Eine Million Mal mehr CO₂ als die „ärmsten 99 Prozent“
Wind und Regen machen nicht an Staatsgrenzen halt, auch die Sonne kümmert sich nicht um willkürliche Linien auf der Landkarte. Entsprechend ist das Wetter – und das Klima – nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt. Auch sind nicht alle Menschen gleich davon betroffen.
Oxfam International beschreibt in dem am 20. November veröffentlichten Bericht „Climate Equality: A Planet for the 99%“ (Klimagerechtigkeit: Ein Planet für die 99 Prozent), dass auch nicht alle Menschen gleichermaßen zur vermeintlichen Klimakrise beitragen. Demnach verursachen die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung genauso viel CO₂ wie die ärmsten zwei Drittel. Entsprechend müssten Erstere auch mehr CO₂ einsparen, so die Nichtregierungsorganisation, und zwar viel mehr.
Ob und in welchem Ausmaß Kohlenstoffdioxid das Klima beeinflusst, ist jenseits der Politik umstritten und nach wie vor Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung. Wie stark der Einfluss oder wie sinnvoll eine Reduktion des vermeintlichen Klimagases ist, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden.
Klimapolitischen Sprengstoff enthält die Aussage dennoch, da sowohl EU-Politiker als auch US-Senatoren und weitere Entscheidungsträger aufgrund ihres Einkommens alle zu dem reichsten einen Prozent gehören. Die CO₂-Emissionen jedes Einzelnen dieser Gruppe liegen durchschnittlich 22-mal über dem für das 1,5-Grad-Ziel erlaubten Niveau.
Mit anderen Worten: Milliardäre und Millionäre einschließlich Politiker müssten für das Erreichen der von ihnen beschlossenen Klimaziele ihre eigenen Emissionen um über 95 Prozent reduzieren. Im Durchschnitt.
77 Millionen Superreiche vs. 5,1 Milliarden Menschen
„Je reicher man ist, desto einfacher ist es, sowohl die persönlichen als auch die investitionsbedingten Emissionen zu reduzieren“, sagt Max Lawson, Mitautor des Berichtes, gegenüber der AFP-Nachrichtenagentur. „Man braucht kein drittes Auto, keinen vierten Urlaub oder muss nicht in die Zementindustrie investieren.“
Zu den wichtigsten Ergebnissen dieser Studie gehört, dass die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung – im Jahr 2019 etwa 77 Millionen Menschen – im selben Jahr für 16 Prozent der weltweiten Emissionen im Zusammenhang mit ihrem Konsum verantwortlich waren. Das ist derselbe Anteil wie die untersten 67 Prozent der Weltbevölkerung nach Einkommen, oder 5,11 Milliarden Menschen.
Die reichsten zehn Prozent emittieren zusammen so viel, wie die anderen 90 Prozent. Dies gilt übrigens auch innerhalb der EU.
Jenseits des reichsten ein Prozent setzt sich das Ungleichgewicht weiter fort. Während die reichsten zehn Prozent für 50 Prozent der Emissionen verantwortlich sind (Faktor 5), sind die reichsten ein Prozent bereits für 16 Prozent verantwortlich. Das entspricht Faktor 16.
In der öffentlich zugänglichen Langfassung des Oxfam-Berichts und den methodischen Hinweisen sind indes auch die reichsten 0,1 beziehungsweise 0,01 Prozent aufgeführt. Für sie berechnen sich Emissionsfaktoren von 45 beziehungsweise 70.
Ein Drittel der Kohlendioxidemissionen der reichsten ein Prozent sind heute wiederum mit dem Konsum der Menschen in den USA verbunden. Gefolgt von Superreichen aus China und den Golfstaaten, einschließlich Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Katar, Oman und Bahrain.
Milliardäre eine Million mal „dreckiger“ als Durchschnittsbürger
Im Rahmen ihrer Auswertung arbeitete Oxfam nach eigenen Angaben eng mit dem Stockholm Environment Institute (Umweltinstitut Stockholm, SEI) zusammen. Dessen frühere Auswertungen ergaben, dass eine Person der „ärmsten 99 Prozent“ im Durchschnitt 4,1 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr ausstößt. Unabhängig davon analysierten die US-amerikanischen Anthropologen Richard Wilk und Beatriz Barros im Jahr 2021 die Emissionen von mehr als 20 Milliardären weltweit. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass diese im Durchschnitt 8.194 Tonnen CO₂-Äquivalent pro Jahr verursachen. Das entspricht etwa 5.959 Tonnen CO₂.
Daraus ergibt sich, dass eine Durchschnittsperson – jemand aus den „ärmsten 99 Prozent“ – fast anderthalb Jahrtausende benötigt, um so viel Kohlenstoff zu emittieren wie Milliardäre in einem Jahr. Konkret sind es 1.453 Jahre. Im Vergleich zu der ärmeren Hälfte der Bevölkerung steigt diese Zahl auf über 8.014 Jahre. Heute vor 8.000 Jahren lebten in Europa noch Jäger und Sammler.
Während sich Oxfam in der jüngsten Veröffentlichung nur auf den mit dem individuellen Verbrauch verbundenen Kohlenstoff konzentrierte, „wird der persönliche Verbrauch der Superreichen durch die Emissionen, die aus ihren Investitionen in Unternehmen resultieren, in den Schatten gestellt“, so der Bericht.
Bezieht man diese Investitionen in den Vergleich mit ein, kommen Milliardäre auf jährliche Emissionen von über 3,1 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent. Zum Vergleich für das Erreichen der Klimaziele denkt mancher Klimaforscher laut über ein jährliches Emissionsbudget von drei Tonnen nach.
Manche Menschen sind gleicher als andere
Wie Oxfam weiter aufführt, ist jedoch auch „eine Million Mal mehr Emissionen“ mitunter eine Untertreibung. So zeigen sich in ihrer Analyse der Emissionen von 125 Milliardären weitere Unterschiede:
Larry Ellison, weithin bekannt als der Gründer des Softwarekonzerns Oracle ist demnach für 135.000 Tonnen CO₂-Äquivalent verantwortlich. Ellison besaß und besitzt mehrere Superyachten von 58 bis 138 Meter Länge. Laut dem britischen „Guardian“ verursache eine einzelne Yacht bis zu 7.000 Tonnen CO₂. Dies gelte nur, wenn die Yacht lediglich in Bereitschaft gehalten wird. Fährt sie über die sieben Weltmeere, steigen die Emissionen entsprechend.
Carlos Slim, ein weit weniger bekannter mexikanischer Unternehmer der Telekommunikationsbranche, besitzt ein ähnliches Vermögen. Er emittiert aber mit fast sieben Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent nicht nur über 51-mal mehr als Ellison, sondern auch 1,7 Millionen Mal mehr als ein Durchschnittsbürger der „unteren 99 Prozent“. Das ist zudem fast 2,5 Millionen mehr als das von Oxfam berechnete, mit den Klimazielen kompatible CO₂-Budget von 2,8 Tonnen pro Person pro Jahr. Um dieses zu erreichen, müsste Slim 99,99996 Prozent seiner Emissionen einsparen. – Ellison müsste „nur“ 99,998 Prozent einsparen.
Auch in Deutschland zuerst an die eigene Nase fassen
Auch die Analysen innerhalb der einzelnen Länder ergaben ein sehr deutliches Bild. In Frankreich zum Beispiel stoße das reichste eine Prozent in einem Jahr so viel Kohlenstoff aus wie die ärmsten 50 Prozent in 10 Jahren.
Lässt man den Kohlenstoffausstoß seiner Investitionen außer Acht, hat Bernard Arnault, der milliardenschwere Gründer von Louis Vuitton und reichste Mann Frankreichs, einen 1.270 Mal größeren Fußabdruck als der Durchschnittsfranzose. Das entspricht etwa den oben genannten 1.453 Jahren, die ein Durchschnittsmensch benötigt, um die Emissionen des reichsten einen Prozent zu erreichen.
Wer dabei zu dem einen Prozent gehört, wurde von Land zu Land anhand der Kaufkraft angepasst. Die Einkommensschwelle für die Zugehörigkeit zu den Superreichen liegt in die USA beispielsweise bei umgerechnet knapp 128.000 Euro. Menschen in Kenia gehören bereits ab etwa 37.000 Euro Jahreseinkommen dazu.
Mit mehr als 15.000 Euro Abgeordneten- und Aufwandsentschädigung monatlich ist davon auszugehen, dass jeder Bundestagsabgeordnete ebenfalls in diese elitäre Gruppe fällt.
Da Funktionäre des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitunter weit mehr erhalten, müssten auch sie sich zuerst an die eigene Nase fassen, bevor sie von anderen Einschränkungen verlangen.
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