Ghislaine Maxwell und ihr unter mysteriösen Umständen verstorbener Vater Robert Maxwell
Ghislaine Maxwell stammt aus einer Familie mit zweifelhaftem Ruhm. Als ihr Vater, Medienmogul Robert Maxwell, 1991 unter mysteriösen Umständen im Atlantik ertrank, hinterließ er einen Finanzskandal und ein marodes Medienimperium. Nun ist seine 58-jährige Tochter angeklagt, ihrem verstorbenen Ex-Freund, US-Milliardär und Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, junge bis sehr junge Mädchen (teils minderjährig) vermittelt zu haben. Damit knüpft sie an die Skandalchronik ihrer Familie an, die vor allem in den 90er Jahren für Schlagzeilen sorgte.
Der übermächtige Vater
Robert Maxwell führte ein Leben wie aus einem Roman, und tatsächlich wurden mehrere Bücher über ihn geschrieben. Nacheinander wurde er etwa verdächtigt, für den britischen, israelischen und sowjetischen Geheimdienst zu arbeiten. Als Sohn jüdisch-slowakischer Bauern, die von den Nazis ermordet wurden, schloss er sich mit 16 Jahren dem Widerstand an und trat schließlich in die britische Armee ein, die ihm seinen Namen gab.
1940 kam er mittellos nach Großbritannien. In den darauffolgenden Jahrzehnten baute er einen der weltweit größten Medienkonzerne auf. Auf dem Höhepunkt in den 80er Jahren beschäftigte sein Imperium – darunter die britische Mirror-Gruppe, das US-Verlagshaus Macmillan und die Berlitz Sprachschulen – 16.000 Menschen.
1964 stieg Maxwell in die Politik ein und wurde für zehn Jahre Labour-Abgeordneter
1964 stieg Robert Maxwell in die Politik ein und wurde für zehn Jahre Labour-Abgeordneter. Er traf die Großen der Welt wie etwa die US-Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush und den sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow. Als Arbeitgeber war er aber schon damals wegen seines autoritären Stils und seiner manchmal fragwürdigen Methoden umstritten. „Er konnte äußerst charmant sein, aber auch sehr brutal“, sagte sein Sohn Kevin einmal. „Manchmal war er ein Tyrann“.
Im November 1991 stürzte Robert Maxwell – unter ungeklärten Umständen – vor den Kanarischen Inseln von seiner nach seiner Lieblingstochter benannten Yacht, der „Lady Ghislaine“, ins Meer. Dabei nahm er sein letztes Geheimnis mit: War es Selbstmord, ein Unfall oder Mord? Für Ghislaine stand außer Zweifel, dass er ermordet wurde: Er habe „keinen Suizid begangen, das passt nicht zu seiner Persönlichkeit“, sagte sie 1997 der Zeitschrift „Hello“.
Nach Maxwells Tod wurde bekannt, dass in der Betriebsrentenkasse mehr als 400 Millionen Pfund fehlten, die zur Rettung defizitärer Unternehmen des Konzerns verwendet wurden. Der Ruf der Familie war ruiniert: Binnen eines Monat wurde „Bob“ vom umjubelten Geschäftsgenie zum Betrüger.
Die verständnisvolle Mutter
Elisabeth Maxwell war Französin – sie stammte aus einer protestantischen Familie in Lyon. Ihren Mann lernte sie kurz nach dem Krieg kennen, sie verbrachte 46 Jahre mit ihm. Sie hatten neun Kinder. Nach seinem Tod, der sie vollkommen mittellos zurückließ, verteidigte sie den Ruf ihres Mannes bis zuletzt.
„Er war ein großer Mann, in jeder Beziehung – ein Mann mit einem großen Herzen“, erklärte sie 1991 in einem „Times“-Interview und erinnerte dabei an seine Jugend in Armut und seine von den Nazis ermordeten Eltern. Auf den Spuren seiner Familiengeschichte forschte sie über den Holocaust und förderte den Dialog zwischen Christen und Juden. 2013 starb sie im Alter von 92 Jahren in Frankreich.
Die Brüder
Zwei von Maxwells Söhnen, Ian und Kevin, arbeiteten eng mit ihm zusammen. Nach seinem Tod mussten sie sich wegen Beihilfe zum Betrug verantworten. Als Nummer zwei des Konzerns ging Kevin, der einstige Prototyp der verwöhnten und sorglosen Jugend der Oberschicht, als Rekordbankrotteur mit 406 Millionen Pfund Schulden in die Justiz-Annalen ein.
Seine Frau erklärte während des Prozesses, er habe kurz vor dem Tod seines Vaters erwägt, das Medienimperium wegen häufiger Konflikte mit seinem Vater zu verlassen: „Er wollte frei sein und uns erlauben, ein normaleres Leben zu führen“. (afp/er)
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