten Zeit verlassen haben“, heißt es im „Hamburger Abendblatt“. Sie sollen sich bei der Polizei unter der Rufnummer 0461-4840 melden.



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