Die Schattenseite des Selbstbestimmungsgesetzes – was Eltern jetzt wissen sollten (Teil 2)
Wenn sich Kinder oder Jugendliche im eigenen Körper nicht wohlfühlen, kann dies verschiedene Ursachen haben, erklärte Psychotherapeut Prof. Dr. Kai-Uwe Herthneck im ersten Teil unseres Interviews, in dem wir die Auswirkungen der Selbstbestimmung auf die kindliche Psyche beleuchteten. Im zweiten Teil geht er der Frage nach, wie man einen geeigneten Therapeuten findet und welche weiteren Möglichkeiten es gibt, um dem Kind zu helfen.
Wann sollten Eltern einen Therapeuten hinzuziehen und wie finden sie einen geeigneten?
Ein Therapeut ist nicht per se unbedingt vertrauenswürdig. Während der letzten drei Jahre hat sich leider gezeigt, dass die meisten Psychologen und Psychotherapeuten überwiegend dem verordneten Staatsnarrativ folgen, ohne jede Fähigkeit zum kritischen, auch selbstkritischen Hinterfragen desselben. Zudem herrscht seit mindestens 2020 eine enorm gesteigerte Angst bei den meisten Menschen, nicht dazuzugehören oder gar irgendwie ausgeschlossen zu werden – das findet man auch im Berufsfeld Psychotherapie. Die Therapeuten folgen daher überwiegend einer realen oder vermuteten Mehrheitsmeinung – wie es übrigens weithin inzwischen auch an den Universitäten der Fall ist.
Tatsächlich ist es so, dass Menschen mit einer vom Narrativ abweichenden Meinung überall ausgegrenzt und abgewertet werden. Hinzu kommt, dass manche Politiker, die etwa selbst über keine geglückte Geschlechtsidentität verfügen, Psychotherapeuten vorgeben wollen, was sie zu sagen und zu tun haben, besonders bei Geschlechterfragen. Die Angst ist also bei den meisten Kollegen groß.
Man muss außerdem bedenken, dass bei Konsultation eines speziellen „Transgender-Psychotherapeuten“ vermutlich die Indoktrinationsleistung noch fatal verstärkt werden könnte. Die Aufgabe eines „Transgender-Psychotherapeuten“ sollte es sein, die kindliche Entwicklung frei zu fördern, anstatt es in eine bestimmte Richtung zu bewegen – nämlich in Richtung Geschlechtsumwandlung. Diese Gefahr sehe ich hier allerdings grundsätzlich gegeben.
Eltern, die mit dieser Thematik konfrontiert sind und darunter leiden, sollten zunächst einmal in Erwägung ziehen, ob sie allein mit einem Psychotherapeuten – idealerweise mit Ermächtigung für Erwachsene und für Kinder- und Jugendliche – sprechen möchten. Dabei sollten Sie genau hinhören, um herauszufinden, ob sie ein in sich selbst gefestigtes Gegenüber mit einer fundierten Eigenmeinung vor sich haben oder jemanden, der einfach nur das Narrativ bedient. Möglicherweise muss man mehrere Psychotherapeuten aufsuchen, um den richtigen zu finden – für sich selbst und gegebenenfalls auch für das Kind.
Ich würde einen Psychotherapeuten dann hinzuziehen, wenn mein eigener Leidensdruck oder/und der des Kindes deutliche Konturen anzunehmen beginnt, oder wenn ich den Eindruck hätte, dass ich mit einer bestimmten Thematik oder Problematik überfordert bin.
Als Faustregel gilt hier: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Das bedeutet, nicht zu lange zu warten, sondern – schon allein aufgrund der Wartezeiten – sich rechtzeitig um eine psychotherapeutische Anbindung zu kümmern.
Sollte sich das kindliche Wollen und Meinen dann im weiteren Verlauf als vorübergehendes Phantasma herausstellen – wie es sehr oft während der kindlichen Entwicklung der Fall ist und weshalb man auch nur mit Bedacht darauf reagieren sollte – umso besser!
Sie haben davon gesprochen, dass Eltern zunächst allein das Gespräch mit dem Therapeuten suchen. Wann wäre der Zeitpunkt gekommen, das Kind mitzunehmen?
Das würde ich erst nach mehreren Vorgesprächen tun und auch nur dann, wenn ich den Eindruck hätte, dass ich ihm mein Kind wirklich anvertrauen kann.
Wir müssen bedenken, dass sich ein Kind potenziell immer als krank wahrnimmt, wenn man mit ihm zum Arzt geht. Ein Kind ist noch nicht in der Lage, Fragen von solcher Tragweite wie einer Geschlechtsumwandlung zu entscheiden. Wie ich unsere gesamtgesellschaftliche Entwicklung einschätze, könnte die notwendige Reife erst im Alter ab 20 oder eher Richtung 30 eintreten – wenn überhaupt. Die Geschlechtsentwicklung sollte mit Mitte 20 jedenfalls abgeschlossen sein.
Wenn ich nach Abwägung der Grundfrage „Richtet eine Intervention mehr Schaden an, als sie hilfreich und notwendig wäre?“ zu dem Schluss gelange, dass eine echte Hilfe von außen besser wäre, als nur eine innere Entwicklung abzuwarten, würde ich einen Therapeuten meines Vertrauens hinzuziehen.
Die Wartelisten bei Psychologen sind sehr lang, wie Sie gerade erwähnt haben. Was können Eltern in der Zwischenzeit tun?
Zunächst besteht die Möglichkeit einer Eltern-Kind-Kur, die eventuell eine Vertiefung der Eltern-Kind-Beziehung und Klarheit in Geschlechtsfragen mit sich bringen könnte. Eine kluge Idee könnte auch sein, in Geschlechtsumwandlungswunschfällen grundsätzlich einen Psychotherapeuten für Systemische Familientherapie anzusteuern. Bei diesem Ansatz wird die Familie als Gesamtsystem betrachtet. Ziel ist es, die Beziehung zueinander zu fördern und eventuelle Schwachstellen aufzudecken.
Es gibt auch Familienberatungsstellen von Stadt und Land, die möglicherweise allerdings erwähnte Staatsnarrative wie etwa die Frühsexualisierungsdirektive der Bundesregierung vertreten. Es gibt auch noch Beratungsstellen der Kirchen oder anderer Träger, die unter Umständen weniger ideologisch verbrannt sind und noch Werten folgen, die weithin längst verloren oder zumindest vergessen sind.
Bei Psychotherapeuten muss man grundsätzlich unterscheiden, ob die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Kosten übernehmen soll oder man selbst dafür aufkommt. GKV-Psychotherapie-Praxen scheinen im Allgemeinen stärker überlaufen zu sein. Es könnte sich daher anbieten, eine staatlich zugelassene Privatpraxis als Selbstzahler aufzusuchen, sofern man nicht ohnehin privat versichert ist.
Hierbei sind dann drei Berufsfelder zu unterscheiden: der psychologische Psychotherapeut, der ärztliche Psychotherapeut und der pädagogische Psychotherapeut. Jeder kommt infrage, soweit ich mich verstanden, aufgehoben und wohl bei ihm fühle. Ideal wäre ein Erwachsenen-Psychotherapeut mit Ergänzungsqualifikation für Kinder und Jugendliche. Gibt es einen solchen nicht in meiner näheren Umgebung, würde ich zunächst nur nach Kinder-und-Jugendlichen-Psychotherapeuten suchen. Falls auch diese fehlen, dann einen für Erwachsenen-Psychotherapie.
Bei weithin mangelnden Psychotherapie-Plätzen oder für mich zu langer Wartezeit würde ich möglicherweise auf niedergelassene Psychotherapeuten ausweichen, die Online-Gespräche anbieten.
Ansonsten gibt es auch noch die psychiatrischen Kinder-Abteilungen an Krankenhäusern oder in psychiatrisch-psychotherapeutischen Einrichtungen, die allerdings einer Art Pathologisierung möglicherweise Vorschub leisten könnten. Das bedeutet, sie könnten das Kind in dem Glauben unterstützen, es sei krank oder im falschen Körper.
Letztendlich bleibt die Frage, wie man mit der Frage der Selbstbestimmung umgeht, eine Frage der persönlichen Anschauung. Eltern, die sich in ihrer Rolle als Mutter oder Vater wohlfühlen, werden diese Rolle ihrem Kind auf ganz natürliche Weise vermitteln. Daran wird auch ein Selbstbestimmungsgesetz nichts ändern können. Man sollte allerdings keineswegs annehmen, dass es sich dabei um eine harmlose Meinungssache handelt, sondern um ein möglicherweise sogar lebensgefährliches Konstrukt.
Vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte Susanne Ausic.
Prof. Dr. Herthneck studierte und promovierte unter anderem in Humanmedizin und in Psychologie. Die letzten Jahre arbeitete er auch in leitender Funktion in der ambulanten Psychiatrie am Krankenhaus. Er lehrt zudem seine Fächer seit über einem Jahrzehnt an verschiedenen Universitäten.
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