Fahrerlose Busse erobern Deutschland: „Schlüsseltechnologie“ für schwächelnde Branche

Busfahrkarte? Fehlanzeige. Wer den Shuttlebus nutzen will, registriert sich via App.
Titelbild
Der autonome Shuttlebus Holon Mover, hier auf der Internationalen Automobilausstellung IAA am 6. September 2023, rollt bald durch Hamburg. In dem fünf Meter langen vollelektrischen und barrierefreien Shuttlebus, der bis zu 60 km/h fahren kann, finden bis zu 15 Personen Platz.Foto: Tobias Schwarz/afp via Getty Images
Von 11. November 2024

Noch vor Jahrzehnten galt es als Utopie, mit einem automatisch gesteuerten Bus zu fahren. Inzwischen gibt es immer mehr autonom fahrende Shuttle-Busse auf unseren Straßen. Eine deutschlandweite Übersichtskarte auf der Website www.vdv.de zeigt über 50 Städte von Aachen bis Wusterhausen/Dosse, in denen Projekte hierzu laufen, darunter auch Hamburg.

Die Hansestadt hat sich seit Jahren auf einen Betrieb autonomer Fahrzeuge eingestellt. Nun beginnt eine Forschungsstudie, bei der es um die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung geht.

Ab Mitte 2025 will Hamburg seinen Fahrgästen ein besonderes Angebot unterbreiten. Im Rahmen des Projekts „ALIKE“ startet schrittweise der Testbetrieb für autonomes On-demand-Ridepooling – ein flexibler, auf die Bedürfnisse der Fahrgäste abgestimmter, digital gesteuerter Nahverkehr ohne Fahrpläne. Mit anderen Worten: Ähnlich einem Sammeltaxi teilen sich Menschen, die in dieselbe Richtung wollen, ein Fahrzeug.

Gleich zwei Marken setzt die Stadt dafür ein: Mitte 2025 wird MOIA im Rahmen des Projekts den Volkswagen ID.Buzz AD in Betrieb nehmen. Während der Straßentests sind die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsfahrer an Bord, um im Notfall einzugreifen.

So kommt es laut ADAC zuweilen vor, dass der hoch technisierte ID.Buzz überfordert ist. Das habe sich bei einer Testfahrt beim Linksabbiegen gezeigt. Ein entgegenfahrendes Fahrzeug sei zu weit in den Kreuzungsbereich gefahren, links waren zudem Fußgänger. Der Kleinbus blieb auf der Straße stehen und musste manuell vom Sicherheitsfahrer aus der Blockade befreit werden.

Auch in anderen speziellen Fällen – etwa wenn der Verkehr durch die Polizei geregelt wird – könne die Technik an ihre Grenzen stoßen.

Ein ID.Buzz des deutschen Automobilherstellers Volkswagen am 6. September 2023 auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in München. Foto: Tobias Schwarz/afp via Getty Images

So nutzen Fahrgäste den Shuttle-Bus zukünftig

Insgesamt bis zu 20 autonome Fahrzeuge beider Betreiber sollen im Projektzeitraum unterwegs und über die Apps hvv switch und MOIA digital buchbar sein.

Mitfahren darf potenziell jede Person, die sich für den Testbetrieb bewirbt. Voraussichtlich im Frühjahr 2025 werden im Internet weitere Informationen zu den Bewerbungsmodalitäten auf der Website der Hamburg Hochbahn AG veröffentlicht. Da es sich um ein Forschungsprojekt handelt, soll das Angebot für die Testkundengruppe kostenfrei angeboten werden. Im Gegenzug nehmen die Nutzer an Befragungen teil.

Die MOIA-App wird kostenfrei über den Google Play Store oder Apple App Store verfügbar sein. Kunden müssen sich über ihre E-Mail-Adresse verifizieren und ihren Namen sowie Telefonnummer eintragen. Nach Eingabe von Start- und Zieladresse wird dem Kunden sodann mitgeteilt, wann ein Fahrzeug verfügbar ist.

Auch eine Vorbestellung bis mindestens eine Stunde vor geplantem Fahrtantritt soll möglich sein. Zudem können laut der Hansestadt Hamburg besondere Wünsche angegeben werden, wie die Mitnahme weiterer Personen oder eines Kindersitzes.

Auf der Karte können nicht nur die Ankunftszeit, sondern auch die voraussichtlichen Fahrtkosten (nach der Testphase) entnommen werden. Wenn auf der Fahrt weitere Personen in dieselbe Richtung möchten, wird der Fahrtpreis entsprechend angepasst, heißt es weiter. Gezahlt werden kann per Kreditkarte, Apple Pay, Google Pay oder PayPal.

300.000 potenzielle Fahrgäste

Ziel des auf drei Jahre angelegten und insgesamt mit 26 Millionen Euro durch das Bundesverkehrsministerium geförderten Projekts ist es, autonome Mobilität erlebbar zu machen. Das geplante Testgebiet, in dem die autonomen Shuttles unterwegs sind, erstreckt sich auf rund 37 km² vom Stadtpark bis zur Elbe und vom Schlump bis Wandsbek. Mehr als 300.000 Menschen leben in dieser Region.

Grafik des Betriebsgebiets, Foto: Hamburger Hochbahn AG

Aus Sicht des Hamburger Verkehrssenators Dr. Anjes Tjarks ist dieses Angebot „das fehlende Puzzlestück“: „Mit ihm schaffen wir eine ganz neue Säule im ÖPNV und eine attraktive Alternative zum privaten Pkw.“

Wissenschaftlich unterstützt wird das Projekt durch das Karlsruher Institut für Technologie, das am 11. November die erste Phase der Begleitforschung beginnt. Bis Ende 2024 sollen mindestens 1.000 Teilnehmer befragt werden, um ihre Reaktionen auf die autonomen Verkehrsmittel und mögliche Bedürfnisse zu erfahren.

Bundesweit rund 609 Millionen Euro Fördergelder

Neben Hamburg gibt es auch in anderen Bundesländern Projekte für automatisierten Nahverkehr, darunter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen.

Der erste deutsche autonom fahrende Linienbus für bis zu sechs Fahrgäste rollte bereits vor mehr als fünf Jahren, am 7. Oktober 2019, durch Bad Birnbach.

Ein Kleinbus der Marke EZ10 fährt am 7. Oktober 2019 durch Bad Birnbach. Foto: Christof Stache/afp via Getty Images

Laut der Bundesregierung wurden bislang rund 609 Millionen Euro an Fördergeldern in die Planung, die Projektförderung, den Betrieb et cetera gesteckt. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU (Drucksache 20/12235) hervor.

Im Zuge einer geplanten Novellierung des Förderprogramms „Neue Fahrzeug- und Systemtechnologien“ sei vorgesehen, das autonome Fahren nach wie vor als „Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige, inklusive Mobilität zu fördern“.

Hier sieht die Regierung große Potenziale – sowohl hinsichtlich der Verkehrssicherheit und -effizienz, nachhaltiger Nutzung von Ressourcen und innovativer Mobilitätskonzepte. Zudem könnten durch das autonome Fahren wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Herausforderungen gleichermaßen angegangen werden. Abläufe in der Logistik könnten effizienter und nachhaltiger gestaltet werden. Außerdem könne man so auf den Fahrermangel einwirken.

 



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