Fotos als Beweis für die Existenz von Feen?

Vor etwas mehr als 100 Jahren schrieb der britische Schriftsteller Arthur Conan Doyle – bekannt für „Sherlock Holmes“ – ein Buch über Fotografien zweier Mädchen. Auf diesen waren Feen abgebildet. Waren sie echt? Doyle untersuchte die Fotografien, auch die Negative, und zog Fachleute zurate.
Titelbild
Frances Griffiths mit Feen. Aufgenommen im Jahr 1917, erstmals veröffentlicht 1920 in „The Strand Magazine“.Foto: gemeinfrei / https://en.wikipedia.org/wiki/Cottingley_Fairies#/media/File:Cottingley_Fairies_1.jpg
Von 27. Juli 2024

In dem kleinen englischen Dorf Cottingley lebten vor rund 100 Jahren zwei Cousinen, Elsie Wright (16) und Frances Griffiths (9). Sie gingen oft zum Spielen an einen Bach und kamen zum Ärger ihre Mütter meist nass zurück. Sie entschuldigten sich damit, dass sie dort Feen sahen. Um das zu beweisen, bekamen sie eine Kamera, denn ihr Vater glaubte ihnen nicht.

Elsies Vater Arthur war begeisterter Amateurfotograf und hatte seine eigene Dunkelkammer. Eines Tages entwickelte er ein Bild von der Fotoplatte, das seine Nichte Frances hinter einem Busch und im Vordergrund vier tanzende Feen zeigte. Als er die Mädchen danach fragte, erklärten sie, dass dies die Feen waren, von denen sie gesprochen hatten.

Doch da er das künstlerische Talent seiner Tochter kannte und wusste, dass sie einige Zeit in einem Fotostudio gearbeitet hatte, tat er die Figuren als Pappfiguren ab.

Zwei Monate später liehen sich die Mädchen erneut seine Kamera und kehrten diesmal mit einem Foto zurück, auf dem Elsie auf dem Rasen saß und sie ihre Hand einer 30 Zentimeter großen Fee entgegenstreckte. Arthur Wright war verärgert über das, was er für „nichts weiter als einen Streich“ hielt.

Er war überzeugt, dass die Mädchen seine Kamera irgendwie manipuliert haben mussten und weigerte sich, sie ihnen erneut zu leihen. Seine Frau Polly jedoch glaubte, dass die Fotos echt waren.

Gibt es Feen?

Elsies Mutter sah in den Bildern einen möglichen Beweis für die Existenz von Feen und nahm sie mit zu einem theosophischen Treffen. Die Theosophie, die man heute eher als Neospiritualität bezeichnen würde, ist eine Lehre, die Ende des 19. Jahrhunderts entstand.

Sie zeigte dem Vorsitzenden des Treffens die beiden Feenfotos, die ihre Tochter und ihre Nichte gemacht hatten. Elsies Mutter wurde gebeten, die Fotos an den bedeutenden Theosophen Edward L. Gardner zu schicken. Nachdem dieser die Fotos untersucht hatte, kam er zu dem Schluss, dass sie echt sind.

Elsie Wright (1901–1988) und eine Fee. Foto: gemeinfrei / https://en.wikipedia.org/wiki/File:CottingleyFairies2.jpg

Für Gardner war die Existenz von Feen keine Neuigkeit, wohl aber die Tatsache, dass dies nun durch Fotografie bewiesen wurde. Gardner glaubte, dass sich Feen im Grenzgebiet zwischen der physischen und der spirituellen Welt befänden.

Laut Gardner würden sie nicht auf die gleiche Weise geboren und sterben wie Menschen, sondern ähnelten eher Wolken oder Flammen. Wenn sie eine materielle Form annähmen und sozusagen „aufflammen“, seien sie für die Kamera sichtbar, sonst nicht.

Er beschreibt ihre klassischen Eigenschaften so, dass sie geflügelte kleine Wesen seien und ihre Flügel Libellen ähnelten. Diese Ansicht wird durch die Fotos der Mädchen ​​bestätigt.

Gardner schickte die Abzüge zusammen mit den Original-Glasplattennegativen an Harold Snelling, einen Fotografie-Experten. Snellings Meinung war, dass „die beiden Negative völlig echte, unverfälschte Fotografien sind … [ohne] jegliche Spur von Studioarbeit mit Karton- oder Papiermodellen“.

Fotofirma Kodak wurde gefragt

Gardner und Arthur Conan Doyle, der auch von den Bildern erfahren hatte, holten eine zweite Expertenmeinung bei der Fotofirma Kodak ein.

Mehrere Techniker der Firma untersuchten die Abzüge und kamen – obwohl sie Snelling zustimmten, dass die Bilder „keine Anzeichen einer Fälschung zeigen“ – zu dem Schluss, dass „dies nicht als schlüssiger Beweis dafür angesehen werden kann, dass es sich um authentische Feenfotos handelt“.

Kodak lehnte es ab, ein Echtheitszertifikat auszustellen. Gardner glaubte, dass die Kodak-Techniker die Fotos möglicherweise nicht ganz objektiv untersucht hatten. Er bemerkte, dass einer von ihnen kommentiert habe: „Da Feen nicht echt sein konnten, mussten die Fotos irgendwie gefälscht sein.“

Erneute Fotos

Im August 1921, vier Jahre nach den ersten Fotos, besuchte Gardner die Mädchen. Er hatte jedoch einige Schwierigkeiten, Informationen zu erhalten, da sie sehr schüchtern waren. Sie beharrten darauf, dass die Fotos echt seien, erklärten aber, dass die Feen nur herauskämen, wenn sie allein mit ihnen seien und es draußen warm sei.

Deshalb mussten sie sich erneut eine Kamera ausleihen, doch der Vater wollte den Mädchen seine Kamera nicht mehr geben und sich – seiner Meinung nach – erneut täuschen lassen. Gardner organisierte etwas: Er holte zwei Kameras und Platten aus London, sie stammten von Arthur Conan Doyle. Danach traf er erneut auf die Familie und erklärte den beiden Mädchen die Funktionsweise der Kameras.

Die Kameras waren bereit und neue Fotos wurden gemacht. Auf einem Bild ist Frances im Profil mit einer geflügelten Fee dicht neben ihrer Nase zu sehen. Das zweite Foto zeigt eine Fee, entweder auf einem Ast schwebend oder auf Zehenspitzen gehend, die Elsie eine Blume anbietet. Ein drittes Foto wurde später als „Feen und ihr Sonnenbad“ bekannt.

Eine Fee, die Elsie ein Sträußchen Hasenglöckchen anbietet – eine von vier Fotografien der Cottingley-Feen. Foto: gemeinfrei / https://en.wikipedia.org/wiki/File:CottingleyFairies4.jpg

Welche Rolle spielte Arthur Conan Doyle?

Arthur Conan Doyle ging als Autor der Sherlock-Holmes-Bücher in die Geschichte ein. Er ist nicht dafür bekannt, ein großes Interesse an Spiritualität zu haben. Durch Gardner wurde auch Doyle auf die Fotos aufmerksam und veröffentlichte 1922 das Buch „Die Ankunft der Feen“ (Originaltitel: „The Coming of the Fairies“).

Für dieses Buch erntete er viel Kritik, unter anderem von John Hall-Edward, einer Autorität auf dem Gebiet der Medizin und Pionier der medizinischen Röntgenbehandlungen. Hall-Edward argumentierte, dass die Fotos nicht richtig recherchiert waren und dass Doyle eher Wunschdenken als Wissenschaft betrieb. Er wies darauf hin, dass die Kunst des Kinos uns zeige, wie einfach es sei, Illusionen zu erzeugen.

Er sagte auch, dass Doyle und Gardner von einem sentimentalen Interesse getrieben zu sein schienen.

Sowohl für Doyle als auch für Gardner wurden die Feen zu einem Kontrast zu dem, was beide Männer als sterile Wissenschaft empfanden. Mithilfe der Fotografien wollten sie eine neue Ära beginnen, die mehr Aspekte als die Empirie der Wissenschaft ins Spiel brachte. Es gab auch einen kulturellen Aspekt, der Elemente des viktorianischen Kinderkults enthielt.

Elsie wurde von Gleichaltrigen als Träumerin und von ihrer Mutter als das fantasievollste Kind, das sie je getroffen hatte, beschrieben. Dennoch wurde sie als glaubwürdige Zeugin angesehen. Es war bekannt, dass Elsie künstlerisch begabt war – doch ihr Talent wurde nicht als so groß angesehen, dass sie Feen hätte malen können.

Irgendwas stimmte nicht

Bis in die späten 1970er-Jahre kam dann nichts mehr Neues in dem Fall zutage. Bessere Technologie machte es schließlich einfacher, die Bilder im Detail zu sehen. Es zeigt sich, dass etwas nicht stimmte.

Außerdem stellte man fest, dass die Posen der Feen den Bildern aus dem Kinderbuch „Princess Mary’s Gift Book“ von 1914 sehr ähnlich waren.

Interessanterweise hatte Doyle eine Geschichte zu dem Buch beigetragen. Zunächst blieben die Damen, zu denen die Mädchen inzwischen geworden waren, standhaft in ihren Aussagen über die Feenbegegnungen.

Doch als das Thema in den 1980er-Jahren wieder aufkam, gaben sie zu, dass sie einige Bilder aus dem Buch auf festes Papier gemalt hatten. Die Bilder wurden mit Stecknadeln fixiert, was es so aussehen lies, als würden die Feen aufrecht stehen oder schweben.

Hatten sie Feen gesehen?

Sie bestanden jedoch darauf, dass es Feen gebe und sie ihnen begegnet waren. Doch die Feen waren schüchtern und hatten nie mit ihnen gesprochen. Sie waren sich auch nicht sicher, ob es möglich war, dass andere sie sehen konnten. Daher waren die gefälschten Beweise der einzige Weg, um die Erwachsenen dazu zu bringen, ihnen zu glauben.

Elsie behauptete, dass alle Fotos von den Pappfiguren stammten, während Frances behauptete, dass eines der Fotos, das drei Feen in ihrem Nest zeigt, echt sei. Dieses Foto unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass die Feen fast durchsichtig aussehen.

Frances‘ Tochter, Christine Lynch, erklärte dem Experten Paul Atterbury in einer Folge einer Fernsehsendung auf „BBC One“ im Januar 2009, dass sie wie ihre Mutter davon überzeugt sei, dass die Feen auf dem fünften Foto echt seien. Frances Griffiths starb 1986, Elsie Wright 1988.

Feen und ihr Sonnenbad, das letzte Foto der Feen von Cottingley. Selbst im hohen Alter bestand Frances darauf, dass dieses Foto echt sei. Foto: Elsie Wright und Frances Griffiths, gemeinfrei / https://en.wikipedia.org/wiki/File:Cottingley-sunbath.jpg

Moderne Technik und ihr Fazit

Obwohl diese Ereignisse nicht den von Doyle behaupteten Beweis für die Existenz von Feen darstellen, sind sie aus mehreren anderen Gründen außergewöhnlich.

Erstens bringen sie historisch gesehen die moderne Technologie der Fotografie mit Aspekten zusammen, welche die Wissenschaft wegrationalisiert hat. Das deutet auf Erwartungen hin, welche die Erfindung der Fotografie geweckt haben muss – es gab offenbar endlich die Möglichkeit, die Existenz der magischen Wesen zu beweisen. Es zeigt die Fähigkeit der Kamera, sowohl zu verzaubern als auch zu entmystifizieren.

Wir sehen diesen historischen Wert auch in Bezug auf die Dramaturgie: Es ist eine Kette von Ereignissen, die zur Verbreitung der Fotos führt, und erst als die Mädchen älter sind, wird die Illusion gebrochen. Es ist schwer, keinen symbolischen Wert darin zu sehen, dass es in den 1920er-Jahren noch möglich war, an die Echtheit der Fotos zu glauben, während die rationaleren 1980er-Jahre die Fotos widerlegen konnten.

Es gibt auch eine philosophische Kraft in der Geschichte. Man könnte Doyle und Gardner als leichtgläubig abtun und behaupten, dass sie fundiert widerlegt wurden, auch wenn sie es selbst nicht mehr erlebt haben. Das war auch ein Grund, warum die Mädchen weiterhin logen: Es wäre einfach zu demütigend, wenn bekannt würde, dass zwei einfache Mädchen vom Lande einen der angesehensten Schriftsteller Englands betrogen hatten.

Wer entscheidet, was absurd ist?

Obwohl die Argumentation der beiden Herren sich als falsch erwiesen hat, hat sie ein philosophisches Gewicht, das zusammengefasst werden kann:

Erstens, dass es zahlreiche Zeugenberichte über Feen gibt und dass es sich bei den Zeugen oft um Kinder handelt, die sie an heißen Sommertagen sahen.

Bei zu absurden Behauptungen kann zwar davon ausgegangen werden, dass die Menge der Zeugenaussagen unerheblich ist, aber dann stellt sich die Frage, wer entscheidet, was absurd ist.

Dies bringt uns zum zweiten Punkt: Die unterschiedliche Sensibilität der Menschen für Schwingungen des Lichts ermöglicht es Manchen, verschiedene Dinge zu sehen. Diese Idee könnte erklären, warum Kinder Dinge sehen, die normalerweise als naive Fantasien abgetan werden.

Die wichtigste Dimension dieser Ereignisse ist wahrscheinlich eine rein ästhetische.

Es wäre wunderbar, wenn die Existenz von Feen bewiesen wäre, doch die Tatsache, dass es den beiden Mädchen gelungen ist, eine Illusion von Feen zu schaffen, ist fast genauso schön.

Jedes Foto ist wie ein kleines Kunstwerk, und obwohl die Mädchen auf einer Ebene gelogen haben, scheinen ihre Augen zu sagen: „Schaut an, wie viel Unglaubliches das Leben zu bieten hat!“

Der Artikel erschien zuerst in der epochtimes.se unter dem Titel „När älvor nästan blev bevisade“. (Deutsche Bearbeitung unk/ks)



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