Kinder imitieren Tiere und greifen Passanten an – neuer Jugendtrend sorgt für Aufsehen

Heiß diskutiert wird in der russischen Gesellschaft das Thema rund um das Verkleiden von Kindern und Jugendlichen als Katzen oder Hunde. Das russische Parlament sieht darin eine Gefahr für die Jugend und will per Gesetz dagegen vorgehen.
Titelbild
Mädchen mit Katzenmaske.Foto: Diy13/istock
Von 17. Oktober 2024

Man sollte meinen, das Thema Ukraine-Krieg beherrscht die russischen Medien. Doch Aufmerksamkeit bekommt, angefangen von der Regierungsebene bis hinein in die russische Gesellschaft, ein ganz anderes Thema.

Es ist die Quadrober-Bewegung – oder Quadrobing, die offenbar unter den russischen Kindern und Jugendlichen mehr Zulauf bekommt. Manche Anhänger dieser Subkultur, die mögliche Querverbindungen zu der Woke-Bewegung hat, behaupten, sich mit Tieren zu identifizieren.

Sie tragen Masken und Schwänze und ahmen tierisches Verhalten nach, indem sie sich zum Beispiel auf allen Vieren bewegen und springen, während sie bellen, knurren und miauen. Sie scheinen zunehmend in der russischen Öffentlichkeit anzutreffen zu sein, wie Videos bei X zeigen.

Anhänger dieser Subkultur – auch Quadrobics genannt – gehen dabei so weit, dass sie behaupten, sie hätten mehr mit Tieren als mit Menschen gemeinsam.

Senatorin fordert Verbot

Eine russische Politikerin fordert nun, Quadrober aus Russland zu bannen. „Diese Formen der Subkultur, in diesem Fall Quadrober, die nicht nur die Psyche traumatisiert, sondern auch zu sehr tragischen Konsequenzen führen kann, sollte verboten werden“, sagte die russische Senatorin Natalia Kosikhina laut der „Moscow Times“.

Abgeordnete der Staatsduma arbeiten an einem Gesetzentwurf für ein Verbot. Dies gab die stellvertretende Vorsitzende des Bildungsausschusses der Staatsduma, Yana Lantrapova, bekannt, berichtet das belarussische Medium „Belsat.“

„Ich arbeite an einem Gesetzentwurf zum Verbot der Propaganda destruktiver Ideologien, einschließlich der Quadrober. Es ist notwendig, diejenigen zu bestrafen, die diese Bewegung populär und attraktiv machen“, sagte die Abgeordnete laut der russischen staatlichen Nachrichtenagentur „RIA Novosti“.

Dumamitglied sieht Kinder als „Opfer von Propaganda“

Sie betonte, dass sie Kinder, die sich für diese Subkultur interessieren, als „Opfer von Propaganda“ betrachte. Die Verantwortung dafür liege nicht bei den Eltern der Kinder, sondern bei denjenigen, die Informationen verbreiten, die das Interesse an dieser Bewegung wecken.

„Es gibt ganze Gemeinschaften. Und es ist nicht so harmlos, wie es auf den ersten Blick scheint“, fügte Lantrapova hinzu.

Geplant ist offenbar, dass nicht nur das Ausführen von Kindern mit Halsband und Leine zukünftig bestraft wird, sondern auch die Verbreitung der dazugehörigen „Propaganda“ der Bewegung zur Nachahmung von Tieren im Allgemeinen.

Für Russland mag das Thema neu sein, in Asien oder im Westen hingegen existiert die Bewegung, die sich auch Therianer nennt, seit geraumer Zeit.

Videotutorials zu Übungen und Hinweisen, wie man sich auf allen Vieren bewegt und springt, sind in großer Auswahl im Internet zu finden.

Störung des emotionalen Erlebens?

Auch unter den Psychiatern und Psychologen gibt es zu dem Phänomen unterschiedliche Verständnisse.

So wird neuerdings im Zusammenhang mit diesem Phänomen auch der Begriff „Artendysphorie“ genutzt – also, dass sich jemand mit einer anderen Lebensform als der menschlichen identifiziert.

Dysphorie bezeichnet dabei eine Störung des emotionalen Erlebens.

Andere Ärzte und Psychologen sehen hingegen darin eine harmlose Form des Spielens und Teil des natürlichen Verhaltens von Kindern, wobei keine Gefahr besteht. Gefahr sehen sie nur dann, wenn die Kinder oder Jugendlichen den Bezug zur Realität verlieren oder es zu Angriffen auf andere Menschen kommt.

Ein Mädchen mit Katzenmaske. Foto: iStock/Diy13

Füchse, Drachen, Vögel

Erst kürzlich berichtete die „Daily Mail“ über einen Schüler an einer weiterführenden Schule in Schottland, der behauptet, er sei ein Wolf. Lehrer unterstützen den Jugendlichen bei seiner „Veränderung“. Angeblich ist er einer von vielen britischen Schülern, die die Persönlichkeit von Kreaturen wie Füchsen, Drachen, Vögeln, Schlangen, Haien und sogar Dinosauriern annehmen.

Der klinische Neuropsychologe Dr. Tommy MacKay kritisiert gegenüber dem Medium die Schule und erklärt, dass „es in der Wissenschaft keinen Zustand wie ‚Artendysphorie‘ gibt“. Laut MacKay „ist es nicht verwunderlich, dass wir dieses Phänomen in einer Zeit sehen, in der sich viele Menschen mit etwas anderem identifizieren wollen als dem, was sie sind“.

Kreml zeigt sich besorgt

In Russland ist das Thema auch im Kreml im Gespräch. So fragte laut verschiedenen Medienberichten der russische Außenminister Sergej Lawrow den armenischen Premierminister Nikol Paschinjan, ob es ein solches Phänomen auch in seinem Land gebe. Schließlich erklärt er gegenüber einem Reporter: „Es stellt sich heraus, dass es auch in Armenien Probleme mit Quadrobern gibt.“

Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, erklärte darauf angesprochen: Er „hoffe, dass Putin nichts davon weiß“, obwohl der russische Präsident selbst nicht direkt zu diesem Thema befragt wurde.

„Es gibt keinen Grund, die Popularität dieses Phänomens zu übertreiben“, sagte er, wie ihn „RIA Novosti“ zitiert.

Jugendlicher beißt Passanten

Laut dem britischen „Telegraph“ kam es in einigen Fällen auch zu aggressivem Verhalten. So habe ein als Hund verkleideter Jugendlicher in Usbekistan einen Passanten gebissen. Die Polizei sei nun auf der Suche nach dem Jugendlichen, heißt es dort.

Zudem hätten die Behörden seinen Eltern mit einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 135 Euro gedroht. Begründet wurde die Strafzahlung mit Sorgen über die mögliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit des Kindes und das Risiko der sozialen Isolation.

Wie das die „Moscow Times“ berichtete, geht der Trend vermutlich auf Kenichi Ito zurück. Der japanische Sprinter stellte im Jahr 2015 einen Weltrekord im Laufen auf allen Vieren auf.

Er imitierte dabei die Bewegungen von Affen.

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Aus dieser eher sportlichen Form sind zahlreiche Abwandlungen entstanden, die verstärkt auf das vollständige Kopieren von Verhaltensweisen und eine Verwandlung in Tiere anstreben.



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