Café-Eröffnung mit Originalfahrstühlen aus der Zeit der Belle Époque

In allen Großstädten weltweit gibt es Fahrstühle und Cafés in Massen. Doch stellen Sie sich vor, dass es mitten in Wien ein Lokal gibt, das beides miteinander kombiniert. Der Besitzer Christian Tauss lädt zu einer Zeitreise in seinem Aufzugs-Café ein.
Christian Tauss in seinem Aufzug-Café
Christian Tauss bedient seine Gäste im Wiener Aufzug Café in der Uniform eines Aufzugführers.Foto: Christian Prinz/little prinz productions; mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss
Von 17. März 2024

Die hölzerne Kabine eines Aufzugs aus dem Jahr 1912 steckte zwischen zwei Stockwerken fest – das Ergebnis eines Bombentreffers im Krieg. Dieser Anblick prägte Christian Tauss‘ erste Begegnung mit alten Aufzügen aus Häusern der Wiener Innenstadt und den Beginn seiner Leidenschaft zu historischen Aufzügen.

Zusätzlich hatte er die Gelegenheit zu einer Fahrt mit einem Aufzug aus dem Jahr 1906. Wäre ein Mann mit Frack und Zylinder ausgestiegen, hätte ihn das nicht im Geringsten überrascht. Beim Betreten der Kabine durch ein kunstvoll geschmiedetes Eingangsportal stieg ihm der angenehme Geruch von geöltem Holz in die Nase. Überall glänzten Messingschilder, Griffe und geschliffene Glasfenster.

Bei Betätigung der Messing-Druckknopf-Armatur setzte sich der Aufzug umgehend in Bewegung, schwebte wie von Geisterhand lautlos nach oben. „Gleich einer Spirale drehten sich die Stiegen [Treppen] um mich herum. Als schraubte ich mich in die Luft“, beschreibt Christian Tauss diese Erfahrung.

Er stellte fest, dass diese etwa hundert Jahre alten Aufzüge etwas an sich haben, das sie zu Orten der Begegnung und des sozialen Miteinanders machen. Irgendetwas an ihren geschmeidigen, ungezwungenen Jugendstillinien und ihrer rein dekorativen, „modernen“ Verkleidung ließ ihn denken: Kaffee.

Aufzug-Café Besitzer Christian Tauss

Ein Aufzug aus den frühen 1900er-Jahren (l.) und Christian Tauss mit einer Tasse Kaffee (r.). Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Zurück zur ursprünglichen Bedeutung

Die Idee, ein Aufzug Café zu eröffnen, kam ihm 2015. Doch woher sollte der 37-jährige Elektriker die Aufzüge bekommen, um seiner Liebe zur wilhelminischen Architektur und zu mechanischen Aufzügen nachgehen zu können? Tatsächlich bot er schließlich an, kostenlos alte Aufzüge auszubauen. Wenn die Eigentümer anriefen, kam er und nahm die alten Kabinen, Kabel und Antriebsräder mit – ein Dienst, den die Wiener gut annahmen.

„Es stellte sich heraus, dass dies der beste Weg war, um historische Aufzüge zu erhalten“, so Tauss gegenüber The Epoch Times. „Am Anfang war der Plan, einen Jugendstilaufzug mit allen technischen Teilen zu sammeln und ihn in meinem zukünftigen Haus einzubauen.“

Aber die Anrufe kamen zahlreich und die Aufträge stauten sich. Denn dort, wo ein Dachgeschossausbau ansteht, muss die alte oft der neuen Technik weichen. Bis 2020 wurden so aus einem einzigen Fahrstuhl ganze fünfzehn Stück. Diese mussten wieder zusammengebaut, in einer Halle außerhalb Wiens gelagert und in seiner Werkstatt in der Stadt restauriert werden.

„Über 100 Anlagen durfte ich noch original in Betrieb erleben“, ist auf der Website von Christian Tauss zu lesen. „Jede war für sich einzigartig. Bauform, Technik, Charakter. Man spürt noch den Bleistift des Konstrukteurs, die Liebe zum Detail, es ist mehr als reines Funktionieren. Einfache, robuste Mechanik bewegt diese verzierten Kunstwerke seit Jahrzehnten. Erstaunlicherweise gibt es kaum Lektüre zu diesem Thema, auch keine Dokumentation. Daher sah ich es als meine Aufgabe an, dies zu ändern.“

Sammlung von Aufzug-Café Besitzer Tauss

Blick auf die Fahrstuhlsammlung von Christian Tauss. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Der Gedanke an ein verstaubtes Aufzugmuseum kam ihm zwar, doch verwarf er ihn schnell wieder. Der Grund waren die Gespräche mit den ehemaligen Aufzugseigentümern, die „immer die soziale Komponente“ deutlich machten, die Fahrstühle mit sich brachten. Allerdings bieten er und seine Teamkollegen einmal pro Jahr eine Führung in seinem Aufzugdepot an.

„Die Aufzüge sollten – ihrem Wesen entsprechend – wieder zu einem sozialen Treffpunkt werden“, so Tauss. „Es war zunächst nicht vorrangig, das Caféprojekt in kurzer Zeit umzusetzen, denn die Rettung von Aufzügen nahm meine ganze Zeit in Anspruch.“

Aufzug-Café Besitzer bei der Arbeit

Arbeiten an einem Aufzug aus dem Jahr 1912 (links) und das Innere eines Aufzugs von 1903 (rechts). Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Mit Kursen und Schulungen zum Aufzug Café

Doch die lange Vorlaufzeit bis zur Verwirklichung des Aufzug Cafés und seiner Eröffnung hatte auch enorme Vorteile – vor allem, weil Christian Tauss zunächst so gut wie nichts über die Gastronomie wusste. „Deshalb habe ich zahlreiche Schulungen besucht und in Cafés gearbeitet“, sagt er. „Auch mehrere Prüfungen für die Selbstständigkeit habe ich abgelegt.“

Außerdem konnte er so diverse Kurse in Schreinerei und Polsterei besuchen. So war er in der Lage, nicht nur die Aufzüge zu renovieren, sondern auch selbst das ehemalige Restaurant in ein Café umzubauen und dabei Geld zu sparen.

Ein altes Bild und das kaputte Innere eines Aufzugs aus den frühen 1900er-Jahren. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

„Die meisten Einrichtungsgegenstände des Cafés, abgesehen von den Kabinen, habe ich selbst entworfen und gebaut, und zwar größtenteils mit alten Aufzugteilen“, erzählt Tauss.

Trotz weiterer Verzögerungen durch die Corona-Pandemie entstand schließlich bis zum Sommer 2023 sein kleines Lokal mit einer Kombination aus Café, Kunst, antikem Dekor und einigen 100 Jahre alten Aufzügen mitten im Wiedner Gürtel.

Von dort ist es nur ein Steinwurf über die Prinz-Eugen-Straße bis zum Schloss Belvedere des 18. Jahrhunderts. Die Nähe zum berühmten Schloss bedeutet gleichzeitig, dass dieser Ort sehr belebt ist.

Aufzug-Café Besitzer Christian Tauss ist Schreiner, Restaurator, Elektriker und Gastronom zugleich

Christian Tauss schreinerte und restaurierte die Fahrstühle und das Interieur seines Cafés selbst. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Aufzug Café inklusive Zeitreise

Wenn man als Besucher von der Straße in das Café tritt, ist man dazu eingeladen, seine Skepsis zu überwinden und in das Spiel mit einer vergangenen Zeit einzusteigen: Wir schreiben das Jahr 1906. Sie brauchen einen Aufzug in den fünften Stock? Kein Problem.

Gleich am Eingang stehen drei originalgetreu restaurierte Aufzugskabinen und ein Mann übernimmt die Rolle des Fahrstuhlführers.

Dieser lächelnde, bärtige Mann in seiner hochgeknöpften Uniform ist kein anderer als Caféinhaber Christian Tauss. Seine Aufgabe ist es jedoch nicht, den Gast schnell und sicher mit dem Aufzug zu befördern, sondern ihm einen Espresso, einen Verlängerten, einen Einspänner, eine Melange oder andere Kaffeespezialitäten zu servieren.

Christian Tauss schlüpft bei seiner Arbeit in die Rolle des Fahrstuhlführers. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Jugendstillampen säumen die Wände, die in einer alten Fabrik stehen könnten. Über der modernen italienischen Espressomaschine hinter der Bar bilden die Antriebsräder des Fahrstuhls den „Maschinenraum“, in dem der Kaffee serviert wird. Die gesamte Holzvertäfelung stellte Tauss in liebevoller Handarbeit her.

Die alten Aufzüge sind so ausgestellt, „als ob sie sich tatsächlich bewegen könnten“, sagt er. Führungsschienen und Seile, die aus den Kabinen zur Decke ragen, vervollständigen die mechanische Illusion.

Aufzug-Café Besitzer bei der Arbeit im Aufzugmaschinenraum

Begutachtung und Bearbeitung von Originalteilen, einschließlich eines alten Aufzugmaschinenraums. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Qualität und Tradition

Auf seinem Rundgang durch das Aufzug Café kann der Gast Fotos von den Aufzügen und ihren ursprünglichen Häusern bestaunen, während der herrliche Duft von frisch gebrühtem Kaffee den Appetit weckt.

„Qualität steht hier an erster Stelle“, sagt der Cafébesitzer über seine koffeinhaltige Kost. „Die Kaffeebohnen kommen von einer kleinen Rösterei, die sie importiert und die Kaffeebauern [in ihrem Heimatland] unterstützt.“

Und die Speisen? „Was das Essen angeht, so dreht sich bei uns alles um Süßigkeiten. Es gibt frisch gebackene Torten und Kuchen“, erklärt Christian Tauss. Eine Bäckerei um die Ecke beliefert das Café zudem mit den klassischen Köstlichkeiten, für die Wien bekannt ist.

Beispiele für Jugendstildekor in frühen Aufzügen. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Wie ist die Atmosphäre im Aufzug Café – abgesehen von der reichen historischen Dekoration und den kulinarischen Köstlichkeiten – wenn man sich mit Freunden auf einen Kaffee setzt?

„Das ganze Lokal wurde von mir gestaltet“, sagt Tauss und fügt hinzu, dass es „mir besonders wichtig ist, eine sehr persönliche Atmosphäre zu schaffen“. „Das spüren auch die Menschen, die zu Gast sind“, so der Besitzer abschließend.

Aufzug-Café in Wien von Christian Tauss

Original historische Aufzüge schmücken das Innere des Aufzug Cafés in Wien. Foto: Christian Prinz/little prinz productions; mit freundlicher Genehmigung von Christian Tauss

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Engineer Launches ‘Lift Café’ With Real 120-Year-Old Elevators: They Were ‘Social Meeting Places’“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



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