Journalistische Sorgfalt: Presserat rügt Medien so oft wie nie zuvor

Im vergangenen Jahr gab es einen neuen Rekord bei der Anzahl an Rügen des Presserates gegen Medienhäuser. Dabei ging es nicht nur um mangelnde Recherche, sondern auch Verletzungen der Persönlichkeitsrechte und reißerische Überschriften.
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Der Pressekodex des Deutschen Presserates enthält Richtlinien zur journalistischen Arbeit.Foto: Verena Brüning/Presserat
Von 4. März 2025

Der Deutsche Presserat rügte im Jahr 2024 so oft wie nie zuvor. Die Rüge als schärfste Sanktion wurde im vergangenen Jahr 86 Mal gegen deutsche Medien verhängt. Das waren 13 Rügen mehr als 2023 – das bisherige Rekordjahr – und 38 mehr als 2022.

Besonders häufig – 38 aller Rügen – waren Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Dazu gehörten Überschriften, die nicht ausreichend von Tatsachen gedeckt waren, und mangelnde Recherche.

„Leserinnen und Leser reagieren sehr aufmerksam auf mögliche Fehler in der Berichterstattung“, erklärte Presseratssprecher Manfred Protze.

So sah der Presserat zwei Beschwerden bezogen auf die algerische Boxerin Imane Khelif, die bei den Olympischen Spielen 2024 Gold geholt hatte, als begründet an, da die jeweiligen Beiträge Khelif fälschlich als „Transfrau“ bezeichneten. Eine Geschlechtsumwandlung habe die Boxerin jedoch nie vollzogen, so der Rat. „Vielmehr wurde sie mit weiblichen und männlichen Merkmalen geboren und ist demnach korrekt als ‚intersexuell‘ zu bezeichnen.“

„Oft ging es um sachliche Fehler, aber auch um ungeprüfte Schätzungen und Spekulationen“, so Roman Portack, Geschäftsführer des Rates, wie aus dem Jahresbericht 2024 hervorgeht.

Presserat sah 27 Mal Persönlichkeitsschutz verletzt

27 Rügen wurden erteilt – und damit am zweithäufigsten –, weil der Persönlichkeitsschutz verletzt wurde. Dabei ging es am häufigsten um Verstöße gegen den Opferschutz, also wenn Opfer von Straftaten oder Unfällen in der Berichterstattung erkennbar wurden. So wurde ein Medium mehrfach gerügt, weil es Fotos von Betroffenen, „die von Social-Media-Accounts oder aus anderen Quellen stammten, ohne die erforderliche Einwilligung von nahen Angehörigen, veröffentlicht hatte“.

Der Presserat sprach 15 Rügen aus, weil Medien Gewalttaten gezeigt oder beschrieben hatten, ohne dass ein öffentliches Interesse an der Art der Darstellung bestand.

Auch die Zahl der Rügen wegen Schleichwerbung war erneut gestiegen, teilt der Presserat weiter mit. 15 Mal rügte der Presserat Redaktionen, weil sie Produkte hervorhoben, ohne dass ein Alleinstellungsmerkmal erkennbar war.

Insgesamt seien beim Presserat im vergangenen Jahr 2.215 Einzelbeschwerden eingegangen, ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2023. Damals waren es 1.850 Beschwerden. Der Presserat stufte den Angaben nach schon in der Vorprüfung als offensichtlich unbegründet ein.

Rüge muss veröffentlicht werden

Jeder Leser kann sich beim Presserat beschweren. Dieser prüft die Beschwerde und spricht eventuell öffentlich eine Rüge gegen das jeweilige Medium aus. Leser können sich beim Presserat über Berichte in Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien beschweren.

Für Portack sind die zahlreich eingegangenen Beschwerden ein Beleg dafür, dass Leser besonders sensibel auf Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht reagieren. „Die Prüfung und wahrheitsgetreue Wiedergabe von Fakten sollte oberste Priorität haben.“

Der Presserat ist die freiwillige Selbstkontrolle der Presse, eine gemeinsame Institution der Zeitungsverleger und der journalistischen Berufsverbände. Eine seiner Hauptaufgaben ist es, Missstände in den Medien zu beseitigen und Grundsätze für das Verhalten von Journalistinnen und Journalisten durchzusetzen.



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