Höhen und Tiefen des Großeltern-Daseins
Großeltern sind ein bisschen Elternteil, ein bisschen Lehrer und ein bisschen bester Freund. Die Zusammensetzung dieser drei Teile macht eine der größten Freuden aus, die das Leben uns schenken kann. Großeltern zu sein, ist so anders, als Eltern zu sein, vergleichbar wie Pfeffer und Salz. Die Freude ersetzt oft die Sorgen, die wir als Eltern empfunden haben. Und eine Nachsicht, die wir unseren Söhnen und Töchtern nie entgegengebracht hätten, fließt wie ein Fluss zu den Enkelkindern. Der Vater, dessen Mutter ihn in seiner Jugend nur selten mit Süßigkeiten verwöhnt hat, sieht mit offenem Mund zu, wie sie seiner Tochter einen Schokoriegel überreicht.
Werfen wir nun einen Blick auf diese drei Rollen der Großeltern.
Die Elternrolle
Viele Großeltern fungieren als Eltern, wenn diese nicht für die Kleinen da sein können. Eine Großmutter, die ich kenne, kümmert sich ein paar Tage in der Woche um zwei Kleinkinder, während ihre Tochter und ihr Schwiegersohn arbeiten. Aus Gesprächen mit ihr und vielen anderen Großeltern weiß ich, dass sie diese Zeit mit den Kindern liebt. Unbelastet von Hausarbeit und anderen Aufgaben kann sie sich mehr auf die Kinder konzentrieren als deren Eltern, mit ihnen spielen oder auf der Terrasse sitzen, während die Kinder im Garten herumtollen. Und das Beste daran ist, die meisten Großeltern kennen dieses Gefühl, dass sie am Ende des Tages zwar etwas erschöpft, aber frei von zusätzlicher Verantwortung nach Hause geht.
Doch die Elternrolle birgt auch ihre Tücken, wie ein alter Witz verdeutlicht: „Warum verstehen sich Großeltern und Enkelkinder so gut? Weil sie einen gemeinsamen Feind haben.“ Dieser Witz mag zum Lachen anregen, aber er enthält auch eine versteckte Warnung. Wie viele andere Großeltern habe ich gelernt, mich mit Kritik an den Erziehungsmethoden meiner Kinder zurückzuhalten, wenn ich nicht um Rat gefragt werde. Wenn ich den Eindruck habe, dass eine Enkelin viel zu viel Zeit vor dem Fernseher verbringt oder ein junger Enkel aussieht, als hätte er sich im Dunkeln angezogen, habe ich gelernt, mich mit meiner Kritik zurückzuhalten und mir auf die Zunge zu beißen.
Eine harte Zurechtweisung eines Enkels kann ebenso katastrophale Folgen haben. Wenn Sie Ihren Enkel für seine Tischmanieren tadeln, kann es sein, dass Sie von seiner Mutter einen Blick bekommen, der Wasser in Eis verwandeln könnte.
Die Lehrerrolle
Wenn Sie über 60 Jahre alt sind, sind Sie wahrscheinlich eine wandelnde Enzyklopädie und haben eine Menge Wissen und Erfahrung gesammelt. Sie haben Katastrophen und Todesfälle erlebt, Hindernisse überwunden und Höhen und Tiefen erlebt. Mit anderen Worten: Sie haben schon einiges im Leben gelernt.
Viele Großeltern haben die Zeit und die Gelegenheit, diesen Schatz an Kenntnissen mit den Jüngeren zu teilen. Sie bringen Jonas bei, wie man Forellen angelt, locken ihn in die Küche und verraten ihm ihre Rezepte für Gazpacho und Omeletts, nehmen ihn mit in den Garten, bauen einen Karton auf und zeigen ihm, wie er mit seinem neuen Luftgewehr ein Ziel treffen kann.
Während der Schulschließungen im Zuge der Pandemie sind zweifellos viele Großeltern eingesprungen, um ihre Enkel zu unterrichten, indem sie den Fernunterricht am Computer durch Unterricht in Mathematik, Geschichte und anderen Fächern ergänzten. Sie wurden zu offiziellen Lehrern, die sich mit ihren Enkelkindern durch die gemeinsam verbrachte Zeit verbunden fühlten.
Aber das Wichtigste ist die Weisheit, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wie Robert Ruark in seiner Hommage „Der Junge und der Jäger“ an seinen Großvater schrieb: „Das Beste an dem alten Mann ist, dass er bereit ist, über sein Wissen zu sprechen und dass er niemals auf ein Kind, also auf mich, herabschaut, das etwas wissen will.“
Bester Freund
Anstelle von „bester Freund“ tendiere ich eher zu der Bezeichnung „Vertrauensperson“. Aus verschiedenen Gründen suchen Kinder oft eher den Rat der Großeltern als den ihrer Geschwister, Schulfreunde oder Eltern. Sie schätzen die Weisheit, die ihnen durch die vielen Jahre zuteil wurde und vertrauen dieser Person, die sie als Kleinkind an die Hand genommen, ihnen vor dem Abendessen Leckereien zugesteckt, sie durch die Verwirrungen des Deutschaufsatzes in der siebten Klasse geführt und ihnen beigebracht hat, ohne Stützräder Fahrrad zu fahren.
Diese Rolle des Mentors und Beraters kann den Großeltern aber auch einen Anteil an Problemen, Traurigkeit und Tränen bescheren. Ob es sich dabei um einen 11-Jährigen handelt, der über seinem Schulzeugnis Tränen vergießt, bevor er es seiner Mutter zeigt, oder um eine hagere, reumütige 16-Jährige, die gesteht, dass sie sich am Mobbing eines Klassenkameraden im Internet beteiligt hat – am Ende tragen die Großeltern einen Teil der Last dieser traumatischen Momente.
Doch so schmerzhaft diese Bekenntnisse auch sein mögen, so ehrenvoll sind sie doch für alle Großeltern, die dies miterleben dürfen.
Die andere Seite
Manchmal trennt Familienzwist die Großeltern von ihren Enkelkindern. Was auch immer passiert ist, wer auch immer den Bruch herbeigeführt hat – die Eltern, die Großeltern oder die Enkelkinder selbst –, dieser Bruch bringt oft Bedauern und Kummer für diejenigen mit sich, die von der Familie getrennt sind.
Ich kenne mehrere Menschen, die sich in dieser traurigen Situation befinden. Eine Frau, deren Tochter sich weigert, sie zu ihren Enkelkindern zu lassen, ein gestörter Teenager, der seinen Großvater verachtet, Großväter, die ihre Kinder vor langer Zeit verlassen haben und nun keinen Kontakt mehr zu den Kindern ihrer Kinder haben: Diese und andere Trennungen können herzzerreißend sein, besonders für diejenigen, die verzweifelt versuchen, diese Beziehungen zu reparieren und wiederherzustellen.
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