Hans-Georg Maaßen im Film-Porträt von Imad Karim + Video
In der Nacht vom 6. Dezember 2019 begann während einer Autofahrt von Saarbrücken nach Mönchengladbach ihr Gespräch über Deutschland. Der Initiator war Imad Karim, bekannt als Regisseur, Drehbuchautor, Fernsehjournalist und Filmautor. Er ist Deutscher libanesischer Herkunft und seit Ende 1977 in Südwestdeutschland ansässig. Seine Filme wurden in den Fernsehanstalten WDR, HR, BR, MDR, ORB, SR, SWR, NDR, 3Sat, Phoenix und im ersten ARD-Programm ausgestrahlt.
Hans-Georg Maaßen ist deutscher Jurist und politischer Beamter. Von August 2012 bis zu seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im November 2018 war er Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
In den einstweiligen Ruhestand können in Deutschland ohne Angabe von Gründen politische Beamte, Generale und Admirale versetzt werden. Dabei ist kein persönliches Fehlverhalten oder ein Dienstvergehen nötig. Meist wird die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mit einem gestörten Vertrauensverhältnis begründet.
Maaßen hatte im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Chemnitz 2018 bestritten, dass es sogenannte „Hetzjagden“ auf Ausländer gegeben habe und damit der Bundeskanzlerin Angela Merkel widersprochen.
Hans-Georg Maaßen im Portrait: „Wer Moral übers Recht stellt, verliert Beides“ – Regie: Imad Karim
Zwei Tage und Nächte sind Hans Georg Maaßen und Imad Karim miteinander im Gespräch, beginnend mit einer provozierenden Frage von Karim angesichts der regen Reisetätigkeit von Maaßen zu Veranstaltungen und Diskussionsrunden mit interessierten Bürgern in der Bundesrepublik: „Herr Maaßen, warum tun Sie sich das an, Sie werden bekämpft, Sie werden stigmatisiert, Sie wurden kürzlich in Düsseldorf als Faschist bezeichnet. Was sind jetzt Ihre Hoffnungen?“
Maaßen: „Es hat mehrere Beweggründe. Ich mache mir Sorgen um dieses Land. Ich bin der Auffassung, wenn es weiter so läuft, wird Deutschland eine dunkle Zukunft haben, ich bin der festen Überzeugung, wir können’s anders, wir können’s besser. Wir können wirtschaftlich wieder stark sein, wir können auch ein Land sein, wo aufgrund von guter Bildung und Meinungsfreiheit die Kreativität der Menschen gefördert wird und ich möchte es gerne ändern. Ich sehe es als eine große Herausforderung an. … auch weil ich zuversichtlich bin, dass das möglich ist…“
Imad Karim hatte schon länger sein Augenmerk auf Maaßen gerichtet: „Ich fragte mich, warum er das macht und begann, seine Aussagen aufzuschreiben.“ Schließlich kommt er zu der Frage: „Wenn ich sehe, was Ihre Mutterpartei, die CDU, zu Ihnen sagt, dann ist das nicht gerade ermutigend. … Wie machen Sie das? “ –
Die Wanderung zwischen den Welten
Maaßen antwortet darauf: „Ich sage Ihnen ganz offen, das beeindruckt mich nicht wirklich. Wir haben es mit mehreren Welten zu tun, die eine Welt, das ist die von Du und ich und ganz normalen Menschen, dann die Welt von Berlin, in der Bundeshauptstadt, in den Landeshauptstädten, in den Parlamenten, in den Redaktionen, das ist eine völlig unterschiedliche Welt. Wenn Sie sagen, ich habe keine Unterstützung in der CDU, dann haben sie nur teilweise Recht…“
„Aber das, was ich wahrnehme an Kritik und Ausgrenzung und Isolierung, das sind die Parteibürokraten, das sind die Leute, die von der Politik leben, das sind Leute, die kaum Lebens- oder Berufserfahrung haben, und die keine Vorstellung davon haben, was sie eigentlich mit ihrer Macht und mit ihrer Politik machen sollen.“
Nach diesem nächtlichen ersten politischen Gespräch gibt es eine inhaltliche Atempause, in der man die beiden Männer „auf Augenhöhe“ miteinander in Maaßens Heimatstadt sieht, beim Spazierengehen ins Gespräch vertieft oder beim gemeinsamen Essen in entspannter aber immer wacher Konzentration. Das ist keine Gemütlichkeit, das ist Wachheit. Eins der tragenden Elemente dieses Films sind die Passagen der Ruhe, auch der Stille mit leiser Musik und der Nachdenklichkeit, die dem Zuschauer ein Nach-Denken ermöglichen.
Ein Baum kann auch verpflanzt werden und neue Wurzeln treiben
Und es gibt erstaunliche Momente der persönlichen Bestätigung, die Maaßen dem immer wieder nachfragenden Journalisten Karim gibt, etwa wenn es um die Migration oder Flucht als persönliches Schicksal geht: „Wenn es gelingt, sich in dem neuen Land und der Kultur loyal zu verhalten und sich zuhause zu fühlen“, dann wäre es wie das Verpflanzen eines Baumes und keine Entwurzelung. „Der Baum kann auch neue Wurzeln treiben,“ sagt Maaßen. Karim lächelt. So wünscht man sich Gespräche. Imad Karim kam als selbstzahlender Student im Alter von 19 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland. Seine Eltern, die Agnostiker waren, sind im Libanon geblieben und auch dort einige Jahre später gestorben.
Imad Karim: „2015 wurden die Grenzen geöffnet. Über Nacht kamen Hunderttausende von Menschen, hauptsächlich aus dem Nahen Osten, aus Nordafrika, und diese Menschen tragen ihre Prägungen mit sich, ihre Weltbilder, Frauenbilder oder die von Gut und Böse, oder Feindbilder, die legen sie ja nicht ab, wenn sie an der Grenze sind.“
Maaßen: „Ich denke, dass all diese Probleme gelöst werden können, aber nicht, wenn wir einfach so weitermachen wie bisher. … Integration bedeutet, dass der Mensch nicht nur die Grundfähigkeiten hat, um in unserer Gesellschaft zu leben, sondern auch den Willen mitbringt, diese neue Gesellschaft, in der er sich nun bewegt, als seine eigene Gesellschaft anzunehmen, Teil dieser Gesellschaft zu sein…“
„Wir haben bei Terroranschlägen in Paris, in Brüssel, in London und anderswo festgestellt, dass die Attentäter formal gesehen sehr gut integriert waren, sie sprachen fließend Englisch oder Französisch und hatten teilweise auch den Schulabschluss. Aber im Kopf ging bei ihnen etwas ganz anderes vor, sie wollten nicht zu dieser Gesellschaft gehören, sie lehnten diese Gesellschaft ab…“
Karim will sich nicht allein mit einer Bestandsaufnahme abfinden. Maaßen kontert, dass ohne eine Bestandsaufnahme keine Lösungen gefunden werden können. Leider mache die Politik viel zu selten eine Bestandsaufnahme und würde somit selbst zum Teil des Problems.
„Wer Moral übers Recht stellt, verliert Beides“
Themen, die in dem Film betrachtet werden mit nachbohrenden Fragen von Karim und mit einem längst erworbenen „Beobachtungswissen“ von Maaßen, erscheinen in Fragen über den Rechtsstaat und seine Gefährdungen. Es geht dezidiert um die Politik der Bundeskanzlerin, um die Situation zwischen Werteunion und CDU, um Migrationspolitik, Ausländerrecht, Sicherheitspolitik, Kriminalstatistik und ihren Ausländeranteil, Grenzzurückweisungen, Abschiebungen und um Islam als Hintergrund von Extremismus, auch um Religion als Privatsache. Maaßen: „Religion ist grundsätzlich Privatsache – das hat sich durch den Islam geändert …“
Die Deutschen und ihr Selbsthass, der in manchen Ideologien zur politischen Maxime gemacht wird: 30 Jahre Mauerfall und keine Fahnen, Linke und Grüne mit „Entferntenliebe“ (Maaßen) statt Nächstenliebe. Döpfner (Springer Verlag) wird zitiert: „Über 70 Prozent der Medien sind links oder grün“, Linke und Antifa werden in den Medien nicht thematisiert. Und dies ist nur ein Teil der Themen und Thesen.
Fazit
Das Fazit von Imad Karim lautet: „Ich bin einem Mann begegnet, der bitter, aber nicht verbittert, trocken, aber nicht bieder, voller Sorge, aber nicht resigniert, auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien besteht.“
Das Gespräch fand statt vor dem Einbruch der Corona-Thematik in unseren Alltag. Aber Rechtsstaatlichkeit bleibt auch jetzt ein Thema und die angesprochenen Probleme verschwinden nicht von allein. Es lohnt sich deshalb besonders, diesen Film mit seiner Bestandsaufnahme auch jetzt noch anzuschauen und aufzubewahren.
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