Lehrerverband fordert „Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht“
Religionslehre, Ethikunterricht und bald auch Islamkunde? Was an manchen Schulen schon zum Alltag gehört, soll nun bundesweit durchgesetzt werden. Der Deutsche Lehrerverband fordert einen schulischen Islamunterricht mit staatlicher Ausbildung von Islamlehrkräften in allen Bundesländern.
„Wir müssen einen Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht aufbauen“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
Einen eigentlichen Religionsunterricht könne es laut Düll nicht geben, da es hierfür keinen Ansprechpartner wie bei der katholischen oder evangelischen Kirche gibt. Die Erteilung eines verpflichtenden Ethikunterrichtes sei vielen muslimischen Eltern nicht ausreichend, so Düll weiter.
„Vielmehr drücken sie immer wieder ihren Wunsch aus, dass ihre Kinder eine islamische Unterweisung unter staatlicher Aufsicht, gerne auch an der Schule, erhalten. Vor der Qualität von außerschulischen Angeboten und den dort vermittelten Werten haben die Eltern häufig berechtigte Sorge“, schilderte der Verbandspräsident.
Laut Düll wollen Eltern ihre Kinder „im Sinne eines aufgeklärten Islam erziehen und dabei professionelle Unterstützung, aber keine Unterweisung, die von anderen Staaten wie der Türkei oder dem Iran kontrolliert wird“. Deshalb müssten Angebote unter staatlicher Aufsicht im Sinne des Grundgesetzes geschaffen werden, fordert Düll.
Über eine Million muslimische Schüler in Deutschland
Aus den im Juli 2023 vom „Mediendienst Integration“ veröffentlichten Umfrageergebnissen unter den Kultusministerien der Bundesländer geht hervor, dass es über eine Million muslimische Schüler in ganz Deutschland gibt.
„Die Zahlen liegen nur für sieben Bundesländer vor, die Gesamtzahl dürfte also höher liegen“, heißt es von dem Mediendienst.
Bei den sieben Bundesländern handelt es sich um Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein.
Allein in Nordrhein-Westfalen seien demnach etwa 470.000 Schüler muslimischen Glaubens – rund 19 Prozent aller Schüler. Etwa sechs Prozent (26.000) besuchten den islamischen Unterricht. Auch in den anderen gemeldeten Bundesländern sei die Quote ähnlich niedrig.
Der Professor für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück, Bülent Uçar, sieht einen „massiven Ausbaubedarf“ für den islamischen Religionsunterricht. Dieser sei jahrelang „stiefmütterlich behandelt“ worden. „Ein Hauptproblem ist, dass der Staat trotz bestehender Nachfrage nicht genügend Stellen schafft“, so der Theologieprofessor.
„Es gibt noch zu wenig Ausbildungskapazitäten und viele Unsicherheiten für Lehrkräfte“, sagt Birgül Karaarslan, Vorsitzende des Verbandes muslimischer Lehrkräfte. Zugleich habe der Beruf ein Imageproblem, was ihn auch unattraktiv für Berufsanwärter mache: Die neuen Religionslehrer würden oft nicht richtig im Kollegium angenommen.
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Streit um Islamuunterricht in Bayern
In Bayern fand über einen Zeitraum von 12 Jahren seit 2009 ein Modellversuch zum islamischen Unterricht an 364 Schulstandorten mit etwa 17.000 muslimischen Schülerinnen und Schülern statt, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Seit dem Schuljahr 2021/2022 ist er als reguläres Wahlpflichtfach im sogenannten Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen verankert. Das hatte der Landtag gegen die Stimmen von Grünen und AfD entschieden.
In Artikel 47 Absatz 1 des Gesetzes heißt es: „Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, sind verpflichtet, am Ethikunterricht oder am Islamischen Unterricht teilzunehmen.“
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Laut „Frankfurter Allgemeine“ monierten einen Tag später der Pädagoge Ernst-Günther Krause, der Bund für Geistesfreiheit Bayern und die Regionalgruppe München im Förderkreis der Giordano Bruno Stiftung, dass die verfassungsrechtlich erforderlichen Voraussetzungen für die Einführung des Schulfaches fehlten.
Das Gesetz vermenge in intransparenter und unzulässiger Weise einen staatlich verantworteten Islamkundeunterricht mit einem religiös bekenntnisorientierten Islamunterricht, so Krause. Er sprach vom „Etikettenschwindel“ und zog vors Gericht.
Bayerisches Verfassungsgericht weist Klage zurück
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wies die eingereichte Popularklage am 28. Juni 2022 als unzulässig zurück. Das Gericht verwies darauf, dass es bei dem islamischen Unterricht „nicht um konfessionellen Religionsunterricht“ handele, sondern vielmehr um einen „allgemeinen Werteunterricht in Kombination mit Islamkunde als Alternative zum Ethikunterricht“. Einen „Etikettenschwindel“ vermochte das Gericht nicht erkennen.
Da es sich beim Islam nicht um eine vom Staat anerkannte, einheitliche Religionsgemeinschaft im öffentlich-rechtlichen Sinne handelt, wird der Unterricht von staatlichen Lehrkräften erteilt. Darin geht es um Wissen über die islamische Religion sowie „eine grundlegende Werteorientierung im Geiste des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung“.
Religion, Ethik oder Islam?
Laut einem Schreiben des Bayerischen Kultusministeriums an alle Schulen vom 17. August 2023 ist der Religionsunterricht in Bayern für religiöse Schüler ein Pflichtfach. Mit anderen Worten: Wer einer Kirche oder Religionsgemeinschaft angehört, ist grundsätzlich verpflichtet, am Religionsunterricht der jeweiligen Konfession teilzunehmen. Die Eltern haben jedoch auch das Recht, ihre Kinder vom Religionsunterricht abzumelden.
Bei Abmeldung oder auch für den Fall, dass die Schule keinen Religionsunterricht für den entsprechenden Glauben anbietet, gilt Ethik als Ersatzpflichtfach. Sofern das Fach islamischer Unterricht angeboten wird, können die Schüler auch dieses wählen.
(Mit Material der Agenturen)
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