Milde Strafe für Klimaaktivisten: 300 Sozialstunden statt Haft

Ein 21-jähriger Klimaaktivist von „Letzte Generation“ wurde für das Blockieren eines Flughafens und das Besprühen einer Reinigungskraft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft forderte anderthalb Jahre Haft, doch das Gericht entschied auf Sozialstunden und eine geringe Geldstrafe. In Berlin gab es Freispruch für die Farbattacke auf das Brandenburger Tor.
Klimaaktivisten der letzten Generation protestieren auf dem Gelände des Flughafens Stuttgart.
Klimaaktivisten von „Letzte Generation“ kleben sich auf der Flugbahn fest. Im Bild der Flughafen Stuttgart.Foto: Marius Bulling/dpa
Von 29. Januar 2025

Ein Klimaaktivist der „Letzten Generation“ wurde am Landgericht Essen verurteilt, er muss jetzt Sozialstunden leisten. Die Staatsanwältin hatte anderthalb Jahre gefordert. Der 21-jährige Klimaaktivist hatte sich neben der Teilnahme an zahlreichen anderen Aktionen in ganz Deutschland auf die Landebahn des Düsseldorfer Flughafens geklebt, wodurch dort der Flugverkehr mehrere Stunden ausgesetzt werden musste. Unter anderem dafür und für das Besprühen einer Reinigungskraft mit Farbe musste er sich jetzt vor dem Landgericht Essen verantworten. 

Flughafenblockaden und Farbattacken

Mehrere Mitglieder von „Letzte Generation“ hatten sich am 13. Juli 2023 Zugang zu den Flughäfen in Düsseldorf und zeitgleich auch Hamburg verschafft und auf Rollfelder geklebt. Dafür hatten sie einen Zaun durchtrennt und waren zu Fuß auf das Vorfeld des Flugplatzes gelangt, wo sie sich festklebten und die Fahrt der Flugzeuge zur Startbahn blockierten. Sicherheitspersonal und Polizisten versuchten die Aktivisten vom Asphalt zu lösen, auch Teile der Rollbahn mussten dabei herausgeschnitten werden. 

Durch die Flughafenblockaden mussten an dem Tag zahlreiche Flüge gestrichen oder umgeleitet werden. Der Flughafen Hamburg versank über Stunden im Chaos am ersten Ferientag. Für viele Familien verschob sich dadurch der Start in die Sommerferien. Auch in Düsseldorf mussten mehrere Flüge annulliert werden; es kam zu zahlreichen Verspätungen. Der Flugverkehr musste deshalb für knapp zwei Stunden unterbrochen werden.

Im Nachgang hatte der Flughafen Düsseldorf Anzeige gegen die Aktivistengruppe erstattet wegen „gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung, Nötigung und Hausfriedensbruch“. Bei einer Verurteilung wegen „gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr“ hätte eine Strafe von bis zu zehn Jahren Haft gedroht. Die dortige Staatsanwaltschaft sah laut „Rheinische Post“ aber einen „gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr“ als nicht gegeben an, stattdessen wurde lediglich wegen des Verdachts der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs ermittelt. Für einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr hätte es „keine zureichenden Hinweise, da dies eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert voraussetzen würde“, gegeben. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei das nicht der Fall gewesen, weil Flugzeuge rechtzeitig umgeleitet wurden oder gar nicht gestartet seien. Epoch Times berichtete.

Schmerzensgeld für Farbattacke auf Reinigungskraft

Das Urteil gegen den Bottroper Klimakleber – fast eineinhalb Jahre nach der Klebeaktion auf dem Düsseldorfer Flughafen und zahlreichen anderen „Letzte Generation“-Aktionen – lautet auf Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung, Nötigung und Hausfriedensbruch. Gestanden hat der 21-Jährige das Kleben auf Straßen und das Besprühen von Gebäuden. 

Neben der Ableistung der 300 Sozialstunden muss der Klimaaktivist auch 250 Euro Schmerzensgeld an eine Reinigungskraft zahlen, die von ihm mit Farbe besprüht worden war – so die Anordnung von Richter Markus Dörlemann. Bei der Urteilsbegründung sprach der Richter laut „t-online“ von „Idealismus“ und einem „positiven Motiv“. Dennoch handele es sich um Straftaten, so Dörlemann.

Das Urteil solle dem Angeklagten zeigen, dass man sich auch auf andere Art, etwa durch praktische oder ehrenamtliche Arbeit, für Umweltschutz engagieren könne, so der Richter. Dafür seien die gegen ihn verhängten Sozialstunden ein geeignetes Mittel.

Sozialer Wandel durch „zivilen Ungehorsam“?

Im Prozess selbst hatte der Klimaaktivist seine Taten „zivilen Ungehorsam“ genannt. Er erklärte, dass nur so ein sozialer Wandel bewirkt werden könnte. Es brauche Protest, denn nur so komme „die Klimakatastrophe in die Köpfe der Menschen“, betonte er im Gericht gegenüber den Richtern noch kurz vor Verkündigung des Urteils. Aus seiner Sicht seien die Aktionen auch erfolgreich gewesen, da „wir es geschafft haben, dass im ganzen Land über die Klimakatastrophe diskutiert wird.“

Die Staatsanwältin hatte anderthalb Jahre Haft ohne Bewährung beantragt. Die Richter blieben mit ihrem Urteil deutlich darunter und verurteilten den Angeklagten nach Jugendstrafrecht. Der Angeklagte selbst hatte auf einen Freispruch gehofft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Sozialstunden in Essen, Freispruch in Berlin: Klimaprozesse enden glimpflich

Milde ließ auch das Berliner Gericht gegenüber den Klimaklebern walten, die das Brandenburger Tor mit einer Farbattacke im November 2023 beschmiert hatten. Regina Stephan (22) und Lio Gomez (24) standen am Montag, 13. Januar 2025, wegen Sachbeschädigung vor Gericht. Der Staatsanwalt forderte für die Beschmutzung des Denkmals eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 beziehungsweise 1.500 Euro.

Die beiden Aktivisten sagten vor Gericht, die Aktion sei ein „symbolischer Protest“ gewesen, sie hätten „nichts beschädigt“, denn unter der Farbe der Attacke sei ja ein Graffitischutz gewesen, ist bei „Letzte Generation“ über den Verlauf des Prozesses zu lesen.

Die Richterin sprach die beiden Aktivisten schließlich frei und bleib damit weit unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe für das Beschmieren des Wahrzeichens. Sie betonte aber, so Medienberichte, dass der Freispruch aufgrund der Sachlage und nicht weil sie die Aktion gutheiße, erfolgte.



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