Ex-Intendantin Patricia Schlesinger soll über neun Millionen Schadenersatz zahlen

Der Verwaltungsrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg verlangt mehr als neun Millionen Euro Schadenersatz von seiner früheren Intendantin Patricia Schlesinger. Sie war im August 2022 nach Vorwürfen der Untreue und Vetternwirtschaft fristlos entlassen worden.
Patricia Schlesinger ist als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) zurückgetreten.
Im Sommer 2024 trat Patricia Schlesinger sowohl vom Vorsitz der ARD als auch von ihrem Posten als Senderchefin des rbb zurück.Foto: Paul Zinken/dpa
Von 14. Dezember 2024

Bisher hatte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) „nur“ rund 270.000 Euro von seiner früheren Intendantin Patricia Schlesinger zurückgefordert – nun soll die im Sommer 2022 in Ungnade gefallene Journalistin persönlich sogar für mehr als neun Millionen Euro haften.

Der rbb-Verwaltungsrat soll sich nach Angaben der „Bild“ auf die Vervielfachung seiner bisherigen Forderung vom Herbst 2023 geeinigt haben. Dagmar Tille, die stellvertretende Ratsvorsitzende, soll entsprechenden Pläne für eine Klageausweitung am Abend des 12. Dezember 2024 während der Sitzung des rbb-Rundfunkrats präsentiert haben.

Pläne für den Traum vom „Digitalen Medienhaus“ verschlangen sieben Millionen

Während sich die bisherige Summe auf sogenannte „variable Vergütungen“ bezogen habe, solle Schlesinger demnach auch für jene Kosten geradestehen, die dem Sender durch die Planungen für ein „Digitales Medienhaus“ entstanden seien. Dieser Traum der Ex-Intendantin war nach ihrem fristlosen Rauswurf Mitte August 2022 begraben worden.

Allein für das geplatzte Medienhaus-Projekt verlangt der Verwaltungsrat nach Angaben der „Bild“ sieben Millionen Euro.

Weitere rund zwei Millionen Schadenersatz soll Schlesinger laut „Bild“ für die Verdienstaufschläge jener Mitarbeiter zahlen, die unter ihrer Leitung in einem außertariflichen Beschäftigungsverhältnis standen. Diese hätten in ähnlicher Weise von „variablen Vergütungen“ profitiert wie die Intendantin selbst. Die Zusatzvergütungen seien 2018 unter der Ägide der Ex-Intendantin etabliert worden.

Nach Informationen des „Spiegel“ wollte die Gremiengeschäftsstelle des rbb den „Bild“-Artikel nicht kommentieren. Das gelte für alle „in den Rundfunkratssitzungen getätigten Äußerungen“.

Hagen Brandstäter, der im August 2022 nach Schlesingers Entlassung als Interimsintendant eingesprungen war, hatte seinerzeit zumindest einige Bonuszahlen offengelegt und angekündigt, „leistungsorientierte“ Zusatzzahlungen für Führungskräfte wieder abschaffen zu wollen.

Skandal erschütterte Medienlandschaft im Sommer 2022

Die gebürtige Hannoveranerin Patricia Schlesinger, Jahrgang 1961, war laut rbb von der Reporterin und Korrespondentin in Diensten des ARD-Verbunds am 1. Juli 2016 zur Intendantin des rbb aufgestiegen. Im Sommer 2022 wurde bekannt, dass sie auf Kosten ihres Senders unter anderem einen luxuriösen Lebens-, Arbeits- und Reisestil gepflegt und Vetternwirtschaft zugunsten ihres Ehemannes betrieben haben soll.

Zum Zeitpunkt der Nachricht hatte sie ein gutes halbes Jahr lang auch der gesamten ARD vorgestanden. Schlesinger trat infolge des Skandals Anfang August 2022 zunächst vom ARD-Vorsitz, drei Tage später von ihrem Posten als rbb-Senderchefin zurück.

Kurz darauf berichtete der „Tagesspiegel“ von laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Schlesinger, ihren Mann und den damaligen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Nach Informationen der „Bild“ steht unter dem Aktenzeichen 131 JS 1/22 bis heute der Verdacht der Untreue und der Vorteilsannahme im Raum. Schlesinger und ihre Rechtsanwälte bestreiten allerdings sämtliche Vorwürfe.

Am 15. August 2022 beschloss der Rundfunkrat dennoch die sofortige Abberufung der mutmaßlichen Delinquentin und behielt sich das Recht auf Schadenersatz vor. Die fristlose Kündigung erfolgte eine Woche später.

Seitdem streiten der rbb und Schlesinger um Pensionsansprüche und Schadenersatz. Die Forderungen des Senders entspringen einer Widerklage, die als Replik auf Schlesingers Beharren auf Ruhegeldzahlungen gemäß ihres Arbeitsvertrages gegeben worden war. Nach Informationen des „Spiegel“ soll es Anfang 2025 zum Prozess kommen.

Schlesinger-Rechtsbeistand Ralf Höcker erklärte im April 2023, dass seine Mandantin inzwischen Arbeit an den Hamburger und Berliner Standorten eines „international tätigen Unternehmens“ gefunden habe.

Nachfolgerinnen: erst Vernau, dann Demmer

Nachdem Hagen Brandstäter sein Amt als geschäftsführender Intendant des rbb nach rund vier Wochen an die WDR-Verwaltungsdirektorin Dr. Katrin Vernau übergeben hatte, stand am 19. Juni 2023 die reguläre Wahl einer neuen Senderleitung an. Ein knappes Jahr nach dem Schlesinger-Eklat wurde die frühere Journalistin und stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer für die Dauer von fünf Jahren zur Chefin der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gewählt.

Der Fall Schlesinger hatte auf den Fluren der ARD, in der Politik und auch beim zahlenden Publikum für viel schlechte Laune gesorgt und schließlich den Ruf nach umfangreichen Reformen des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland laut werden lassen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion