Kosmische Energie als Antriebskraft: War Karl Hans Janke der größte Erfinder aller Zeiten?
Nur die wenigsten wissen von einem genialen Geist, der fast 40 Jahre in der Psychiatrie in der DDR lebte. Seine Geschichte ist eng verbunden mit einem Schloss, das genauso in Vergessenheit geriet, wie sein wohl außergewöhnlichster Bewohner.
Als Karl Hans Janke im Jahr 1950 in die psychiatrische Klinik im sächsischen Schloss Hubertusburg eingewiesen wird, dient das ehemals größte Jagdschloss Europas bereits seit 100 Jahren als Hospital und Irrenanstalt.
Mit dem Erfinder, Ingenieur und Visionär Janke bekommt die Anstalt mit über 1.000 psychisch kranken Patienten einen Insassen, der weder auffällige Symptome zeigt noch in irgendeiner Weise nicht wüsste, wer er ist. Was man ihm vorwirft, sind seine „wahnhaften Erfindungen“, die zu der Diagnose führen: „chronisch paranoide Schizophrenie“.
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Der Einzelgänger Janke
Geboren 1909 in Kolberg/Pommern wächst Karl Hans Janke als Einzelkind in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Seine Reifeprüfung legte er 1932 in Berlin ab. Danach studierte er ein Semester Zahnmedizin in Greifswald. Wie er selbst darüber schrieb, beendete er das Studium, weil er Probleme mit dem Sezieren und sein Vater kein Geld mehr hätte. Offenbar ist er dann nach Hause zurückgekehrt und hat weiter an seinen Erfindungen gearbeitet. Wie erst viele Jahre später bekannt wird, nämlich 2007, stellte man ihm in dieser Zeit zwei Patente aus. 1936 erhielt er ein Patent für ein Navigationssystem, wie es in der heutigen Zeit Verwendung findet. 1939 folgt ein Patent für ein „Flugzeug mit schwingender Tragfläche“.
1940 wird der 31-Jährige zur Wehrmacht eingezogen und 1943 aus gesundheitlichen Gründen wieder entlassen. Zum Kriegsende starb sein Vater und der inzwischen 36-jährige Janke kam mit seiner Mutter in einem Flüchtlingstreck nach Großenhain in Sachsen. Hier richtete er sich offenbar eine kleine Werkstatt ein, in der er weiter an seinen Modellen aus Papier und Pappe bastelte und kleine Dinge des täglichen Bedarfs herstellte. Nachdem die Mutter 1948 starb, soll er angeblich nicht mehr in der Lage gewesen sein, sich selbst zu versorgen. Kurz darauf bekam er keine Materialien mehr aus der Papierfabrik.
Janke nimmt das zum Anlass, über den Staat zu schimpfen und hängt ein Schild in den Schaukasten seiner Werkstatt, auf das er sarkastisch schreibt: „Spielzeuge dürfen nicht mehr gefertigt werden, weil das Material für Kanonen gebraucht wird. A. Hitler.“ Eine halbe Stunde später wird er verhaftet. Den Rest seines Lebens wird er nie wieder in Freiheit verbringen.
„Sein Körper war in der Klinik, sein Geist nie“
Dicht gedrängt lebten die rund 1.400 Patienten der Wermsdorfer Psychiatrie im Schloss Hubertusburg. Mitunter 40 Patienten in einem Raum. Das barocke Prunkschloss, erbaut Anfang des 18. Jahrhunderts von August des Starken und von seinem Sohn August II. fertiggestellt, wuchs nach 1945 zu einem der größten Hospitäler der damaligen DDR heran. Ländlich gelegen zwischen Dresden und Leipzig war der riesige Komplex ein System in sich, in dem auch die Patienten zu einfachen Arbeiten herangezogen wurden.
Als Janke vom Gefängnis zuerst in die Nervenklinik Arnsdorf eingewiesen wird und dann etwa ein Jahr später nach Hubtertusburg kommt, glaubt er immer noch an einen Irrtum und rechnet mit seiner baldigen Entlassung. Doch weit gefehlt: Er wird zugleich in das Anstaltsregime eingegliedert und der Kohlenkolonne zugeteilt.
Seinem Ideenreichtum tut das keinen Abbruch. Er entwirft für das Schloss eine neue Heizungsanlage, die ohne Braunkohle und ohne hohen Arbeitsaufwand funktionieren sollte. Keiner hat Interesse daran.
Janke zeichnet und erfindet unentwegt. Der Techniker des Hauses versorgt ihn mit Papier und Stiften und anderen Materialien, die er für seine Modelle braucht. Er fertigt Zeichnungen an, die an Präzision in ihren Ausführungen nicht zu überbieten sind. Raumfahrzeuge, Raumstationen, Flugzeuge, Hubschrauber, Autos, Busse, Schiffe, Fahrräder und elektrische Roller, mit deren Konstruktion er seiner Zeit weit voraus ist.
Der spätere Chefarzt der Klinik, Dr. Peter Grampp sagte über ihn: „Sein Körper war in der Klinik, sein Körper war auch in einem Mehrbettzimmer, aber ich glaube sein Kopf war nie drin. Sein Geist war immer außerhalb.“
Alles ohne Emissionen
So entstanden in fast 40 Jahren schätzungsweise 4.000 – 6.000 Zeichnungen und Schriften. Seine technischen Erfindungen tragen Namen wie „Deutsches Raumflug-Triebwerk“ oder „Atom-Magnetische Blitzdüse“. Janke entwarf eine Welt, in der alle Energieprobleme der Menschheit gelöst sein würden.
Seine Skizzen schickt er an Patentämter und Universitäten. Er korrespondiert mit Behörden, Betrieben und Fachzeitschriften. Anfangs kommen begeisterte Antworten, doch dann folgen nur Ablehnungen und Absagen. Der Grund: Er ist Patient der Psychiatrie.
Janke gibt nicht auf und hält Vorträge vor Ärzten und Patienten. Seine Vision: Energiegewinnung aus dem All, aus der uns umgebenden Atmosphäre. Energie, die man nur einfangen und komprimieren muss. Alles funktioniert ohne die Anwendung fossiler Brennstoffe und damit ohne Ausstoß von sogenannten Luftschadstoffen wie CO2.
Grampp über den Erfinder: „Die Grundidee war immer die Gleiche, ein Cybermodell zwischen Mensch (Leben) und Technik. Beides aufgebaut auf Energie. Und damit hat er das, was Einstein als Grundlage setzte, nämlich dass Energie und Zeit und Existenz letztendlich über eine Formel in Verbindung zu bringen sind, konsequent weiter entwickelt.“ Die Erkenntnis, die Janke versucht habe zu Papier zu bringen, sei die gewesen:
Es ist eigentlich völlig egal, ob Mensch oder Maschine, zusammen hält alles nur die Energie und die Zeit.“
„Totale Wahrhaftigkeit“
Janke lebt was er ist. Er kleidet sich wie ein Ingenieur, trägt täglich sein Jacket. Den Ärzten begegnet er auf Augenhöhe. Immer wieder kämpft er um seine Entlassung, schaltet Rechtsanwälte ein, schreibt Briefe. Vergebens. Eines Tages sollten auch seine Modelle und Zeichnungen vernichtet werden. Haustechniker Manfred John überlässt Janke daraufhin eine kleine Kammer auf dem Dachboden des Schlosses, wo er auch einige seiner Modelle aufbewahren kann. In der Bodenkammer arbeitet Janke unermüdlich weiter.
Es entstehen nicht nur technische Skizzen, sondern auch wissenschaftliche Erklärungen und Aufzeichnungen einer kompletten Schöpfungsgeschichte. Als Grampp im Jahr 2000 die Koffer und Kisten öffnet, findet er unter tausenden einzelnen Blättern ein etwa 70-seitiges Album über Jankes Idee der „Urgeschichte des Weltalls und der Erde“. Darin finden sich unter anderem auch Zeichnungen über bewohnte fremde Planeten und wie sie durch Energiebahnen miteinander verbunden sind.
Grampp, der 1996 Chefarzt der Psychiatrie in Wermsdorf wird, hat Janke nie persönlich kennengelernt, kann sich jedoch als erfahrener Psychiater ein Bild über den Patienten machen. Er stellte fest:
Janke litt nie an seiner Krankheit, sondern am Unverständnis der Welt, der er sich ausgesetzt fühlte.“
Dabei hat Janke niemals an sich selbst gezweifelt, zumindest gibt es keine Informationen, die so etwas vermuten ließen. In der Krankenakte konstatierten die Ärzte, dass der „Patient“ über seine eigene Person „örtlich und zeitlich orientiert“ war. An ihn gerichtete Fragen habe er „sinngemäß“ beantwortet.
In einer Autobiographie schrieb Janke über sich selbst: „Ich bin kein Gesellschaftsmensch, ich habe jahrelang selbstständig gearbeitet und mich trotzdem nicht von der Welt zurückgezogen. Sämtliche Eigenarten meiner Mitmenschen sind mir auch bekannt geworden. Ich habe teilgenommen an den Freuden und Leiden meiner Mitmenschen, bin aber trotzdem kein Gesellschaftsmensch, kann meine Worte nicht so in Worte kleiden.“
Dass Janke unbeirrt das auslebte, was er seiner Überzeugung nach war, beschrieb der belgische Kunsthistoriker Jan Hoet 2003 als „totale Wahrhaftigkeit“. Janke habe richtig verstanden, was er ist, sagte Hoet.
Janke als Künstler
So wie auch viele andere nach der Jahrtausendwende sah der bereits verstorbene Kunsthistoriker und Ausstellungskurator Hoet (Documenta IX Kassel) in Janke weniger einen Ingenieur oder Techniker, als viel mehr einen herausragenden Künstler und Visionär. 2001 organisierte er erstmalig eine Ausstellung von Werken Jankes in der Kunstausstellung „Yellow“ im belgischen Geel.
In einem Interview von 2003 erklärte er, wie die „Obsession“ Jankes immer „mit einer formalen Gestaltung verknüpft“ ist, die einfach „perfekt“ sei. „Das Blatt ist von links nach rechts, von oben nach unten vollkommen. Man kann nichts hinzufügen – nichts. Man kann auch nichts wegnehmen.“
Den künstlerischen Rang Jankes verstand er als eine „universelle Welt“, die in ihrer Art einmalig ist. Janke sei dabei eine „singuläre Erscheinung“.
Beide, Hoet und Grampp betonen, dass die Individualität, die Janke verkörpert, wichtig sei in einer Welt, die immer mehr versucht, zu generalisieren.
„Es gibt viele Leute, die Angst haben, sich auszudrücken oder ihren Ideen und Gedanken Form zu geben“, sagte der Kunsthistoriker. Janke habe das gemacht, ohne Absicht auf Ruhm oder einem wissenschaftlichen Denken zu genügen. „Er ist der andere, weil er der andere sein will. Er fühlt sich dabei nicht frustriert. Ich finde, dass Janke ein Modell für jeden Menschen ist.“
Janke stirbt mit 79 Jahren
Im Februar 1988 ist Janke fast 80 Jahre alt. Sein halbes Leben hat er in der Psychiatrie verbracht. Am 15. Februar stirbt er ohne Nachkommen oder Erben. Teile seines Lebenswerks werden vernichtet, der Rest ruht in Kisten und Koffern in der Bodenkammer des Schlosses – bis die ehemalige Klinikleiterin ihren Nachfolger Grampp 2000 auf den Dachboden führt.
In den Jahren danach widmete man dem Phänomen Janke verschiedene Ausstellungen und Dokumentationen. Ein Verein verwaltet seinen Nachlass und kümmert sich um ein kleines Museum auf dem Schlossgelände.
Ob wir die Größe seines Geistes jemals erfassen können, hängt sicher davon ab, inwieweit wir uns vorbehaltlos öffnen können gegenüber einem Menschen, der die Grenzen des konventionellen Denkens weit überschritten hat. Doch eins steht fest, das Erbe, dass er der Menschheit hinterlassen hat, ist in vielen Aspekten zukunftsweisend.
Janke war ein bemerkenswerter Mensch, der sein Leben in den Dienst einer guten Sache gestellt hat. In seinem Testament schrieb er: „Ich bitte, die Bilder und Alben aufzubewahren, mit den vielen Zeichnungen und Modellen, die ich für Euch Menschen geschaffen habe.“
Die komplette Sammlung der erhalten gebliebenen Zeichnungen von Karl Hans Janke ist auf www.deutschefotothek.de zu finden. Informationen im Artikel entstammen teilweise der MDR-Reportage „Hubertusburg – Fürstenschloss im Dornröschenschlaf“.
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