Landesrechnungshof: Lehrer verplempern wertvolle Zeit mit außerunterrichtlichen Aufgaben
In Zeiten von Lehrkräftemangel lässt eine Aussage des Landesrechnungshofes Niedersachsen aufhorchen: Etwa 2.170 Lehrer könnten rein rechnerisch Unterricht geben, wenn das Land sie nicht auch für außerunterrichtliche Angebote an Ganztagsschulen einsetzen würde.
Neben Deutsch, Mathematik und Englisch leiten Lehrkräfte in Ganztagsschulen auch Arbeitsgemeinschaften wie die Graffiti-AG oder Spiele-AG, sie werden als Mensaaufsicht eingeteilt – immer unter Anrechnung auf ihre Unterrichtszeit –, kritisiert der Landesrechnungshof.
„Zur Sicherstellung des Pflichtunterrichts sollten Lehrkräfte nicht für reine Betreuungsaufgaben eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des akuten Lehrermangels“, mahnt Dr. Sandra von Klaeden, Präsidentin des niedersächsischen Landesrechnungshofes.
IT-Pflege und Verwaltungsarbeiten statt Unterricht
Wie es sich auswirkt, dass sich Lehrer unterrichtsfremden Aufgaben widmen müssen, zeigt der Landesrechnungshof an drei Beispielen:
Allein hochgerechnet 67,5 Vollzeitstellen gehen an den Grundschulen verloren, weil sich Lehrer vermehrt mit der technischen Wartung und Pflege der schulischen IT beschäftigten, obwohl die Pflege von Servern, Datenspeichern und Funknetzwerken nicht dem pädagogischen Ausbildungsinhalt von Lehrern entspricht.
Weitere 286 Lehrer beschäftigen sich rechnerisch mit der Verwaltung und Bearbeitung der Schulgirokonten, über die beispielsweise die entgeltliche Lernmittelausleihe abgerechnet wird oder Zahlungen für Schulfahrten gebucht werden – eine klassische Aufgabe für Verwaltungspersonal.
Umgerechnet 57 Vollzeiteinheiten kostete die immer noch händische Abrechnung der Reisekosten von Lehrern, obwohl es seit Jahren ausreichend Lizenzen für ein elektronisches Verfahren gibt.
Lehrer zurück an die Tafel
Nach Prognosen des Landesrechnungshofes ist in den nächsten Jahren mit einer Zunahme der außerunterrichtlichen Betreuungsstunden zu rechnen. Denn zum einen bestehe im Grundschulbereich ab dem Schuljahr 2026/27 ein gesetzlicher Anspruch auf ganztägige Betreuung und zum anderen strebe das Land den Ausbau der Ganztagsschulen an. Beides werde zu einem höheren Betreuungsbedarf führen.
Der Landesrechnungshof schlägt vor, dass „grundsätzlich keine Lehrkräfte für Ganztagsangebote außerhalb des Pflichtunterrichts nach Stundentafel eingesetzt werden“ sollten, heißt es in dem achtseitigen Bericht vom 16. Januar.
Susanne Haack, zuständige Abteilungsleiterin im Landesrechnungshof, betonte: „Damit sich die Lehrerinnen und Lehrer wieder mehr auf ihr Kerngeschäft des Unterrichtens konzentrieren können, muss das Land sie von diesen Aufgaben entlasten.“ Hier würde zusätzliches Personal wie Pädagogen, IT-Experten und Verwaltungsfachleute benötigt.
„Bei dieser angespannten Lage sollte jede Möglichkeit genutzt werden, Lehrkräfte von unterrichtsfernen Tätigkeiten zu entlasten“, so die Präsidentin.
Verbände fordern Entlastung von Lehrern
Der Verband niedersächsischer Lehrkräfte stellte sich hinter den Bericht des Landesrechnungshofes. „Der niedersächsische Landesrechnungshof hat in seinem Schulbericht zu Recht kritisiert, dass Lehrkräfte zu nicht-unterrichtlichen Aufgaben wie zu Abrechnungen, Mensaaufsichten oder zur IT-Betreuung eingesetzt werden“, äußerte der Verbandsvorsitzende Torsten Neumann.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert schon seit Jahren eine Entlastung der Lehrer von unterrichtsfernen Tätigkeiten. Die vom Landesrechnungshof angeregte Trennung von Pflichtunterricht und Ganztagsangebot lehnt die Gewerkschaft jedoch ab. „Ein guter Ganztag beinhaltet immer auch ein pädagogisches Angebot, in dem Lehrkräfte benötigt werden“, so der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer.
Indes reagierte das niedersächsische Kultusministerium eher verhalten auf die Kritik des Landesrechnungshofes, wie der NDR berichtete. „Ich warne davor, zu suggerieren, es gäbe eine schnelle, einfache Lösung oder man könnte mit einer Maßnahme in Schulen die Probleme des Fachkräftemangels lösen“, erklärte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). In Niedersachsen würde bereits nicht-pädagogisches Personal eingestellt, um die Lehrer von Verwaltungstätigkeiten zu entlasten.
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