Fällt der „Rasende Roland“ EU-Digitalisierungsregeln zum Opfer?
Schmalspurbahnen wie der „Rasende Roland“ auf Rügen oder „Molli“ an der Ostseeküste fürchten aufgrund von technischen Fahrgastrechte-Standards im Eisenbahnwesen um ihren historischen Charme.
Wer wolle schon „digitale Anzeigen in und an historischen Fahrzeugen“ und „permanente, gegebenenfalls noch mit Melodie eingeleitete Beschallung zu diversen Themen während der Fahrt erleben?“, heißt es in einer Stellungnahme der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli, die Geschäftsführer Michael Mißlitz am Montag bei einer Anhörung des Verkehrsausschusses im Bundestag vorlegen will.
Konkret geht es um die Frage, wie eine EU-Verordnung zu Fahrgastrechten in Deutschland umgesetzt wird und wer am Ende die Einhaltung der Standards kontrolliert. In der Verordnung geht es vor allem um einheitliche Fahrgastrechte in ganz Europa.
Sie macht unter anderem Vorgaben zur Barrierefreiheit ebenso wie zu digitalen Erstattungsmöglichkeiten bei Verspätungen. Sie regelt auch die technische Fahrgastinformation in Zügen, also digitale Anzeigen oder Lautsprecherdurchsagen.
In Deutschland ist in der Regel das Eisenbahn-Bundesamt dafür zuständig, dass solche Vorgaben durchgesetzt werden. Die Schmalspurbahnen fordern, dass in ihrem Fall die Länder verantwortlich sind. Sie fürchten, dass das Bundesamt die EU-Verordnung so auslegt, dass sie auch für die Dampflokbahnen gilt.
Sorge um die historische Authentizität
Sie müssten dann nachrüsten – bei digitalen Anzeigen in den Waggons und vorne an den Loks sowie bei barrierefreien Zugängen. Das wäre für die meisten Unternehmen aus Sicht von Mißlitz nicht nur zu teuer, sondern er fürchtet auch um die historische Authentizität der Züge.
„Unsere Fahrzeuge sind oft mehr als 100 Jahre alt“, sagte er der dpa. „Sie haben verschiedene Breiten, unterschiedliche Einstiegshöhen. Wir können die Barrierefreiheit in dem Ausmaß gar nicht garantieren.“
Dabei sieht die EU-Verordnung Ausnahmen vor für „Schienenverkehrsdienste, die ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken angeboten werden“. Dort ordnen sich die Schmalspurbahnen ein. Das Eisenbahn-Bundesamt könnte dort aber kritischer sein, befürchten sie.
Der Bundesrat hat in einem Empfehlungsentwurf an die Bundesregierung bereits deutlich gemacht, dass er die Sache ähnlich sieht. „Die Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder verfügen in diesem Bereich über große Erfahrung und sind besser in der Lage, die Anwendung der EU-Verordnung unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes und der gebotenen Sicherheit des Eisenbahnbetriebes zu gestalten“, heißt es dort.
Aus den Regierungsfraktionen sei bereits verlautet, dass die Belange der Schmalspurbahnen berücksichtigt werden sollen, sagte Mißlitz. (dpa/red)
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