Meditation und Milchreis – Integration am deutschen Ostseestrand
„…Diese komische Ausländerin neben uns?“ Als ich in einem Strandkorb an der Ostsee für ein paar Minuten meditierte, hörte ich eine Frauenstimme ganz in meiner Nähe. Ich machte die Augen auf und sah, dass ein junges Paar gerade das Schloss des Strandkorbs nebenan öffnete. Die Frau stand kaum zwei Meter von mir entfernt.
„Peinlich“, dachte ich, sie kam wohl nicht auf die Idee, dass „eine komische Ausländerin“ so gut Deutsch kann, um alles zu verstehen, was sie sagt.
„Hoffentlich sagt sie nichts mehr weiter, was es noch peinlicher machen würde, wenn sie etwas über meine Deutschkenntnisse erfahren würde“, dachte ich. Mit den beiden direkt ins Gespräch kommen wollte ich nicht. Das hätte sie wohl ein bisschen schockiert. Mit unseren Kindern auf Deutsch zu plaudern ging auch nicht, weil sie gerade mit dem Papa beim Ponyreiten waren.
Ich schaute mich um und mein Blick blieb auf der Zeitung „Die Welt“ hängen. Das ist ein Angebot des Hotels für die Gäste. Die hatte ich zum Strand mitgenommen. Gut, das könnte ein guter Hinweis sein.
Mit etwas Geräusch und etwas größeren Bewegungen entfaltete ich die Zeitung und begann zu lesen. Die Frau richtete gerade schräg hinter mir den Strandkorb zurecht. Ihr war die Zeitung so nah, dass ihr die großen Buchstaben im Titel „Die Welt“ garantiert ins Auge springen würden, auch wenn sie nur einen Blick in diese Richtung warf.
Ich weiß nicht, ob sie gemerkt hat, dass ich Deutsch kann, aber tatsächlich hörte ich keine weiteren „komischen“ Bemerkungen mehr, zumindest nicht in meiner Anwesenheit.
Wir waren mit der ganzen Familie im Urlaub an der Ostsee. Sowohl im Speisesaal im Hotel, als auch am Strand, waren wir die einzigen mit asiatischen Gesichtern.
Offensichtlich haben die Shopping-Wahn-Chinesen aus China diese Gegend hier nicht ins Auge gefasst. Vielleicht, weil das Bräunen unter der Sonne keine chinesische Mode ist. Dort im Fernost ist die helle Hautfarbe das Schönheitsideal. Am Strand hat man gerne einen großen Sonnenschirm.
Das erinnert mich an den Milchreis, den ich vor etwa 20 Jahren zum ersten Mal in meinem Leben gegessen habe. Ja klar, ich komme aus China und wir essen jeden Tag Reis, wir haben sogar viele Sorten von Reis, weiß, gelblich, lila, dunkelrot…. Aber Milchreis… nie gehört und noch weniger gegessen.
Als ich in einer deutschen Uni studierte, wurden mein Freund, ebenfalls aus China, und ich einmal von einer deutschen Kommilitonin zum Abendessen eingeladen zusammen mit etwa zehn deutschen Studenten.
Mit Neugier auf deutsche Leckereien kamen wir zum „Festmahl” in die Küche des Studentenwohnheims. Und was stand da? Eine Art weiße Suppe, etwas kompakt, darin waren reisähnliche Körner. Einmal probieren, das war tatsächlich Reis, und mit Milch gekocht! Und auch noch mit Zucker und Zimt!
Einen Schock bekamen wir beide, wie kann man Reis auf diese Weise kochen? Auch der Geschmack…. Es wäre wohl sehr unhöflich gewesen, wenn wir als Gäste unser Gefühl über dieses exotische Essen ausgedrückt hätten, auf jeden Fall konnte keiner von uns auch nur einen Schluck runterkriegen. Die ganze Zeit haben wir mit Erstaunen zugeguckt, wie die anderen Studenten mit Vergnügen dieses Mahl genossen haben. Wir gingen fast verhungert nach dem Fest nachhause.
Es ist wohl wahr, dass die Zeit vieles ändern kann. Nach etwa 20 Jahren steht diese „komische” Speise nun ab und zu auch auf unserem Speiseplan. Fertig gekauft oder selbst gemacht, Milchreis ist doch ein leckerer Nachtisch, na, so weit sind wir schon gekommen.
Von „nie wieder probieren” bis zum „noch einen Löffel bitte”, wir haben es geschafft. Die Geheimwaffe dabei: immer wieder haben wir Milchreis gesehen und probiert, und er ist uns nicht mehr fremd.
Als wir uns später im Hotel das junge Paar wieder kurz getroffen haben, haben wir uns auch begrüßt. Vielleicht werden sie sich an das Bild eines meditierenden Menschen schon bald gewöhnt haben, wie wir an den Milchreis.
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