Europol warnt: Gefährliche Onlinekulte rekrutieren Kinder und Jugendliche

Gewaltverherrlichende Onlinekulte nehmen zunehmend Kinder und Jugendliche ins Visier. Es handelt sich um lose vernetzte Gruppen oder geschlossene Gemeinschaften, die Minderjährige gezielt zu Gewalttaten gegen sich oder andere aufwiegeln – manchmal bis hin zum Selbstmord. Eltern sind zunehmend gefragt, ihre Kinder im Netz zu schützen. 
Der Versuchung, mit Unbekannten online in Kontakt zu treten, können nicht alle Kinder und Jugendlichen widerstehen. Foto: Irina Belova/iStock
Unbekannte, die online viele Komplimente machen, sind laut Europol verdächtig.Foto: Irina Belova/iStock
Von 14. März 2025

Das Europäische Polizeiamt Europol warnt davor, dass die Verbreitung von Sektengemeinschaften im Internet, die extrem gewalttätigen Kindesmissbrauch betreiben, alarmierend zugenommen hat. Diese Gruppen nutzen digitale Plattformen nicht nur zur Verbreitung illegaler Inhalte, sondern auch um junge Menschen gezielt zu manipulieren und zu radikalisieren.

Nach anfänglichem Anfüttern werden die Onlineopfer durch psychologischen Druck und Erpressung in ein gefährliches Netzwerk hineingezogen, das sie oft nicht mehr aus eigener Kraft verlassen können. „Diese kriminellen oder gewaltbereiten extremistischen Gruppen stehen in Konkurrenz zueinander, um die brutalsten Inhalte zu verbreiten“, so Europol. In dem Bericht heißt es weiter:

Ihre Methoden ähneln denen bestimmter Sekten, in denen charismatische Anführer Täuschung und Manipulation einsetzen, um ihre Anhänger gefügig und abhängig zu machen.“

Gewalt normalisieren

Diese Netzwerke tauschen extrem gewalttätige Inhalte aus, darunter Missbrauchsdarstellungen von Kindern, sogenannte „Gore“-Bilder (explizite Darstellungen von Blutvergießen und Verstümmelung) sowie Aufnahmen von Tierquälerei und realen Morden. Ihr Ziel ist es, Gewalt zu normalisieren, gesellschaftliche Tabus zu brechen und neue Täter zu rekrutieren.

Die Täter gehen strategisch vor und suchen ihre Opfer gezielt auf Plattformen, die bei jungen Menschen beliebt sind, darunter soziale Netzwerke, Gamingplattformen und Messengerdienste. Aber nicht nur die Plattformen sind strategisch ausgesucht, auch die Opfer.

Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, die sich emotional verletzlich zeigen, etwa aufgrund von sozialer Isolation oder Diskriminierung. Im Fokus sind zum Beispiel LGBTQ-Identifizierte, Minderheiten mit Migrationshintergrund oder Jugendliche mit psychischen Problemen, so Europol in seinem Bericht.

Auch Onlinegemeinschaften zur Selbsthilfe oder Unterstützung von Personen, die von diesen Problemen betroffen sind, haben sich als fruchtbarer Boden für die Identifizierung neuer Opfer erwiesen. In einigen Fällen infiltrieren die Täter diese Onlinegruppen, um genau dort gefährdete junge Menschen zu rekrutieren.

Harmloser Start

Der Kontakt beginnt oft harmlos: Täter tarnen sich als Freunde, Mentoren oder Gleichgesinnte und bauen eine enge emotionale Bindung zu den Opfern auf. Durch sogenanntes Love Bombing überschütten sie ihre Zielpersonen mit Aufmerksamkeit und Zuneigung.

In dieser Phase sammeln die Täter persönliche Informationen ihrer Opfer wie Schule, Telefonnummer, Wohnanschrift oder Namen von Verwandten. Diese wird auch als Grooming bezeichnet.

Grooming meint den gezielten Prozess, mit dem Täter, meist Erwachsene, das Vertrauen von Minderjährigen oder anderen verletzlichen Personen gewinnen, um sie für sexuelle oder andere ausbeuterische Zwecke zu manipulieren. Grooming findet oft online statt, kann aber auch im direkten Umfeld des Opfers geschehen.

Sobald die Täter diese Informationen erlangt haben, fängt die Ausbeutungsphase an.

Eine Abwärtsspirale 

Ist das Vertrauen erst einmal gewonnen, wird die Kommunikation in privatere Onlineräume verlagert, etwa in Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikationsplattformen, wo dann die eigentliche Ausbeutung stattfindet. Das können in etwa geschlossene Chatgruppen auf Plattformen wie Discord, Telegram oder WhatsApp sein.

Hier werden die Opfer gezwungen, explizite Inhalte zu teilen oder schädliche Handlungen vorzunehmen, meist unter Androhung und Erpressung. Typische Erpressungstaktiken beinhalten die Drohung, die expliziten Inhalte des Opfers mit Familie, Freunden oder Onlinecommunitys zu teilen, wenn sie nicht weiteren Forderungen nachkommen. 

Angst und Erpressung als Methode 

Diese Form der digitalen Erpressung, bekannt als Sextortion, ist ein zentraler Mechanismus, um die Opfer gefügig zu machen.

Diese Erpressungsforderungen tragen dazu bei, die Opfer zu beschämen und zu isolieren, um den Kreislauf der Ausbeutung immer weiter auszudehnen und zu verlängern. Dazu gehört auch die Produktion von explizitem sexuellen Bildmaterial, die Begehung von Gewalttaten gegen andere Personen und Tiere, Selbstverletzung und sogar Selbstmordversuche und Selbstmord. Häufig geforderte selbstverletzende Handlungen umfassen Schnitte, Verbrennungen und das Einritzen von Namen oder Symbolen in die Haut des Opfers mit Klingen als Zeichen der Loyalität gegenüber den Tätern und der Gruppe.

Die EU-Strafverfolgungsbehörden haben mehrere Fälle ermittelt, berichtet Europol, in denen Mitglieder schwere Verletzungen verursacht und Morde begangen haben, sowohl gegen eigene Familienmitglieder als auch gegen Unbeteiligte.

Wie kann man Kinder und Jugendliche schützen?

Früherkennung und Prävention sind entscheidend, um gefährdete junge Menschen vor diesen Netzwerken zu schützen. Es gibt einige Warnsignale, die auf eine mögliche Einflussnahme durch solche Gruppen hinweisen können:

  • Geheimhaltung über Onlineaktivitäten: ständiges Verbergen von Bildschirmen oder die Nutzung anonymer Profile
  • Rückzug von Familie und Freunden: plötzliche Isolation, Desinteresse an früheren Hobbys
  • Emotionale Belastung: starke Stimmungsschwankungen, Angstzustände oder Symptome von Depression
  • Faszination für extremistische oder gewalttätige Inhalte
  • Verstecken körperlicher Verletzungen: langärmelige Kleidung bei warmem Wetter, Zeichen von Selbstverletzung

Vom Opfer zum Täter – Erwachsene sind gefragt

Erwachsene, insbesondere Eltern, Lehrkräfte und Sozialarbeiter, sind diejenigen, die für diese Gefahren im ersten Schritt sensibilisiert werden müssen, schreibt Europol. Dabei ist ein zentraler Punkt, offen mit Jugendlichen über Risiken im Internet zu sprechen und ihnen als sichere Anlaufstelle zur Verfügung zu stehen.

Die Aufdeckung solcher kriminellen Aktivitäten ist laut Europol von größter Bedeutung, nicht nur um Gewalt und Schaden von den Zielpersonen, den gefährdeten jungen Menschen, abzuhalten, sondern auch um das Risiko abzuwenden, dass die Opfer manipuliert werden, sodass sie zu Tätern werden und weiteren Personen Schaden zufügen.

Laut bundesweiter polizeilicher Kriminalstatistik wurden in Deutschland im Jahr 2023 insgesamt 2.580 Fälle von Cybergrooming erfasst. Die Dunkelziffer wird jedoch weitaus höher eingeschätzt.

Erziehungsberechtigte sind zunehmend gefragt, ihre Kinder für Übergriffe im Netz zu sensibilisieren. Dazu gehört auch Aufklärung, nicht nur über die Gefahren, sondern auch über die Symptome, an denen Kinder und Jugendliche versuchtes Cybergrooming oder die Anbahnung erkennen können.

Erkennen, aufklären, verhindern

Mit klaren Regeln können Eltern etwa das Risiko eindämmen, dass Kinder Nacktfotos von sich verschicken und einem sexuellen Missbrauch zum Opfer fallen. Wichtig ist, dass Kinder Alarmsignale kennen. Hier stehen die Eltern in der Pflicht, ihre Schutzbefohlenen in einem Vertrauensverhältnis über die Gefahren aufzuklären.

Vorsicht ist geboten, wenn Chatpartner aufdringliche Fragen stellen – etwa nach Offlineaktivitäten der Kinder und Jugendlichen, ihrem privaten Umfeld und darüber, ob sie derzeit allein sind. Spätestens wenn der Kontakt spezielle Fotos zugesandt haben will, sollte die Verbindung sofort unterbrochen werden. Eltern können ihrem Kind laut Polizei raten, misstrauisch zu werden, wenn der Onlinekontakt beispielsweise viele Komplimente macht, für alles Verständnis hat, anbietet, Modelfotos zu machen, ein Profil ohne Fotos verwendet, darum bittet, die Webcam einzuschalten, aber die eigene aus lässt, oder Nachrichten mit sexuellem Inhalt versendet. Epoch Times berichtete.

Frühreife Sexualisierung via Internet

Jede fünfte Person im Alter von elf bis 17 Jahren hat selbst schon sexuelle Inhalte als Nachricht versendet. Das sagt eine Studie der Medienanstalt NRW zur Erfahrung von Minderjährigen mit Sexting und Pornografie in Deutschland, die 2023 veröffentlicht wurde. Die Studienmacher schreiben:

Besorgniserregend ist, dass die Konfrontation Minderjähriger mit pornografischen Inhalten häufig unfreiwillig geschieht und die eigene Sexualität und das eigene Sexting-Verhalten potenziell beeinflusst.“

Die Rezeption von pornografischen Inhalten stehe im Zusammenhang mit dem eigenen Verhalten. Fast die Hälfte der Jungen, die bereits selbst eine Sextingnachricht versendet haben, gibt an, dass sie Handlungen oder Begriffe, die sie aus Pornos kennt, auch beim Sexting verwendet (46 Prozent). Bei Mädchen sind es 17 Prozent.

Ein weiteres frappierendes Ergebnis der Untersuchung: Kinder und Jugendliche kommen bereits in frühem Alter mit Pornos in Kontakt. Ihren ersten Porno sahen die meisten Befragten zwischen dem zwölften und 14. Lebensjahr. Jede dritte Person im Alter von elf bis 17 Jahren (35 Prozent) hat bereits einen Porno gesehen.

Mädchen und Jungen unterscheiden sich in dieser Hinsicht kaum. Ein Viertel der befragten Minderjährigen, die schon einmal Pornos gesehen haben, gibt an, dass ihm pornografische Inhalte unfreiwillig gezeigt oder zugeschickt wurden.



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