Globuli oder Antibiotika? Lauterbach bezeichnet Studie aus Bayern als „grotesk“

Mitten im von Karl Lauterbach (SPD) geführten Kampf gegen die Homöopathie sorgt eine geplante Studie zur Wirkung von Globuli für Schlagzeilen – und Empörung seitens des Bundesgesundheitsministers.
Titelbild
Mit Homöopathie hat Karl Lauterbach (SPD) nichts am Hut, ganz anders als die Regierung in Bayern.Foto: iStock
Von 20. Januar 2024

Häufiger Harndrang, Schmerzen in der Nierengegend, Brennen beim Wasserlassen. Überwiegend Mädchen und Frauen sind von diesen weitverbreiteten Begleiterscheinungen einer Blasenentzündung (auch Zystitis genannt) geplagt. Ob homöopathische Mittel hier einen besseren Ansatz bieten als Antibiotika, will eine von der bayrischen Regierung geförderte Studie untersuchen. Bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stößt dies auf heftige Kritik.

„Eine Studie, in der ernsthaft ‚Globuli‘ gegen Antibiotika getestet werden, ist grotesk. Ein Test gegen Placebo kann ethisch sein. Aber gegen Globuli zu testen, ist schlicht Unfug. Welche Ethikkommission geht da mit?“, äußert er auf Social-Media-Plattform X. Wenige stimmen ihm zu. Einer meint: „In diesem speziellen Fall hat er recht.“

Zahlreiche Nutzer hingegen reagieren mit Unverständnis und konfrontieren Lauterbach mit den Versäumnissen während der vergangenen Jahre. „Sie haben Studien anerkannt, in denen Hamstern Masken aufgesetzt wurden. Ich habe etwas Schwierigkeiten, so eine Aussage von Ihnen ernst zu nehmen“, schreibt eine Nutzerin.

„Unfug waren die Corona-Maßnahmen auch und wurden trotzdem durchgeführt“, so ein anderer. Ein Dritter entgegnet: Eine Impfung nebenwirkungsfrei zu nennen, sei grotesk. Ein weiterer führt an, dass Globuli weniger Schaden als die COVID-Impfung verursachten.

„Sie wollen doch nur Homöopathie verbieten, weil die Pharmazie-Konzerne [sic] damit kein Geld verdienen können!“, widerspricht ein anderer Nutzer ganz direkt.

Anders als von Lauterbach behauptet, treten die Globuli jedoch nicht gegen Antibiotika an, sondern werden gegen Placebos getestet.

Hintergründe zur Globuli-Studie

Bereits im Oktober 2021 hatte Bayern die iHOM-Studie angeschoben (iHOM steht für individualisierte homöopathische Behandlung zur Reduktion des Antibiotikabedarfs bei Patientinnen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten). Gefördert wird diese Studie durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Dazu werden die Studienteilnehmerinnen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die in der Vergangenheit nachweislich unter Blasenentzündungen gelitten haben, in zwei Gruppen eingeteilt: Während Gruppe 1 eine individualisiert verordnete homöopathische Arznei als Globuli erhält, bekommt Gruppe 2 lediglich ein Placebo-Globulus.

„Bei Bedarf erhalten alle Studienteilnehmerinnen in Ergänzung zum Prüfpräparat eine Schmerzmedikation oder zusätzlich ein Antibiotikum“, heißt es weiter im Studienablauf. Die Studie dauert insgesamt neun Monate, während die Teilnehmer ihre Symptome in ein dafür vorbereitetes Tagebuch dokumentieren.

Ziel ist es herauszufinden, ob Patientinnen unter Einsatz von Homöopathika im Vergleich zur Placebogruppe seltener Antibiotika zur Therapie von Harnwegsinfekten benötigen. Dies könnte zu einer Reduktion des Antibiotikagebrauchs bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten beitragen.

Durchgeführt wird diese Studie vom Studienzentrum Nephrologie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Die Projektdauer wird auf der Website der Staatsregierung vom 1. Januar 2021 bis 30. September 2025 angegeben. Mit über 700.000 Euro fördert das Land diese Studie.

„Bestmögliche medizinische Versorgung“ im Blick

Der bayrische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) begründete am 8. Oktober 2021 die Notwendigkeit dieser Studie mit den Worten: „Der Bedarf und die Nachfrage nach Naturheilverfahren sind groß. Trotzdem haben in der Regel nur Selbstzahler und Privatversicherte Zugang zu den vielversprechenden Verfahren. Das müssen wir ändern.“ Evidenzbasierte Naturheilkunde und Komplementärmedizin müssten für alle zugänglich gemacht und in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden.

„Für mich als Gesundheitsminister ist der entscheidende Punkt die bestmögliche medizinische Versorgung für die Bürgerinnen und Bürger. […] Die Ausgrenzung von Naturheilverfahren aus der medizinischen Versorgung und akademischen Strukturen führt zu unerwünschtem und alternativmedizinischem Wildwuchs“, so Holetschek weiter.

Studie: Homöopathie vorteilhaft im Gartenbau

Aber nicht nur in der Heilkunde findet man den Einsatz von Homöopathie, sondern auch in der Landwirtschaft. So hat der Wissenschaftler Dr. Fernando Abasolo Pacheco von der Staatlichen Technischen Universität Quevedo in Ecuador im Jahr 2020 eine Studie durchgeführt. Durch die Behandlung mit homöopathischen Arzneien in unterschiedlicher Dosis konnte eine signifikant bessere Keimung und ein höheres Stängelwachstum als in der Kontrollgruppe beobachtet werden.

Ähnliche Effekte wurden bei einer Studie mit Gurken beobachtet.

Die erzielten Ergebnisse deuteten laut der Forschergruppe um Abasalo Pacheco darauf hin, dass die landwirtschaftliche Homöopathie aufgrund ihres positiven Einflusses „Potenzial“ im Gartenbau habe. Auf diese Weise könnte der Einsatz von Chemikalien reduziert, aber vor allem die Produktion „sicherer Lebensmittel“ gewährleistet werden, die dann für den direkten menschlichen Verzehr geeignet seien.

 



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