Konstantin Wecker wird 70: Das ganze schrecklich schöne Leben in Poesie und Widerstand

Konstantin Wecker gehört zu den mutigen Liedermachern und etablierten Künstlern, die sich mit ihren sehr kultivierten Protestauftritten gegen den Wahnsinn von Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Gehör verschaffen.
Titelbild
Konstanin Wecker und sein "schrecklich schönes Leben".Foto: Cover Gütersloher Verlagshaus

Am 1. Juni 2017 wird der in München geborene Konstantin Wecker 70 – an diesem Tag wird er 3.000 Menschen im Münchner Circus Krone im Rahmen seiner großen Deutschland-Tournee mit seinem Jubiläumsprogramm „POESIE und WIDERSTAND“ begeistern.

Konstantin Wecker, der hochbegabte Pianist, Komponist, Sänger, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, hat wie wenige vergleichbare Künstler auch die Schattenseiten des Lebens in größter Bedrängnis durchlitten und überlebt.

Ich hätte Mönch sein können, ebenso wie ich die „Laufbahn“ eines gewalttätigen Verbrechers hätte einschlagen können. Das erscheint nicht naheliegend bei jemandem, der in der Öffentlichkeit überwiegend als Genussmensch und Pazifist bekannt ist. Vielleicht ist es aber einfach so, dass ich das Mönchische in mir versteckt habe, so wie ich das Kriegerische verstecke. Unser Schatten ist ja immer das, was wir gerade nicht sehen wollen, zumindest nicht ausleben.

Der Mönch ist eine Existenzform, die durch Subtraktion entsteht: indem man nach und nach alles wegnimmt, was ein Mensch zu brauchen und zu sein glaubt. Ist alles Überflüssige weggefallen, so sind wir endlich frei, zum Eigentlichen vorzudringen.

Nach meiner Verhaftung wegen Drogenbesitzes im Jahr 1995 habe ich erfahren müssen, was es heißt, auf sehr Weniges reduziert zu werden. Ich hatte alle Ehre, alles Geld und Ansehen verloren. Täglich konnte ich am Zeitungsständer die neuesten Gräuelnachrichten über meinen Drogenabsturz und den anhängigen Strafprozess lesen.

Die Erfahrung, isoliert, ja ausgestoßen zu sein, erwies sich im Nachhinein als sehr wertvoll. Mir ist dadurch klargeworden, dass es in mir etwas Unzerstörbares gab, etwas, das unabhängig von der „Persona“ ist, also von der Kunstfigur, die man gerne sein und nach außen hin darstellen will. In diesem innersten Raum wohnt etwas, das unbeeinflussbar ist von fremden und eigenen Urteilen, jenseits von Kategorien wie Würde und Schande, Gelingen und Versagen. Es ist wunderbar, diesen unveränderlichen Kern zu spüren.“

Mit 48 Jahren ist er auf dem vorläufigen Gipfelpunkt seines künstlerischen Schaffens. Am 22. Oktober 1995 wird ihm der „Kurt-Tucholsky-Preis“ verliehen; in seiner Dankesrede fiel der Prosatext: „Heute nehme ich mir das Leben, um es nie mehr zu verlieren …“ (Kurt Tucholsky wählte 60 Jahre zuvor den Freitod).

Nur fünf Wochen später wurde Konstantin Wecker am 29. November 1995 in seiner Grünwalder 600-qm-Wohnung von Fahndern des Zoll- und Landeskriminalamts wegen Drogenbesitz verhaftet. Gnadenlose Verurteilung zu 3 ½ Jahren Gefängnis ohne Bewährung. Höchst renommierte Münchner Strafverteidiger konnten Konstantin Wecker in kürzester Zeit aus seiner Haftzelle befreien.

Deutschlands Presse ist in grauenhafter Weise über ihn hergefallen. Das übliche Spiel von Journalisten-Häme.

„Ach, wer auf Häuser baut, den schreckt jedes Beben,

wer sich den Banken verschreibt, den versklavt ihre Macht.

Wer seinem Staat vertraut, der muss damit leben,

dass, was heute noch Recht ist, oft Unrecht wird über Nacht.“

Der körperlich und seelisch ruinierte Konstantin Wecker begann ein zweites Leben, es hört sich an und liest sich wie ein Wunder.

Er tauchte tief in die Weisheitslehren großer spiritueller Meister ein. Er ist herausragenden Geistesgrößen begegnet, die zu seiner Veränderung beigetragen haben.

Der Quantenphysiker, Friedensnobelpreisträger und 49. Ehrenbürger von München, Hans-Peter Dürr (1929 – 2014), zählte zu seinen Freunden.

Auf der unvergesslichen Trauerfeier am 7. Juni 2014 fand der mystische Poet Konstantin Wecker unter Tränen sehr bewegende Worte:

„Selten hat mir so jemand so schnell die Scheu genommen, mich in sein Herz geschlossen und noch nie hat mir ein Wissenschaftler so leidenschaftlich das Gefühl vermittelt, dass seine Wissenschaft kein Geheimwissen sei, dass seine Erkenntnisse allen Menschen geschenkt werden sollen…“

Konstantin Wecker gehört zu den mutigen Liedermachern und etablierten Künstlern, die sich mit ihren sehr kultivierten Protestauftritten gegen den Wahnsinn von Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Gehör verschaffen.

Am 1. Juni 1947 wurde Konstantin Alexander Wecker in München geboren. Er ist das einzige Kind seiner Eltern Alexander und Dorothea, die ihm das Rüstzeug zur Rebellion mitgegeben haben. Als der 18-jährige Konstantin im Jahr 1965 seinen Einberufungsbefehl für den Wehrdienst bekam, ging der Vater zorngerötet zur Behörde und zerriss vor den Augen der Beamten das Papier mit den Worten:

„Ich war unter Hitler nicht beim Militär, und mein Sohn geht auch nicht zum Militär. Von uns geht niemand zum Militär und niemand wird jemals eine Uniform anziehen!“

Der im Münchner Stadtteil Lehel groß gewordene Konstantin bekommt Klavier-, Geigen- und Gitarren-Unterricht. Sehr früh schon war er Solist im Rudolf-Lamy-Kinderchor, man kennt seine Stimme aus dem Heimatfilm „Die Trapp-Familie“.

1974 gründete er das Team Musikon, mit dem er bis 1985 seine Platten und Konzerte selbst produzierte. Im Jahre 1980 siedelte er mit den Musikern und Freunden in die Toskana über. 1977 gelang ihm mit dem Album „Genug ist nicht genug“ der Durchbruch. Wecker wurde dafür im selben Jahr mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet.

Konstantin Wecker engagiert sich als Künstler auch politisch und arbeitete mit vielen bekannten deutschen und ausländischen Künstlern zusammen, darunter waren Joan Baez und Mercedes Sosa. Er tritt auf Kundgebungen der Friedensbewegung auf. „Wir müssen an unseren Utopien einer herrschaftsfreien und gewaltfreien Gesellschaft festhalten, sie zusammen mit anderen weiterentwickeln.“

Im Jahr 2007 erhielt er zusammen mit Eugen Drewermann den „Erich-Fromm-Preis“, 2009 den „Bayerischen Filmpreis“. In der Sonntagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 8. August 2010 bekennt Konstantin Wecker, dass eine Partei für ihn niemals eine Heimat sein könne.

„Ich war schon immer der Meinung, dass die Chance des Künstlers darin besteht, bunt malen zu dürfen im Gegensatz zum Schwarz-Weiß der Politik. Für mich wäre eine Parteimitgliedschaft daher auch immer eine Einschränkung gewesen.“

Konstantin Wecker, der Hunderte von Liedern komponiert hat, betont immer wieder die Bedeutung der Musik für den Widerstand gegen Krieg, Diktatur und Ungerechtigkeit. „Musik dient dem Frieden. Wer miteinander musiziert, kann nicht aufeinander schießen… Eine menschlichere Welt ist nur möglich, wenn wir – Frauen und Männer gemeinsam – das Patriarchat überwinden. Das Patriarchat ist mit dem Kapitalismus eine schreckliche Allianz eingegangen. Und gemeinsam haben sie unsere Weltan den Rand des Abrunds geführt …“

Konstantin Wecker hat diverse Drogenkrisen erfolgreich überwunden und hat seinem Leben mit Hilfe von weisen Menschen eine neue Richtung gegeben. Eine bewundernswerte ständige Weiterentwicklung. „Mehrmals in meinem Leben wurde ich verhaftet und musste mal kürzere, mal längere Zeit im Gefängnis verbringen. Und auch hier war es ein Satz meines Vaters, der mich daran hinderte, irgendjemanden oder irgendetwas zu verraten, um dafür Erleichterung zu kassieren:

‚Mit der Obrigkeit arbeitet man nicht zusammen!’

Gewalt und Hass betrachtet der Künstler Konstantin Wecker, der die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes aufwecken möchte, als ein universelles Problem.

„Wünscht sich ein Kind eine Welt ohne Kriege, wird es von Erwachsenen oft als naiv abgetan, genauso wie der Jugendliche oder alte Friedensaktivist, der für Frieden demonstriert. Aber was ist naiv an solchen Wünschen? Was ist lächerlich daran, sich eine Welt ohne Gewalt vorzustellen?

Warum wird ein von Liebe bestimmtes menschliches Zusammenleben als naiver Traum angesehen?“

Die beeindruckende Biographie „Das ganze schreckliche Leben“, die mit großartiger Mithilfe von Günter Bauch und Roland Rottenfußer entstanden ist, ist das ehrliche und authentische Lebenszeugnis eines aus der Hölle wiederauferstandenen Menschen, der sagt: „Das ganze Abenteuer noch mal wagen? Das ganze schrecklich schöne Leben? – JA!“

„Ich danke dir Leben, hast mir so viel gegeben,

eine Stimme zum Singen bringt die Worte zum Klingen,

Hände zum Spielen, an vielen Klavieren,

Lust am Erlernen und Ausprobieren

und so viel Zeit voller Zärtlichkeit“

„Ich danke dem Leben, den Flüssen, den Reben,

den Winden, den Bäumen und ich dank meinen Träumen,

denn sie ließen mich fliegen, die Starrheit besiegen

und es ließ mich erkennen: wir sind nicht zu trennen,

woher wir auch stammen – wir sind eins und zusammen.“

Konstantin Wecker     

Das ganze schrecklich schöne Leben von Konstantin Wecker

Das ganze schrecklich schöne Leben von Konstantin Wecker

Das ganze schrecklich

schöne Leben

Die Biographie

Gütersloher Verlagshaus

480 Seiten

€ 24,99

 

 



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