Gericht: Non-binäre Personen haben keinen Anspruch auf geschlechtsangleichende Operationen
Aus der Begründung ergibt sich auch ein Ende des bislang gerichtlich zugesprochenen Kostenerstattungsanspruchs für Transsexuelle. BSG-Präsident Rainer Schlegel appellierte jedoch an die Krankenkassen, zumindest begonnene Operationen von Transsexuellen aus Gründen des Vertrauensschutzes zu bezahlen. (Az. B 1 KR 16/22 R)
Die klagende Person wurde biologisch weiblich geboren. Sie fühlt sich aber weder als Frau noch als Mann. 2019 ließ sie daher ihren Vornamen ändern und unter Geschlecht „ohne Angabe“ eintragen. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie im Dezember 2019 zudem die Kostenübernahme für eine operative Entfernung ihrer Brüste. Sie leide darunter, dass sie wegen ihrer Brüste als Frau wahrgenommen werde, hatte sie erklärt.
Die Kasse lehnte dies ab und erklärte, ob eine Operation den Leidensdruck mindere, sei gar nicht klar. Daraufhin ließ die Person die Operation auf eigene Kosten vornehmen und klagte auf Erstattung der Kosten in Höhe von 5305 Euro.
Wie schon vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte die Klage nun auch vor dem BSG keinen Erfolg. Gleichzeitig rückten die Kasseler Richter damit auch von ihrer Rechtsprechung zu Transsexuellen ab. Für diese mussten demnach die Krankenkassen geschlechtsangleichende Operationen bezahlen.
Zur Begründung erklärte das BSG, diese Rechtsprechung habe „auf den klar abgrenzbaren Erscheinungsbildern des weiblichen und männlichen Geschlechts“ beruht. Neue medizinische Leitlinien auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse bezögen demgegenüber „die Vielfalt aller – auch non-binärer – Geschlechtsidentitäten ein“. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten dritten Geschlecht.
Vor diesem Hintergrund seien Eingriffe in den gesunden Körper transsexueller oder non-binärer Personen als „neue Behandlungsmethode“ anzusehen. Daher sei es nun zunächst Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten und Krankenkassen, der über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet, „zum Schutz der betroffenen Personen vor irreversiblen Fehlentscheidungen die sachgerechte Anwendung der neuen Methode sowie ihre Wirksamkeit und Qualität zu beurteilen“.
„Für bereits begonnene Behandlungen von Transsexuellen erwägt der Senat Vertrauensschutz“, erklärte das BSG abschließend. Einem solchen Appell des obersten Sozialgerichts kommen die Krankenkassen in der Regel nach. (afp)
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