„Horrorszenario für Fluggäste“: Streiks legen Flugverkehr in Deutschland lahm

Wegen eines Warnstreiks der Gewerkschaft ver.di fallen an diesem Montag viele Flüge aus. Die Betreiber sprechen von einem Horrorszenario für Fluggäste. Worauf müssen sich Betroffene bei den Warnstreiks einstellen?
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Nichts geht mehr: Am Frankfurter Flughafen fallen fast alle Flüge am 10. März 2025 aus.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Epoch Times10. März 2025

Die Gewerkschaft ver.di hat ihre Warnstreiks an 13 deutschen Flughäfen begonnen und damit große Teile des Flugverkehrs lahmgelegt.

Seit 0:00 Uhr sind Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst der Flughafenbetreiber, den Bodenverkehrsdiensten und den Luftsicherheitsbereichen in verschiedenen Tarifkonflikten im Ausstand. Der Warnstreik soll 24 Stunden dauern.

Von den Warnstreiks sind folgende Flughäfen betroffen: Hamburg, Bremen, Hannover, Berlin, Düsseldorf, Dortmund, Köln/Bonn, Leipzig/Halle, Frankfurt, Stuttgart und München. An den Airports Weeze bei Düsseldorf und Karlsruhe/Baden-Baden sind nur Beschäftigte des Luftsicherheitsbereichs zum Ausstand aufgerufen.

BER, Frankfurt und Düsseldorf

Hunderttausende Fluggäste sind von den Arbeitsniederlegungen betroffen, wobei die Auswirkungen je nach Flughafen unterschiedlich sind.

Den Flughafen Frankfurt werde am Montag kein Passagierflugzeug verlassen, teilte ein Sprecher der Verkehrsleitung am Morgen mit. Von 1.116 Starts und Landungen mit zusammen rund 150.000 Passagieren wurden in Frankfurt den Angaben zufolge 1.054 annulliert. Laut dem Sprecher soll es nur einige Ankünfte von Flugzeugen geben – teils mit Passagieren, teils leer.

Am BER wurde etwa der reguläre Flugbetrieb komplett eingestellt. In Hamburg, wo schon am Vortag wegen eines Streiks gar nichts ging, sind zumindest Ankünfte möglich. Der Flughafenbetreiber in München rechnet derweil mit einem „stark reduzierten Flugplan“.

Auch in Düsseldorf zeigten die Anzeigetafeln am Morgen viele gestrichene Flugverbindungen an. Einen kompletten Stillstand schien es in der NRW-Landeshauptstadt aber nicht zu geben.

Wo und wann wird gestreikt?

Am Montag (10. März) von 0:00 bis 23:59 Uhr sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste an folgenden Flughäfen zum Warnstreik aufgerufen: München, Stuttgart, Frankfurt, Köln/Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin-Brandenburg und Leipzig-Halle.

Außerdem ruft die Gewerkschaft in einem anderen Tarifkonflikt zeitgleich dazu auch das Luftsicherheitspersonal zum Warnstreik auf. Dieser Aufruf gilt zusätzlich auch an den Flughäfen Weeze bei Düsseldorf und Karlsruhe/Baden-Baden.

Die Beschäftigten der Luftsicherheitsbereiche, die streiken, arbeiten in der Fluggastkontrolle, der Personal-, Waren- und Frachtkontrolle sowie in Service-Bereichen. Für sie wird derzeit ein neuer Manteltarifvertrag mit den Arbeitgebern im Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) verhandelt. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 26. und 27. März angesetzt.

Wie groß sind die Auswirkungen?

Der Flugverkehr wird in weiten Teilen des Landes zum Erliegen kommen. Nach einer ersten Schätzung des Flughafenverbands ADV fallen voraussichtlich mehr als 3.400 Flüge aus, rund 510.000 Passagiere können ihre Reisen gar nicht antreten oder zumindest nicht wie geplant.

Am Flughafen Hamburg geht nichts mehr, einen Tag früher als erwartet.

Am Flughafen Hamburg ging bereits am 9. März nichts mehr. Foto: Georg Wendt/dpa

ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel spricht in Bezug auf die Streiks im öffentlichen Dienst von einem „Horrorszenario für Fluggäste“. „Elf Standorte gleichzeitig zu bestreiken, hat eine neue Dimension“. Die Warnstreiks hätten „weitreichende Folgen für die individuelle Mobilität und die Wirtschaftsabläufe“.

Beisel forderte erneut einen besseren Schutz „vor Monsterstreiks“. „Es ist unerlässlich, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um Flughäfen und andere kritische Infrastrukturen besser vor ausufernden Streiks zu schützen.“

Was sagen die Flughäfen Frankfurt und BER?

Der Flughafen Berlin/Brandenburg kündigte an, den regulären Flugbetrieb am Montag vollständig einzustellen.

Frankfurt am Main warnt auf seiner Website: „Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen, sind aufgrund des Streiks ausgesetzt. Ein Beginn der Reise in Frankfurt wird nicht möglich sein.“

Passagiere sollen am Montag gar nicht erst zum Flughafen kommen. Auch das Umsteigen von Transitpassagieren sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von den Auswirkungen betroffen“ und könne nicht stattfinden.

Wie erfahre ich, ob mein Flug betroffen ist?

Die Flughäfen und Airlines informieren auf ihren Websites über den Status aller Flüge. Bereits am Wochenende waren auf den Internetseiten der Flughäfen zahlreiche Abflüge für Montag als annulliert gekennzeichnet.

Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug wegen des Warnstreiks ausfällt?

Bei streikbedingtem Flugausfall oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Fluggesellschaft Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten. Oft werden sie automatisch auf einen anderen Flug umgebucht.

Oder die Airline bietet an, das Flugticket in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln. Das passiert vor allem bei gestrichenen Flügen innerhalb Deutschlands.

Hängen Passagiere streikbedingt länger am Flughafen fest, müssen Fluggesellschaften Betreuungsleistungen erbringen, etwa in Form von Gastronomiegutscheinen für Getränke und Snacks vor Ort.

Bekomme ich auch Geld zurück?

Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden am Zielort sowie kurzfristigen Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen von 250 bis 600 Euro pro Passagier vor.

Ob Passagiere diese Gelder bei Flugproblemen infolge eines Warnstreiks einfordern können, hängt vereinfacht gesagt davon ab, wer konkret streikt.

Flughafenbeschäftigte versammeln sich mit Bannern der Gewerkschaft Komba am Frankfurter Flughafen am 10. März 2025. Ver.di, die Lohnerhöhungen von den Flughafenarbeitgebern fordert, hat einen 24-stündigen Streik an den Flughäfen in ganz Deutschland begonnen, von dem eine halbe Million Passagiere betroffen sein werden. Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Sind wie am Montag Teile des Flughafenpersonals in einem Warnstreik, sind die Aussichten auf Entschädigungen eher schlecht. Anders kann der Fall liegen, wenn Mitarbeitende einer Airline streiken. Der Anspruch auf Ersatzbeförderung besteht in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagieren auch eine Entschädigungszahlung zusteht.

Krankenhäuser, Kitas, Müllabfuhr, Flughäfen – Warum wird so viel gestreikt?

Im Moment laufen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Mit Warnstreiks erhöht die Arbeitnehmerseite den Druck auf die Arbeitgeber.

Zahlreiche Berufsgruppen gehören dem öffentlichen Dienst an, viele von ihnen legten im Laufe der aktuellen Tarifrunde bereits die Arbeit nieder, zum Beispiel in Kliniken, Rettungsstellen, Pflegeheimen oder dem öffentlichen Nahverkehr. Auch Flughäfen waren vereinzelt schon betroffen – aber nicht in dem nun bevorstehenden Ausmaß.

Die nächste Verhandlungsrunde – die dritte – beginnt am 14. März in Potsdam.

Warum liegt dann gleich fast der ganze Flugbetrieb lahm?

Bei den einst kommunalen Flughafenbetreibern wird noch ein größerer Teil des Personals nach den Tarifregeln des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Parallel wird für die Bodenverkehrsdienste ein Branchentarifvertrag verhandelt.

Zwar sind nicht alle Beschäftigten an Flughäfen im öffentlichen Dienst. Allerdings ist das stark arbeitsteilige System eines Flughafens anfällig bei Arbeitsniederlegungen, weil sämtliche Einheiten nur in enger Zusammenarbeit den sicheren Betrieb gewährleisten können. Fällt eine Gruppe aus, steht der gesamte Betrieb.

Laut ver.di-Sprecher ist der Flächentarifvertrag der Bodenverkehrsdienste an den öffentlichen Dienst angelehnt. Bodenverkehrsdienste sind unter anderem für die Fluggast- und Gepäckabfertigung, die Betankung oder die Arbeit auf dem Vorfeld zuständig.

Die Mitarbeiter im Luftsicherheitsbereich streiken, weil ver.di derzeit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) über den sogenannten Manteltarif verhandelt. Hier ist die nächste Verhandlungsrunde für Ende März geplant.

Was wollen die Streikparteien?

Die Gewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen von Bund und Kommunen unter anderem acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber monatlich 350 Euro mehr, sowie drei zusätzliche freie Tage.

In der Luftsicherheit verlangt ver.di unter anderem die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, 30 Tage Urlaub und Zusatzurlaub für Schichtarbeit sowie die freie Arztwahl bei den regelmäßigen verpflichtenden ärztlichen Eignungsuntersuchungen der Beschäftigten.

Den kommunalen Arbeitgebern ist das zu teuer. Die Kernforderungen würden für die Kommunen Mehrkosten von rund elf Prozent bedeuten oder jährlich fast 15 Milliarden Euro, sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Niklas Benrath.

Das sei angesichts leerer Kassen und hoher Verschuldung nicht darstellbar. Besonders kritisch sehe man die geforderten zusätzlichen freien Tage. Sie würden zu Einschränkungen in den kommunalen Dienstleistungen führen, meinte der Verbandsvertreter.

Verdi-Warnstreik am Flughafen Hamburg: Blick in den fast menschenleeren Terminal 1

Verdi-Warnstreik am Flughafen Hamburg: Blick in den fast menschenleeren Terminal 1 Foto: Christian Charisius/dpa

Ein konkretes Angebot haben die Arbeitgeber bisher nicht vorgelegt. Benrath begründete dies damit, dass die Verhandlungen noch nicht so weit gediehen gewesen seien. Bei mehr als 20 Einzelforderungen müsse geprüft werden, was dies koste. „Ganz grundsätzlich: Es ist ein Irrglaube, dass es für erfolgreiche Tarifverhandlungen stets ein formelles Angebot benötigt.“

Die im BDLS organisierten Arbeitgeber kritisierten die Warnstreikausweitung, Verhandlungsführer Christian Huber bezeichnete sie als „nicht zielführend“.

Wie geht es nach Montag weiter? Drohen mehr Streiks?

In einzelnen Bundesländern werden verschiedene Branchen teils auch nach Montag bestreikt. Ende der Woche verhandeln die Tarifparteien dann weiter. Nach dem Willen der Arbeitgeber soll diese Verhandlungsrunde eine „tragfähige Lösung“ bringen. Einigen sich die Parteien, wäre erst mal Schluss mit den Warnstreiks. Ob das gelingt, ist offen.

Sind am Montag nur Flughäfen betroffen?

Zwar werden bundesweit vor allem die Flughäfen bestreikt, in einigen Ländern sind am Montag und teils darüber hinaus aber auch andere Branchen betroffen. In Düsseldorf zum Beispiel trifft es die Rheinbahn, in Hamburg unter anderem Kliniken, Kitas und die Stadtreinigung. (dpa/red)



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